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Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Ferber
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war, würde sie ihm nicht aufmachen. Aber spätestens im Laufe des Dinners würde ihr Groll auf ihn von selbst vergehen. Seiner Erfahrung mit Frauen nach war eine Missstimmung wie diese nur so etwas wie eine kleine Hautabschürfung, die man am besten ignorierte und die von selbst heilte, wenn man nicht allzu viel daran herumkratzte.
    Der Platz an Phyllis’ Seite blieb leer. Eden Philpotts war auch nicht zum Dinner erschienen. Als James an den Tisch trat, lag eine deutlich spürbare Spannung in der Luft, die von Phyllis und Jeremy ausging. Bevor der erste Gang aufgetragen wurde, klopfte Phyllis mit sehr viel weniger Elan als am ersten Abend an ihr Glas und berichtete in knappen Worten von Edens Verschwinden. Nervös drehte sie mit dem Daumen und Zeigefinger der linken Hand an ihrem Ehering, als könne sie ihren Mann auf diese Weise wiederherbeizaubern. Jeremy versicherte den Anwesenden, dass sich die Angelegenheit am Ende als harmlos erweisen würde und sie sich um Himmels willen nicht den Appetit verderben lassen sollten. Er schlug den bestimmten Tonfall eines Mannes an, der mit Krisensituationen umzugehen versteht. Aber gerade deshalb wurde der Abendgesellschaft bewusst, dass etwas Ernstes vorgefallen sein musste. Die Gespräche am Tisch verkrampften sich, bald tauschte man nur noch belanglose Bemerkungen über das Essen und das Wetter aus. Der einzig Unbefangene war der kleine Jamie, der es sichtlich genoss, einmal im Mittelpunkt zu stehen und Unsinn machen zu können, ohne dafür ausgeschimpft zu werden. Er spielte mit dem Besteck, plauderte munter, krabbelte unter dem Tisch mal zu diesem, mal zu jenem Erwachsenen, band Schnürsenkel auf, wo er welche fand, und war glücklich über die geradezu dankbare Aufmerksamkeit der Erwachsenen.
    Schließlich lief er zu Sheila, die ihn auf ihren Schoß hob. »Müsstest du nicht längst im Bett liegen?«, fragte sie und reichte ihm ihren Dessertlöffel, der in Jamies Händen sofort zum Trommelstab wurde. Sheila schien das vorhergesehen zu haben, denn schnell lenkte sie seinen Arm etwas zur Seite, sodass er nur die Tischkante und nicht den Teller traf.
    Jamie war zu sehr in sein Tun vertieft, um zu antworten, und trommelte mit hochroten Wangen weiter auf den Tisch.
    »Ja, eigentlich müsste er schon schlafen«, antwortete seine Mutter für ihn. Ivy strich sich nervös eine lange blonde Haarsträhne hinter das Ohr. »Zu Hause ist Jamie um diese Zeit schon im Bett, aber hier an Bord ist alles so aufregend und neu für ihn. Als ich gestern Abend vom Dinner zurückkam, war Jamie hellwach und lag weinend in seinem Bettchen.Auf dieses Babyfon ist kein Verlass. Deshalb habe ich Jamie heute mitgenommen. Ich hoffe, das ist okay für Sie?« Ivy blickte sich unsicher am Tisch um, und wie zu erwarten setzte ein höfliches, Zustimmung beteuerndes Gemurmel ein. Luigi Valenti versicherte sogar: »Mia cara, Kinder sind das Wunderbarste auf der Welt, natürlich!«, was James in Anbetracht des Ekels, mit dem er den Pfannkuchen beäugt hatte, den Jamie am ersten Morgen auf seinen schwarzen Lackschuh beförderte hatte, für schamlos gelogen hielt. Gerade Luigi mochte für den kleinen Jamie wenig mehr Zuneigung empfinden als für eine penetrante Stubenfliege. Wahrscheinlich, dachte James, traut er sich als Italiener nur nicht, sich das anmerken zu lassen – ein Opfer des Klischees vom kinderlieben Italiener.
    Nach dem Dinner kam Sheila zu James. »Ich werde mich jetzt besser um meine Mutter kümmern«, erklärte sie ihm mit gesenkter Stimme. »Das Ganze nimmt sie sehr mit. Selbst wenn wir momentan nichts tun können, sollte sie in dieser Verfassung nicht allein sein.«
    Er kannte Sheila gut genug, um zu wissen, dass das ihre Art war, ihn wissen zu lassen, dass sie ihn gern dabeihätte.
    »Wenn es Ihnen recht ist, komme ich mit.«
    »Gut, wenn Sie wollen«, sagte sie schnell. »Vielleicht können wir doch etwas tun. Sechs Augen sehen mehr als vier.«
    »Acht Augen«, verbesserte er sie mit Blick auf Phyllis, die soeben im Rollstuhl von Jeremy aus dem Saal geschoben wurde. »Jeremy wird es sich nicht nehmen lassen, Ihrer Mutter in dieser schweren Stunde seine starke Schulter anzubieten.«
    »Ihre Ironie ist unangemessen«, wies Sheila ihn zurecht.»Es ist doch nett von Jeremy, dass er sich verantwortlich fühlt und sich kümmert.«
    »Natürlich. Ich habe nur den Eindruck, dass er es nicht allzu schlimm findet, wie die Dinge sich entwickelt haben.«
    Die beiden folgten Jeremy und Phyllis zum Pub.

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