Nullzeit
die Kette entfernt und den Riegel zurückgezogen, so daß sie selbst aufschließen und hineingehen konnte. Die Polizei fand ihn in der Badewanne - unter Wasser. Der Bursche wird jetzt keiner Schürze mehr nachrennen …«
Lennox bestellte einen zweiten Drink, aber der Barmann hatte nur noch wenig an Informationen zu bieten. Nur noch eins: Die Polizei sei im Hotel gewesen und habe eine Menge Fragen nach zwei Männern gestellt, die hier zwei Nächte gewohnt hätten.
»Sie hatten einen Citroën«, fuhr der Barmann fort, »das hat jedenfalls der Nachtportier gesagt. Ich selbst habe sie nicht gesehen - ich glaube nicht, daß sie überhaupt hier in der Bar gewesen sind. Ich persönlich glaube nicht, daß da eine Verbindung besteht …«
Als Lennox die Bar verließ, kamen zwei uniformierte Polizeibeamte herein. Das ließ es ihm geraten erscheinen, Colmar auf dem schnellsten Weg zu verlassen; die Aussichten standen fünfzig zu fünfzig, daß der redselige Barmann den beiden Polizisten von seinem Gespräch mit dem Fremden berichtete, der soeben die Bar verlassen hatte. Lennox überquerte den Bahnhofsvorplatz, kaufte sich eine einfache Fahrkarte nach Lyon und bestieg dann einen Zug nach Straßburg, der gerade eingelaufen war. Als der Zugschaffner in sein Abteil kam, zeigte er die Rückfahrkarte nach Straßburg, die er bereits besaß. Von den drei Männern, die in der Kriegszeit eng mit dem Leoparden zusammengearbeitet und bis jetzt überlebt hatten, war nur noch einer übrig. Dieter Wohl in Freiburg.
Anders als Inspektor Rochat in Straßburg war Inspektor Dorre in Colmar erst vierzig und nahm nichts als gegeben und selbstverständlich hin. Er war ein ungeduldiger Mann mit einem verdrossenen Gesichtsausdruck und einer schnellen Zunge. Zwei Stunden nachdem Robert Philips Tod entdeckt worden war, rief er Boisseau an und erklärte, Philip sei nach der Rückkehr in sein Haus nicht mehr beobachtet worden. Nur ein Streifenwagen sei gelegentlich am Haus vorübergefahren.
»Wir haben viel zuwenig Leute«, fuhr er fort, »und deshalb habe ich ihn nicht sorgfältig überwachen lassen können. Das ist natürlich sehr bedauerlich …«
Am anderen Ende der Leitung vermutete Boisseau, daß irgendeiner der Vorgesetzten Dorrés Sand ins Getriebe gestreut hatte - aus Abneigung gegen die Einmischung aus Paris. Diesmal war es nicht notwendig, bohrende Fragen zu stellen - und außerdem ließ Dorré Boisseau gar keine Gelegenheit dazu: Er redete wie ein Wasserfall.
»Nach Aussage des Gerichtsmediziners und auf Grund meiner eigenen Beobachtung besteht überhaupt kein Zweifel, daß Robert Philip durch einen Unfall gestorben ist. Er ist auf einem Stück Seife ausgerutscht und mit dem Kopf auf den Badewannenrand aufgeschlagen. Er war zu der Zeit allein im Haus. Nichts deutet auf einen Einbruch oder auf sonst etwas hin, was Verdacht erregen könnte - es muß zwar kurz vorher eine Frau im Haus gewesen sein, aber wahrscheinlich nur für ein paar Stunden. Philip war kein Kostverächter …«
Nach einer kurzen Pause legte die Stimme wieder los.
»Entschuldigen Sie, ich habe eine Erkältung und mußte mir die Nase putzen. Also, in technischer Hinsicht haben wir es mit einem Unfalltod zu tun. Ich persönlich glaube aber keinen Augenblick daran. Ich habe gehört, daß ein anderer Mann, den Sie ebenfalls haben beobachten lassen - ein gewisser Léon Jouvel -, sich vor weniger als achtundvierzig Stunden in Straßburg erhängt hat. Ich habe auch gehört - ich bin gestern in Straßburg gewesen -, daß meine Kollegen dort Jouvels Tod als Selbstmord akzeptieren. Für mich ist das ein bißchen viel, Monsieur Boisseau - zwei Männer, die Sie beobachten lassen, sterben beide durch Selbstmord beziehungsweise Unfall in weniger als zwei Tagen, und beide zu Hause. Ich sage Ihnen, da stimmt etwas nicht…«
»Gibt es irgend etwas Besonderes, was …« begann Boisseau, aber weiter kam er nicht.
»Verzeihung, Herr Generaldirektor, aber ich bin noch nicht fertig. Eine Frau, die Robert Philip gut kennt - kannte -, ist gestern mit dem Wagen an seiner Villa vorbeigefahren, und dabei sah sie einen blauen Citroën, der gegenüber der Villa parkte. Zwei Männer versuchten, den Wagen zu reparieren, aber sie glaubt, die beiden wollten nur die Villa im Auge behalten. Sie hat mir das heute morgen erzählt, als sie die Streifenwagen sah, denn sie nahm an, es handle sich wieder mal um einen Einbruch …«
»Haben Sie das Kennzeichen?« konnte Boisseau
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