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Nullzeit

Nullzeit

Titel: Nullzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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glaube nicht, daß sie seine Frau ist - dazu sah sie viel zu jung und gleichgültig aus. Wenn sie das Haus verläßt, folgen Sie ihr - es sei denn, sie trägt einen Koffer. Dann reist sie ab, und dann können Sie sie vergessen …«
     Noëlle Berger hatte sich entschlossen, in Straßburg ein paar Weihnachtseinkäufe zu machen, um Philip Zeit zu geben, sich zu beruhigen. Soll er doch in seinem eigenen Saft schmoren, dachte sie, dann wird er sich heute abend freuen, mich wiederzusehen. In Straßburg hatten die Geschäfte um zwei Uhr geöffnet - so kürz vor Weihnachten wollten die Ladenbesitzer jede Minute nutzen -, und Noëlle gab in der Rue des Grandes Arcades eine ganze Menge von Philips Geld aus. Geschieht ihm verdammt recht, sagte sie sich. Später war sie schon wieder etwas versöhnt und kaufte für ihn eine hellgelbe Wolljacke. Einmal, als sie auf einen Bus wartete, hätte jemand sie beinahe unter die Räder des heranfahrenden Busses gestoßen, aber als sie sich umdrehte, stand hinter ihr nur eine dicke Frau. Am Ende des Nachmittags, beladen mit Paketen, machte Noëlle sich auf den Weg zu dem stillen Viertel unten am Fluß mit dem Namen Petite France, Klein-Frankreich. Sie hatte sich entschlossen, eine Freundin zum Tee zu besuchen, bevor sie nach Colmar zurückfuhr.
     Am Rand des verlassenen Place Benjamin Zhia teilt sich die Ill in drei Arme, die weiter unten wieder zusammenfließen. Hier führt eine Reihe von Fußwegen über den Fluß. Hier befindet sich auch eine kleine Schleuse, durch deren schmale Öffnung sich das Wasser rauschend ergießt. Unter einem darunterliegenden Gebäude schießt das Wasser wieder hervor. Die schäumenden Wassermassen machen an dieser Stelle einen ohrenbetäubenden Lärm. Noëlle wollte den Weg abkürzen und betrat eine der Fußgängerbrücken. Soweit sie sehen konnte, war sie allein. Sie war schon halb auf der anderen Seite und hatte in dem Lärm des dahinströmenden Wassers keinen anderen Laut gehört, als etwas sie veranlaßte, sich umzudrehen. Einen Schritt hinter ihr stand Lansky mit erhobenen Händen. Sie starrte ihn ungläubig an, als seine Hände sie erfaßten und ins Wasser stießen. Sie befand sich schon halb unter Wasser, als sie endlich schreien konnte, aber ihre Schreie gingen in dem Tosen der sprudelnden Wassermassen unter. Sie wurde mitgerissen, unter Wasser gezogen und in Richtung Quai des Bateliers fortgespült. Ihre Weihnachtspakete tanzten auf dem dahinrasenden Wasser; ihr Hüpfen sah seltsam bizarr und feierlich aus. Die gelbe Wolljacke hatte sich aus dem Einwickelpapier gelöst.
     Zwanzig Minuten später bestieg Lansky den Triebwagen, mit dem er um sieben Uhr abends wieder in Colmar sein würde. Mit zwei Menschen im Haus läßt sich ein › Unfall‹ nicht überzeugend arrangieren.

12
     
    Am Abend des 19. Dezember, einem Sonntag, wartete Marc Grelle in seinem Büro auf Boisseaus Rückkehr aus Straßburg. Die Stunden verstrichen, aber der Präfekt war alles andere als untätig. An diesem Tag hatte er sich vorwiegend damit befaßt, die Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Fahrzeugkolonne des Präsidenten zu verstärken, die am 23. Dezember zum Flughafen Charles de Gaulle - oder Roissy, wie er von den Parisern oft genannt wird - fahren würde. Am 23. sollte Florian nach Moskau fliegen.
     Marc Grelle besaß auf dem Gebiet des politischen Mordes eine umfassende Sachkenntnis. Er wußte etwas über die Menschen, die solche Attentate verüben, und über die Methoden, die sie anwandten. Grelle hatte eine besondere Studie über die einunddreißig Attentatsversuche auf General de Gaulle angefertigt; diese Arbeit enthielt die Gründe, die für einen möglichen Erfolg sprachen, ebenso wie die Gründe, die den Mißerfolg der Anschläge erklärten. Die Liste der verwendeten Techniken war beachtlich.
     Mord durch Fernzündung einer Explosivladung unter einem fahrenden Fahrzeug; Mord durch einen Heckenschützen mit Gewehr und Zielfernrohr; Mord aus nächster Nähe - durch Erdolchen oder Erschießen; Mord durch Amtsanmaßung mit Hilfe eines gestohlenen Polizeifahrzeugs oder einer gestohlenen Uniform; Mord durch einen Motorradfahrer in einer Polizeieskorte, der sich dem Präsidentenfahrzeug näherte; Mord durch einen selbstmörderischen Zusammenstoß in der Luft - wobei ein Flugzeug mit dem Mörder am Steuerknüppel die Maschine mit dem Präsidenten an Bord rammte; Morde mit Hilfe absurd anmutender Methoden - etwa mit Hilfe einer in einen Fotoapparat eingebauten

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