Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)
Alternative gibt es verschiedene mögliche Gründe. Was ich mache, ist nichts weiter als der Versuch herauszufinden, ob Eden nicht will oder nicht kann, ob er Opfer oder Täter ist.«
»Wie meinen Sie das, Täter?«, fragte Phyllis aufgeregt. »Was soll er denn getan haben?«
Sheila lachte gekünstelt. »Ach, James will nur der Ordnung halber ausschließen, dass Eden nicht etwa ein – Heiratsschwindler ist, der sich mit deinen Diamanten aus dem Staub gemacht hat, Mutter.«
»Das ist doch lächerlich!« Phyllis’ Stimme wurde schrill. »Glauben Sie etwa, ich würde auf einen Heiratsschwindler hereinfallen?« Dann wendete sie sich an Jeremy. »Sag du ihm, dass das lächerlich ist!«
Jeremy zog die Augenbrauen hoch. Offensichtlich war ihm der Gedanke, dass Eden ein Betrüger sein könnte, auch schon gekommen. »Nun ja, du kennst ihn in der Tat noch nicht besonders lang, oder?«
Phyllis sah vom einen zum anderen, dann schüttelte sie den Kopf. »Ihr habt ja keine Ahnung. Eden ist kein Heiratsschwindler.«
»Wie hast du ihn eigentlich kennengelernt?«, fragte Sheila vorsichtig.
Phyllis starrte schweigend auf ihre Hände.
»Internet«, sagte Jeremy. Phyllis warf ihm einen wütenden Blick zu, und er sah von weiteren Erklärungen ab.
»Du hast ihn übers Internet kennengelernt?«, fragte Sheila verblüfft. »Ich wusste noch nicht einmal, dass du einen PC hast, Mutter!«
»Mein Kind«, sagte Phyllis würdevoll, »wenn ich sage,dass er kein Heiratsschwindler ist, dann kannst du mir das ruhig glauben. Ich habe immer gewusst, wann es einer ernst meint. Eden ist ein wunderbarer Mensch, und wenn ihn etwas absolut und ganz und gar nicht interessiert, dann ist es mein Geld.«
»Gut«, lenkte James ein. »Schließen wir also fürs Erste die Möglichkeit aus, dass er absichtlich verschwunden ist. Gehen wir davon aus, dass er sich nicht melden kann. Das heißt, er hatte einen Unfall, ist plötzlich erkrankt, oder er ist einem Verbrechen zum Opfer gefallen, nicht wahr?«
»Oh mein Gott, Eden könnte über Bord gefallen sein!« Sheila schlug sich die Hände vor den Mund.
»Das ist ausgeschlossen«, wandte Jeremy ein. »Die Reling ist viel zu hoch, sie reicht selbst mir bis weit über die Hüften, und Eden war viel kleiner als ich.«
»Jetzt sprichst du von ihm schon in der Vergangenheit«, regte sich Phyllis auf.
»Aber was, wenn er nicht gefallen ist, sondern hinuntergeworfen wurde?«, fragte Jeremy.
»Warum sollte jemand so etwas tun?«, flüsterte Phyllis entsetzt.
Der Kapitän trat ein, schloss geräuschvoll die Tür hinter sich und gab zuerst Phyllis, dann Sheila, Jeremy und James die Hand. »Schon etwas gehört von unserem Vermissten?«, fragte er in einem Tonfall, der James eine Spur zu forschfröhlich klang.
»Nein«, antwortete Jeremy ernst. »Wir überlegen gerade, ob Mr Philpotts einen Unfall hatte und unbemerkt über Bord gefallen sein könnte. Sagen Sie, könnte man über Bord fallen, wenn man sich zu weit über die Reling lehnt?«
Der Kapitän schüttelte den Kopf. »Nein, das ist ausgeschlossen. Die Reling ist 1,30 Meter hoch, selbst ein Hüne von zwei Metern, der bei starkem Seegang dagegenfällt, würde zurückgehalten. Wer baden gehen will, der müsste schon aktiv drüberklettern.«
»Und wenn er hinuntergeworfen wurde?«, hakte Jeremy nach.
Der Kapitän zuckte die Schultern.
»Hat Eden Feinde?«, fragte James, an Phyllis gewandt. »Gibt es jemanden, der ein Interesse daran hätte, ihn ...?« Er suchte nach einer Formulierung, die Phyllis nicht noch mehr in Aufregung versetzen würde, aber Phyllis hatte schon verstanden, und ihre Augen weiteten sich. »Glauben Sie das, James? Glauben Sie, dass ihm jemand – ein Leid angetan hat?«
»Nein«, beschwichtigte James. »Wir sollten nur alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, nicht wahr. Dazu gehört auch die Überlegung, ob jemand etwas davon hätte, wenn Eden – nicht mehr da wäre.«
»Nein!« Phyllis saß kerzengerade in ihrem Rollstuhl. »Nein, nein, nein! Das können Sie vergessen! Eden hat keine Feinde. Er spricht nie schlecht von anderen, er ist vornehm in seinem Denken und seiner Wesensart. Außerdem sind wir hier unter uns, es sind doch alles liebe Freunde und Verwandte von mir, die mitgekommen sind. Warum sollte jemand etwas gegen ihn haben?« Phyllis blickte rastlos von einem zum anderen, dann blieb ihr Blick an ihrer Tochter hängen. Sie hat recht, dachte James. Sheila ist der einzige Mensch, der etwas dagegen haben könnte, dass
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