Null-Null-Siebzig - Operation Eaglehurst
gänzlich vom Musikleben zurückzog, um sich auf das Kochen und Essen zu konzentrieren? Er sagte, er habe drei Mal in seinem Leben geweint. Einmal, als seine erste Oper durchfiel, einmal, als er Paganini spielen hörte, und dann noch einmal, als bei einem Bootspicknick ein mit Trüffeln gefüllter Truthahn ins Wasser fiel.«
Eleonora blickte unglücklich auf ihr dünn bestrichenes Marmeladentoast. »Ich verstehe, was Sie sagen wollen, Mr Gerald. Ich hatte auch schon überlegt, ob wir nicht wenigstens sonntags eine Ausnahme …«
»Eleonora!«, sagte Edith. »Du weißt, was Dr. Goat von Ausnahmen hält!«
»Sie sind also beide bei Dr. Goat in Behandlung?«, fragte James. »Sind Sie zufrieden mit ihm?«
»Er ist sehr kompetent«, sagte Edith. Abgesehen von seinem Homöopathie-Fimmel natürlich.«
»Ja, Dr. Goat versteht viel von seinem Fach«, schwärmte Eleonora. »Gut, er hat seine Ansichten, was die Ernährung angeht, und er ist sehr streng. Aber wie meine Schwester schon sagt, er ist überaus kompetent.«
»Lassen Sie sich von ihm homöopathisch behandeln?«
»Meine Schwester schwört auf Homöopathie«, sagte Edith. »Aber ich halte nicht viel davon, ehrlich gesagt. Bei mir hat das noch nie gewirkt.«
»Weil du nicht daran glaubst«, ereiferte sich Eleonora.
»Du liebe Zeit«, erwiderte Edith, »was soll ich denn bitteschön von einer Medizin halten, an die ich glauben muss, damit sie wirkt?«
»Ach«, wendete Eleonora sich an James, »ich habe es aufgegeben, mit meiner Schwester darüber zu diskutieren. Sie ist nicht der Typ für Homöopathie.«
James zog die Augenbrauen hoch. »Wie ist es mit mir, bin ich der Typ dafür?«
Eleonora sah ihn mit ihren großen, hellgrünen Augen forschend an. Sie muss früher auf Männer sehr anziehend gewirkt haben, dachte James wieder. In ihrem etwas unsicher wirkenden Lächeln lag eine mädchenhafte Blumigkeit.
»Hm, ich weiß nicht.«
»Nein«, mischte Edith sich ein, »wenn Sie mich fragen, Sie sind absolut nicht der Typ für Homöopathie. Sie sind viel zu sehr …«
In diesem Moment stellte Mrs Simmons einen dampfenden Teller mit Rühreiern, Speck, Würstchen, gegrillten Tomaten und Champignons vor James auf den Tisch. »Guten Appetit, Mr Gerald!«
»Danke.« James lächelte Mrs Simmons an und wendete sich wieder Edith zu: »Was bin ich zu sehr?«
»Ich weiß nicht mehr.« Edith sah neidisch auf seinen Teller.
»Sagen Sie, Mr Gerald, stimmt es eigentlich, was erzählt wird?«, fragte Eleonora.
»Was wird denn erzählt?«
»Sie waren beim Geheimdienst?«
»Ach, das«, winkte James ab. »Ich habe schon von meinem Spitznamen gehört, Null-Null-Siebzig, nicht wahr?«
»Nicht dass Sie glauben, das käme von uns. Katie hat Sie so genannt«, stellte Edith klar. »Respektlos.«
»Haben Sie übrigens gehört, wie es Katie geht?«, fragte James.
»Wieso?«, fragte Eleonora und sah ihn überrascht an. Auch Edith schaffte es nun, den Blick von James’ Teller zu heben.
»Haben Sie gar nichts mehr mitbekommen? Gestern wurde Katie niedergeschlagen, in meinem Zimmer. Es muss passiert sein, kurz nachdem Sie mit Mr Peabody nach oben auf Ihre Zimmer gegangen sind. Ich habe unten in der Halle gewartet. Katie sollte für mich etwas aus meinem Zimmer holen. Als Mrs White sie per Telefon nicht erreichen konnte, ging sie selbst nach oben und fand ihre Tochter in meinem Zimmer bewusstlos auf dem Boden liegen.«
»Was?«, rief Eleonora aus. »Das ist ja schrecklich!«
»Ist sie schwer verletzt?«, fragte Edith mit ausdrucksloser Miene.
»Nein, ich glaube nicht. Der Täter hat entweder nicht richtig getroffen, oder er wollte gar nicht fest zuschlagen. Möglich wäre natürlich auch«, fuhr er mit bedeutungsvollem Unterton fort, »dass er nicht in der Lage war, fester zuzuschlagen.«
Edith legte ihrer Schwester die Hand auf den Unterarm. »Also das hatte es mit dem Lärm auf sich, den ich gehört habe, als wir in unsere Zimmer gingen! Ich dachte noch, da hat Katie bestimmt mal wieder etwas umgestoßen, sie ist ja immer so ein Trampeltier. Hast du gar nichts mitbekommen?«
Eleonora schüttelte verlegen den Kopf. »Nein. Ich hatte mein Hörgerät schon abgelegt.«
Plötzlich vernahm James eine Stimme, die er lieber nicht gehört hätte. Rupert Ruthersford unterhielt sich nebenan in der Empfangshalle mit Mrs White.
»Besuch für Sie!«, bemerkte Edith.
»Wie kommen Sie darauf?«, fragte James.
»Ist das nicht Ihr Freund, Mr Ruthersford?«
»Ehemaliger
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