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Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Null-Null-Siebzig: Agent an Bord: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Ferber
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erschrockenen Gesichtern zur Seite, während er unablässig »Attenzione!« rief und mehr als einmal nur mit Mühe einen Zusammenprall verhindern konnte. Der Vespafahrer war um den Obelisken herumgefahren und aus dem Sichtfeld verschwunden. James hoffte, ihn im dichten Gewirr der engen Gassen einzuholen. Die Vespa war zwar auf gerader Strecke schneller, aber dafür nicht so wendig wie das Segway. Als James um den Obelisken herumfuhr, schoss vonder anderen Seite ein weiteres Segway heran. Es war Sheila, mit grimmiger Entschlossenheit nach vorn gelehnt wie eine Galionsfigur ohne Schiff. Sie schnitt James den Weg ab und brauste mit wehendem Rock knapp vor ihm in eine Gasse. Häuserfronten, kleine Brunnen, Schaufenster, Cafés und bunte Auslagen rauschten unbeachtet an ihr vorbei, sie hatte nur ihre Handtasche im Blick.
    Der Vespafahrer steuerte hupend und mit hoher Geschwindigkeit geradewegs auf eine große Touristenmenge zu, die sich teilte wie das Meer für Moses und direkt hinter der Vespa wieder zusammenfloss. James wusste sofort, dass sie nun verloren hatten. Die große, träge Masse spritzte zwar vor dem Lärm einer Vespa auseinander, nicht aber vor zwei lautlos heranrollenden Segways, auch wenn Sheila furchteinflößend wie ein Racheengel aussah und er selbst »Attenzione!« rief, so laut er konnte. An ein schnelles Durchkommen war nicht zu denken, nur träge trat ein Mensch nach dem anderen zur Seite, wie in einer Verschwörung gleichgültiger Langsamkeit.
    Auch Sheila war klar geworden, dass eine weitere Verfolgung sinnlos war. Sie stoppte ihren Segway inmitten der Menschenmenge und sah James enttäuscht an. »Das war’s dann wohl.«
    »Was ist in der Tasche?«, fragte James.
    »Meine Brieftasche.«
    »Und was war in der Brieftasche?«
    »Achtzig Euro.«
    »Irgendwelche Kreditkarten?«
    Sheila schüttelte den Kopf. »Nein, die habe ich an Bord im Safe gelassen. Zum Glück.«
    »Sonst irgendetwas? Pass? Führerschein?«
    »Nein, nur das Handy. Aber das ist nicht teuer gewesen und hat eine Prepaid-Karte. Auch die Handtasche war nicht gerade meine beste.«
    »Sie waren vorsichtig«, stellte er anerkennend fest.
    Sheila setzte ihren Helm ab und fuhr sich durch die Haare. »Rom – die ewige Stadt der Diebe. Ganz so naiv, wie Sie denken, bin ich nicht. Ein bisschen hat der SIS auch auf mich abgefärbt, obwohl ich nie aus dem Büro rausgekommen bin.« Sie sah James an, dann grinste sie plötzlich übers ganze Gesicht. »Aber das hat Spaß gemacht, so über den Platz zu rasen, oder? Lassen Sie uns wenigstens noch etwas Kapital aus dem ziehen, was passiert ist. Wir könnten uns die sterbenslangweiligen Ausführungen von Signor Ponti sparen und noch ein bisschen allein mit unseren Segways durch Rom fahren.«
    James lächelte. »Sagen sie nicht, jetzt wollen Sie mit Signor Pontis Segway durchbrennen wie der Dieb mit Ihrer Tasche.«
    »Das ist etwas ganz anderes. Wir klauen sie ja nicht. In einer Stunde melden wir uns und fragen, wo wir die Dinger wieder abgeben sollen. Kommen Sie schon, James, bis dahin amüsieren wir uns!« Sie lehnte sich nach vorn und bog in die nächste Gasse ein. James zögerte kurz, dann folgte er ihr und fühlte sich so jung und frei wie lange nicht mehr.
    Sie kurvten ohne Plan und Ziel durch die Stadt, entschieden sich an jeder Kreuzung einfach für die Gasse mit den wenigsten Touristen und gelangten auf diese Weise bald in eine Gegend, in der sie nebeneinander fahren und sich unterhalten konnten. »Kommt Ihnen das auch so unwirklichvor?«, fragte Sheila lächelnd. »Es hat etwas von diesen alten Filmen. Man sieht zwei Leute im Auto oder in der Eisenbahn sitzen, aber man ahnt, dass sie in Wirklichkeit gar nicht fahren, sondern hinter dem Fenster nur eine Landschaftskulisse vorbeigezogen wird. So fühle ich mich jetzt. Ich stehe hier gemütlich auf meinem Segway wie das Denkmal auf dem Sockel, und die Kulisse Roms mit ihren alten Fassaden, Brunnen, Kirchen und Palästen zieht an mir vorbei. Einfach grandios!«
    Als sie um die nächste Ecke bogen, pfiff Sheila durch die Zähne. »Jetzt könnten wir unseren Reiseführer doch gebrauchen«, sagte sie. »Das ist das Pantheon, oder?«
    James räusperte sich. »Zufällig habe ich in der Schule gut aufgepasst, als es um alte Gemäuer ging. Was wollen Sie wissen?«
    »Alles, was Ihr Langzeitgedächtnis hergibt.«
    »Das werden Sie aber bereuen. Wie bei den meisten alten Leuten funktioniert mein Langzeitgedächtnis hervorragend.«
    Sie grinste. »Angeber.

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