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Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Ferber
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auf dem dunklen Meer.
    Nachdem sich die Gruppe einigermaßen beruhigt hatte und zu zerstreuen begann, eilte James zu der Kabine, in der er Sheila vermutete, und klopfte an. Sheila öffnete schluchzend die Tür und ließ ihn eintreten. Er hatte sie noch nie derart verzweifelt gesehen. Ihr tränenverschmiertes Gesicht war rot gefleckt, ihre Nase lief. Er folgte ihr ins Nebenzimmer und trat an Jamies Bett. Der Kleine schlief friedlich auf dem Rücken, das pausbäckige Gesicht entspannt, die Ärmchen nach oben gestreckt wie ein erschossener Westernheld.
    James reichte Sheila ein Taschentuch, mit dem sie eine Weile beschäftigt war, dann noch eines und schließlich die ganze Packung. Mit der verschwand sie im Bad, und durch die Tür hörte er hemmungsloses Schluchzen. Er hob die Hand, um anzuklopfen, hielt jedoch inne und ging wieder zum Bettchen des Kleinen.
    Endlich kam Sheila aus dem Badezimmer und trat leise schniefend neben ihn.
    »Er tut mir so leid, James. Was wird jetzt aus ihm? Er verliert seine Mutter.«
    »Sie ist ja nicht aus der Welt. Nur im Gefängnis.« James hätte gern etwas gesagt, das weniger lahm geklungen hätte.
    »Sie wissen genau, was ich meine«, sagte Sheila, während sie sich die Nase putzte. »Bis sie rauskommt, ist er längst erwachsen.«
    »Vielleicht wird sie nur wegen versuchten Totschlags verurteilt. Im Zweifel für den Angeklagten, nicht wahr. Vielleicht ist der einzige Mensch, der sie verurteilen wird, ihr kleiner Sohn, und die einzige Strafe, die sie bekommen wird, seine Verachtung.«
    »Das wäre für beide doch fast noch schlimmer, oder? Stellen Sie sich vor, Jamie wächst in dem Bewusstsein auf, dass seine Mutter ein Monster und er ihr einziger Richter ist. Das ist doch noch schlimmer, als wenn sie tot wäre.«
    »Da bin ich nicht sicher«, sagte er.
    »Welchen Vorteil hätte denn eine Mutter, die im Gefängnis sitzt? Oder eine, die ein Monster ist und nur deswegen frei herumläuft, weil man ihr nichts beweisen kann?«
    Er zog den Hai aus seiner Jacketttasche und legte ihn neben Jamie ins Bettchen.
    »Man kann sie besuchen. Fragen stellen. Anklagen. Weggehen, wenn man will. Sich lossagen, verdammen und nichts mehr wissen wollen oder verzeihen. In jedem Fall wird Jamie die Entscheidung selbst treffen können. Wenn Ivy tot wäre, könnte er das nicht. Und vergessen Sie nicht, er hat noch seinen Vater.«
    »Dieser Kindskopf ist doch selbst noch nicht richtig erwachsen!«
    »Entwicklungspotenzial nennt man das«, sagte James.»Man wächst mit dem Feind, nicht wahr. Und Sie haben recht. Ivy mag ein Monster sein, aber zum Glück gibt es da einen hellen Fleck auf ihrer dunklen Seele, und das ist Jamie.« Er streckte unwillkürlich die Hand aus, um Jamie übers Haar zu streicheln, überlegte es sich aber anders und zog nur vorsichtig die Bettdecke bis an sein Kinn. »Sie liebt Jamie. Ich bin überzeugt, das ist der einzige Grund, warum Richard noch lebt. Es wäre viel einfacher für sie gewesen, ihn von Mr Chandan umbringen zu lassen. Jeremy hätte nach Richards Tod finanziell gut für sie und den Kleinen gesorgt, und Jamie hätte in absehbarer Zeit alles geerbt. Aber sie hat es nicht fertiggebracht, ihrem Kind den Vater zu nehmen.«

Kapitel 28
    »Wissen Sie, Pfarrer Sutcliffe, dass Sie nicht ganz unschuldig daran sind, dass ich Mr Watts und Mrs Barnes auf den Leim gegangen bin?«, fragte James. Sie hatten sich wieder in aller Frühe in der Observation Lounge zum ersten Kaffee des Tages getroffen, und der Geistliche hatte mit großem Interesse zugehört, was James ihm von den Ereignissen des vergangenen Tages berichtete.
    Joseph Sutcliffe lehnte sich in seinem Sessel nach vorn. »Ach, wie denn das, wenn ich fragen darf?«
    »Sie hatten mir von dem Passagier erzählt, der bei der letzten Fahrt über Bord geworfen worden war.«
    Joseph Sutcliffe machte eine abwehrende Handbewegung und lachte. »Sie denken jetzt aber hoffentlich nicht, auch ich sei nur ein Schauspieler aus der Truppe von Mr Watts, oder?«
    James lachte auf. »Nein, obwohl, so abwegig ist der Gedanke gar nicht. Mr Watts wäre auch das durchaus zuzutrauen gewesen.«
    »Sie haben keine gute Meinung von Mr Watts.«
    »Wundert Sie das?«, fragte James.
    Joseph Sutcliffe rührte nachdenklich in seiner Kaffeetasse. »Immerhin sollte man ihm zugute halten, dass er zu keinem Zeitpunkt riskieren wollte, dass das ganze Schiff in Panik gerät. Die einzigen Menschen, die an diesen irrenKiller glauben sollten, waren Sie und Ihre Bekannte

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