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Nullpunkt

Nullpunkt

Titel: Nullpunkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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draußen?
    Alle – Wissenschaftler, Filmcrew und der mysteriöse Neuankömmling Logan – hatten ihr Lager im Innern der Basis.Die einzigen Ausnahmen bildeten Ashleigh Davis in ihrem Mega-Wohnwagen und Carradine, der Trucker. Marshall sah in Richtung von Davis’ Wohnwagen: Es war alles dunkel, kein Licht brannte.
    «Carradine?», rief er leise.
    Wieder ein Knarren.
    Marshall machte einen Schritt vorwärts und trat zwischen zwei Vorratszelten hindurch. Jetzt kam die Silhouette von Carradines Zugmaschine in Sicht. Marshall blickte zu der Stelle hinter dem Führerhaus, wo die Schlafkabine lag. Die Bullaugen waren ebenfalls dunkel.
    Er blieb still stehen und lauschte aufmerksam. Er hörte das klagende Heulen des Windes, das leise Rumpeln der Dieselmotoren in der Generatorstation, das Surren des kleinen Generators von Ashleighs Wohnwagen und – in unregelmäßigen Abständen – das leise und unheimliche Murmeln und Stöhnen, das von den Nordlichtern herzurühren schien. Doch das war alles.
    Er schüttelte den Kopf und grinste unwillkürlich. Hier stand er nun, an der Schwelle dessen, was einer der denkwürdigsten Tage seines Lebens zu werden versprach, und war völlig außer sich wegen eines schlechten Traums. Er würde die Basis zweimal entlang der Einzäunung umrunden, und – nachdem er auf diese Weise genügend frische Luft geschnappt hatte – in sein Labor zurückkehren. Selbst wenn er dort nichts Nützliches zustande brachte, konnte er es zumindest versuchen. Er straffte die Schultern und machte einen weiteren Schritt.
    Das Knarren. Schon wieder. Und von der Stelle aus, an der Marshall nun stand, konnte er auch hören, aus welcher Richtung es kam: des Kältetresors.
    Langsam bewegte er sich auf den Tresor zu. Das Ding stand allein, teils eingehüllt in das unwirkliche Licht, der Restin Dunkelheit. Auch ohne Taschenlampe konnte Marshall die große Wasserlache darunter erkennen. Offenbar war der automatische Tauprozess bereits weit fortgeschritten. Morgen würden dieser Stahlcontainer und sein Inhalt Stars einer Show sein. Marshall zog die Taschenlampe hervor und richtete sie auf das imposante silberne Gebilde. Außer der Pfütze hatte sich nichts verändert. Niemand war in der Nähe.
    Da hörte er das Knarren erneut, noch lauter diesmal. Bewaffnet mit der Taschenlampe, gelang es Marshall, die Ursache zu identifizieren: ein Stück Holz, das lose in dem einen Meter hohen, nach allen Seiten hin offenen Kriechgewölbe unter dem Tresor schwang.
    Marshall runzelte die Stirn.
Schlampige Arbeit
, dachte er.
Das muss gerichtet werden, bevor Conti und seine Kabaretttruppe auf Sendung gehen.
Oder war nur etwas von der Konstruktion abgebrochen? Es schaukelte jedenfalls im Wind, unmittelbar über der schmutzigen Lache aus Schmelzwasser …
    … noch etwas stimmte nicht. Das hier war nicht so sehr eine Lache, sondern vielmehr ein richtiger Tümpel. Ein Tümpel voller Brocken schmutzigen, milchigen Eises. Woher kam so viel Wasser, so schnell? Und das Eis?
    Er schlich geduckt näher und leuchtete mit seiner Lampe direkt auf den Tümpel. Stirnrunzelnd ließ er den Lichtkegel zu dem losen Stück Holz wandern. Es knarrte erneut, als der Wind mit ihm spielte. Das untere Ende war völlig zersplittert. Langsam leuchtete er mit der Lampe an dem Balken entlang nach oben, zur Unterseite des Tresors.
    Ein Loch – groß, annähernd rund, unregelmäßig – war in den Holzboden geschnitten worden. Selbst im schwankenden Licht seiner Taschenlampe konnte Marshall klar erkennen, dass das Innere des Tresors leer war.

16
    Innerhalb von dreißig Minuten war die gesamte Basis hellwach. Marshall saß in einem der alten Klappstühle im Kontrollzentrum der B-Ebene , wo sich alle eingefunden hatten. Es war der einzige Raum, der groß genug war, um alle Personen aufzunehmen. Marshall blickte sich unter den Anwesenden um. Einige, wie Sully und Kari Ekberg, wirkten fassungslos. Andere hatten unübersehbar gerötete Augen. Fortnum, der Kameramann, saß mit gesenktem Kopf auf seinem Platz und ballte und öffnete abwechselnd die Fäuste.
    Sie hatten sich auf die Bitte von Wolff hier eingefunden, dem Vertreter des Senders. Eigentlich, dachte Marshall, hatte es nicht wie eine Bitte geklungen. Eher wie ein Befehl.
    Emilio Conti hatte im ersten Moment benommen gewirkt, beinahe wie betäubt, als er von den Neuigkeiten erfahren hatte. Jetzt bemerkte Marshall etwas Neues, eine andere Regung im Gesicht des kleinen Mannes, der vor dem Halbkreis aus Stühlen auf

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