Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst
Kollege«, stellte James richtig. Bis jetzt wusste niemand, dass er Rupert beauftragt hatte, eine Obduktion vonThomas Maddisons Leiche in die Wege zu leiten, und das sollte auch so bleiben. Aber natürlich war Ruthersford nicht zufällig erschienen. Gestern Nacht hatte James eine Nachricht auf Ruperts Anrufbeantworter hinterlassen und kurz berichtet, was vorgefallen war. Zum Schluss hatte er sich die Bemerkung »Nur für den Fall, dass du immer noch denkst, ich bilde mir alles nur ein!« nicht verkneifen können. Jetzt bereute James diesen Anflug von Triumphgehabe. Er hätte sich denken können, dass Rupert daraufhin in Eaglehurst aufkreuzen würde.
Rupert steuerte geradewegs auf seinen Tisch zu. »Guten Morgen, die Damen, guten Morgen, James«, sagte er gut gelaunt.
»Guten Morgen«, antworteten Edith und Eleonora unisono.
James fügte sich ins Unvermeidliche und deutete auf den letzten freien Stuhl am Tisch. »Nimm doch Platz, Rupert.«
Rupert beäugte James’ Teller. »Du wusstest schon immer, was gut ist, James. Das sieht köstlich aus!«
Mrs Simmons schien ein sicheres Gespür für Neuankömmlinge zu haben. Ihr rundes Gesicht erschien in der Durchreiche: »Guten Morgen, Mr Ruthersford, für Sie auch ein Frühstück?«
»Oh, sehr freundlich von Ihnen. Ja, bitte, ich hätte gern genau das gleiche wie Mr Gerald.«
»Eine gute Wahl«, sagte Eleonora wehmütig. »Toasts mit Marmelade schmecken überall gleich, aber am richtigen Frühstück erkennt man die englische Küche.«
»Und leider auch am Kaffee, nicht wahr?«, ergänzte James.
»Wieso?«, fragte Eleonora. »Stimmt etwas nicht mit dem Kaffee?«
»Nescafé«, erklärte James.
Die Schwestern sahen ihn verständnislos an. »Ja, und?«, fragte Edith.
»James bevorzugt Espresso«, erklärte Rupert.
»Ach so«, lächelte Eleonora. »Aber dann sagen Sie doch einfachMrs Simmons, dass Sie lieber Espresso wollen. Sie hat auch Tütchen mit Espressopulver, das weiß ich, oder Cappuccinopulver, da sind Zucker und Milch schon drin.«
James Magen krampfte sich zusammen bei dem Gedanken an überzuckertes Cappucino-Milchpulvergemisch. »Danke für den Tipp. Aber es geht doch nichts über eine gute Tasse Tee am Morgen.«
»Mrs White hat mir berichtet, dass es gestern große Aufregung in Eaglehurst gab«, sagte Rupert wie beiläufig. »Offensichtlich hatte eine der Angestellten einen kleinen Unfall.«
»Unfall?«, wiederholte James.
»Aber nein«, mischte sich Edith aufgeregt ein, »Mr Gerald hat uns gerade erzählt, dass Katie niedergeschlagen wurde.«
»Niedergeschlagen? Wie kommt er denn darauf?«
»Vielleicht habe ich das falsch verstanden«, lenkte James ein. »Mrs White muss es ja am besten wissen.«
»Ganz richtig«, nickte Ruthersford lächelnd. »Hast du aus den Tatsachen falsche Schlüsse gezogen? Ja, das passiert immer schneller, als man denkt.« Er zwinkerte den alten Damen zu. »Wir Kriminalleute lieben die Dramatik, müssen Sie wissen. Ist es nicht so, James? Wenn zwei von uns sich treffen und sich gegenseitig erzählen, was in der Zwischenzeit so alles passiert ist, dann ist hoffnungslose Übertreibung immer dabei. Seemannsgarn ist nichts dagegen.«
Mrs Simmons servierte Ruthersford einen dampfenden Teller mit Rührei, Speck, Würstchen und Champignons.
»Lassen Sie es sich schmecken!«
»Vielen Dank, Mrs Simmons.« Ruthersford ergriff Messer und Gabel und machte sich mit Appetit über die Würstchen her. »Köstlich!«
Die beiden Schwestern beobachteten den Inspektor beim Essen. Eleonoras Gesicht war wie ein offenes Buch. Eine Mischungaus Bewunderung, Neugierde und Neid angesichts der Würstchen lag darin. Edith hatte ihre Gefühlsregungen viel besser unter Kontrolle. James konnte ihren Gesichtsausdruck nicht genau deuten, aber er spürte, dass Edith Rupert nicht mochte.
Als Rupert sein Frühstück beendet hatte, brachen die Damen auf.
»Wenn Sie Mr Peabody bitte ausrichten könnten, dass wir zum Gemeindebasar von St. Andrews gegangen sind, James?«, bat Eleonora. »Nur für den Fall, dass er nachkommen möchte. Ich glaube, er erwähnte gestern, dass er sich auch dafür interessiert.«
»Ach, nun lass doch«, sagte Edith verärgert. »Wir müssen Mr Peabody doch nicht überallhin mitschleppen.«
Eleonora sah ihre Schwester verständnislos an. »Was hast du denn auf einmal gegen ihn?«
»Gar nichts«, seufzte Edith. »Ich finde nur, wir sollten uns nicht so aufdrängen. Er wird schon kommen, wenn er will.«
»Wenn er sich erkundigt,
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