Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)
stark mit seiner echten übereinstimmten. So viel wie nötig, so wenig wie möglich ändern, nicht wahr. Je mehr man ändert, desto größer die Wahrscheinlichkeit, Fehler zu machen. Aber bei Eden haben die beiden übertrieben, wahrscheinlich sogar absichtlich. Ich fand das von Anfang an verdächtig. Er passte einfach nicht als Ehemann von Phyllis, da stimmte einfach nichts. Weder das Alter noch die Persönlichkeit, und gemeinsame Interessen schienen sie auch nicht zu haben. Warum sollte Phyllis nach ihrer letzten Ehe, in der sie sehr unter der Golfleidenschaft ihres Mannes gelitten hatte, denselben Fehler noch mal machen und einen Mann heiraten, der mehr Zeit auf dem Golfplatz verbringt als mit ihr?«
»Kann er denn so gut Golf spielen?«, frage Pfarrer Sutcliffe.
»Ja, Eden ist ein ausgezeichneter Golfer«, sagte James.»Das habe ich gemerkt, als wir eine Runde zusammen spielten. Zwar hat er Jeremy gewinnen lassen, verbergen konnte er seine Erfahrung jedoch nicht. Außerdem hat Jeremy ihn sehr von oben herab behandelt, fast so geringschätzig wie Mr Chandan. Ich hielt das zunächst für Jeremys typisches übertriebenes Dominanzgehabe, zumal es sich bei Eden auch noch um den neuen Mann seiner Exfrau handelte. Eden hat sich kaum dagegen gewehrt. Ich dachte damals, aus Höflichkeit dem Gastgeber gegenüber. Doch wie wir jetzt alle wissen, war Jeremy ja weniger Edens Gastgeber als vielmehr sein Boss, oder sagen wir lieber sein Regisseur, nicht wahr.«
»Unglaublich«, bemerkte Sutcliffe.
»Und wissen Sie, was mich daran so ärgert?«, fuhr James fort. »Das war genau das, was Jeremy und Phyllis wollten. Ich sollte misstrauisch werden wegen Eden. Das gehörte mit zu ihrem ausgeklügelten Plan: der falsche Name, der Verdacht, Eden sei ein Heiratsschwindler, und dann die Vermutung, er und Miss Kappel hätten sich gemeinsam aus dem Staub gemacht, das gehörte alles dazu.«
Pfarrer Sutcliffe rieb die Hände. »Und Sie, Mr Gerald, haben sich vorhersehbar verhalten wie ein Pawlow’scher Hund, während sich die beiden Alten ins Fäustchen gelacht haben.«
»Selbst der Einbruch in meine Kabine war nur Täuschung«, fuhr James fort. Seine Stimme wurde sehr leise und sehr akzentuiert, wie immer, wenn er wütend war. »Jeremy ist, wie ich inzwischen weiß, höchstpersönlich in meine Privatsphäre eingedrungen, hat meine Kabine verwanzt und später auch für das Chaos darin gesorgt. Und bestimmt haben sich Phyllis und Jeremy beim Mithören meiner Gespräche köstlich amüsiert.«
»Die Wanze muss gut versteckt gewesen sein«, bemerkte Sutcliffe.
James zog eine Augenbraue hoch. »Natürlich hätte ich Wanzen gefunden, wenn ich danach gesucht hätte. Aber ich bitte Sie, ich bin seit fünf Jahren in Rente. Die Schiffsreise war eine Geburtstagseinladung, eine rein private Angelegenheit. Wie hätte ich ahnen können, dass die überkandidelte Mutter der Frau, der zuliebe ich überhaupt an Bord gekommen bin, mir die Rolle des unfreiwilligen Clowns zugedacht hatte?«
»Nicht besonders nett«, sagte Joseph Sutcliffe. »Aber Mrs Barnes und Mr Watts haben ihre spaßige Idee beinahe mit ihrem Leben bezahlt.«
»Nicht wahr«, nickte James. »Jeremy Watts wird lange brauchen, bis er sich erholt hat. Die körperlichen Folgen sind nicht das Schlimmste, sondern die Demütigung. Und für Phyllis wird der neunzigste Geburtstag auch nicht ganz so lustig, wie sie es sich vorgestellt hat. Dr. Walther hat strenge Bettruhe verordnet. Aber immerhin erlaubt er ihr, am Nachmittag Gratulanten zu empfangen.« James machte eine kleine Pause. »Sheila weigert sich allerdings, sie heute zu besuchen«, setzte er dann hinzu, und die Befriedigung in seiner Stimme war deutlich zu hören.
»Oh.« Sutcliffe stellte seine Tasse ab und sah James eindringlich an, wobei er das Kunststück fertigbrachte, seine Stirn in sowohl horizontale als auch vertikale Falten zu legen. »Können Sie ihr nicht gut zureden?«
»Warum sollte ich.«
»Sie ist ihre Mutter.«
James sah aufs Meer.
»Stellen Sie sich vor, Mrs Barnes stirbt plötzlich«, sagteSutcliffe in beschwörendem Tonfall. »Sie ist immerhin schon neunzig.«
James antwortete nicht.
»Wenn sie tot ist, gibt es keine Möglichkeit mehr zur Versöhnung«, erklärte Joseph Sutcliffe, als hätte James nicht verstanden, worauf er hinauswollte. »Reden Sie mit Ihrer Bekannten, Mr Gerald! Reden Sie ihr gut zu!«
James sah ihn an. »Ich werde mich da raushalten«, sagte er bestimmt, »und glauben Sie mir, damit
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