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Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Ferber
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auf ihr rechtes Bein, aus dem jetzt hellrotes Blut im schnellen Rhythmus ihres Herzschlags pochte.
    James steckte die Waffe weg und eilte zu der Verletzten. »Tut mir leid«, sagte er, »eine Arterie ist getroffen. Das muss schnell abgebunden werden. Legen Sie sich hin.« Ivy nickte wie ein gehorsames Kind, dann wurde sie plötzlich kalkweiß und kippte zur Seite. Der Erste Offizier, der seine Erstarrung inzwischen auch überwunden hatte, fing sie auf und legte sie auf den Boden. Sheila nahm ein paar Kissen und lagerte Ivys Beine hoch.
    »Das arme Mädchen!« Sheila sah James vorwurfsvoll an, der sich eilig die Krawatte vom Hals riss und Ivys Bein damit abband, um die Blutung zu stoppen. »Wieso haben Sie das getan?«
    »Sie ist auf Mr Chandan losgegangen«, sagte James.
    »Wenn Sie schon herumballern müssen, treffen Sie doch wenigstens die Richtigen. Mr Chandan und Richard sind hier die Bösen, nicht das arme Mädchen hier mit ihrer Kurzschlussreaktion.«
    James trat zu Mr Chandan und untersuchte dessen Wunde. Der kleine rote Fleck auf seinem weißen Dhoti nahm sich auf seiner Brust aus wie ein blutiger Orden mit unregelmäßigen Rändern. Er wechselte ins Chinesische. »Sie hat versucht, Sie umzubringen. Denken Sie mal darüber nach.«
    Mr Chandan sah starr an ihm vorbei, er stand unter Schock. »Es war keine Kurzschlussreaktion«, fuhr James auf Englisch fort. »Ivy wollte Sie umbringen, weil sie niemandenmehr für die Drecksarbeit brauchte. Begreifen Sie, Mr Chandan? Ihr Job waren die Morde. Und als wir Sie geschnappt haben und ich Richard angeklagt habe, Ihr Komplize zu sein, taten Sie ihr auch noch den Gefallen, das zu bestätigen. Sie wollten Ivy schützen, und wie dankt sie es Ihnen? Sie versucht, Sie zu töten. Sie vertraut Ihnen nicht. Sie wollte kein Risiko eingehen, von ihrem Komplizen am Ende verraten zu werden.«
    Es wurde still im Raum. Mr Chandan starrte immer noch mit unbewegtem Gesicht vor sich hin, als würde nichts und niemand zu ihm durchdringen. Schließlich sah er zu Ivy, die wieder zu sich gekommen war, und sagte mit melodiöser Stimme etwas auf Chinesisch.
    Sheila sah James an. »Was hat er gesagt?«
    »Ich liebe dich«, antwortete James. »Du liebst mich doch auch, oder nicht?«
    Der Erste Offizier stöhnte auf, griff nach seinem Handy und bat den Kapitän um weitere Sanitäter und noch zwei Männer vom Sicherheitsdienst, da sich die Situation verkompliziert habe. Die beiden Wachmänner, die Mr Chandan immer noch festhielten, führten ihn zum Sofa, denn jetzt wurde auch ihm schlecht. Die körperliche Wunde, die Ivy ihm beigebracht hatte, blutete kaum, aber je mehr er sich bewusst wurde, dass Ivy gerade versucht hatte, ihn zu erstechen, desto schwächer wurden seine Beine.
    »Ivy will sich scheiden lassen von Richard«, sagte Mr Chandan, als er sich etwas erholt hatte, »schon lange.«
    »Ihr glaubt ihm doch nicht?«, sagte Ivy vom Boden aus mit zusammengebissenen Zähnen. Richard war neben seine Frau getreten und sah auf sie hinab, die Augen weit aufgerissen wie ein kleiner Junge, der beim Fernsehen versehentlichvon einem Zeichentrick- auf einen Horrorfilm umgeschaltet hat. Ivy streckte die Hand aus und berührte seine Hand. »Das ist doch absurd, Dick, du glaubst dem Schlitzauge doch nicht, oder? Erst beschuldigt er dich, jetzt mich. Er will nur seine eigene Haut retten, das ist alles.«
    »Wenn es keinen Ehevertrag gegeben hätte, dann hätte Ivy ihren Mann schon längst verlassen«, sagte Mr Chandan, von Ivys Worten ernüchtert. Sein Englisch war jetzt akzentfrei. »Wir haben uns vor einem halben Jahr kennengelernt, es war Liebe auf ersten Blick. Ich wollte sie heiraten, aber ich konnte ihr finanziell keine Perspektive bieten, und sie selbst wäre bei einer Scheidung wegen des Ehevertrags leer ausgegangen. Außerdem hatte sie Angst, bei einer Scheidung das Sorgerecht für Jamie zu verlieren. Sie fürchtete, dass Mr Watts’ Anwälte es schaffen würden, ihr das Kind zu nehmen. So hielten wir unsere Liebe geheim. Ich wurde Diener von Mr Watts, damit ich immer in Ivys Nähe sein konnte.« Mr Chandan verzog das Gesicht. »Als an Bord der Mann und die Sekretärin von Mrs Barnes verschwanden, war das wie ein Geschenk für uns. Es war zuerst nur ein Scherz, als Ivy meinte, wie schön es doch wäre, wenn der Killer zufälligerweise als Nächstes Jeremy und Richard über Bord werfen würde.«
    »Richard wäre der Nächste gewesen?«, unterbrach James scharf.
    »Nein«, sagte Mr Chandan. »Es

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