Nummer 28 greift ein Wir Kinder aus der Brunnenstraße
hätte aufgehört. Sie schwang sich auf das Tandem.
»Wir müssen die anderen einholen!«, rief sie Fiede kurz über die Schulter zu.
»Wieso das denn jetzt?«
Nadeshda gab keine Antwort. Wie auf der Flucht trat sie wie irre in die Pedale. Sie sausten auf dem Tandem den Elbhang entlang.
Währenddessen jagten Nadeshda tausend Gedanken durch den Kopf. Warum hatten die beiden gestritten? War Melene vielleicht in
Elmo verliebt und er hatte ihr gerade gestanden, dass er demnächst mit seinem großen Bruder auf Weltreise ging? Wollte sie
mit ihm auf die Weltreise und brauchte dafür das Geld? War Melene vielleicht eifersüchtig, weil Elmo morgen mit ihnen zum
Jahrmarkt ging und sie nicht mitkommen durfte? Oder ... oder hatte er ihr vielleicht gerade gesagt, dass er mit ihr Schluss machte, weil er sich in eine andere verliebt hatte?
Aber das war doch alles Quatsch! Nadeshda wusste selbst nicht, wie sie darauf kam. Ihr Herz klopfte. Sie war vollkommen durcheinander.
War sie etwa in Elmo verliebt?
Horsti braucht Hilfe
Nadeshda wollte Fiede nicht noch weiter belügen. Aber sie konnte ihm auch nicht die Wahrheit sagen. Sie musste jetzt dringend
erst einmal in Ruhe nachdenken.
»Ich muss schnell nach Hause«, behauptete sie, sobald sie in der Brunnenstraße angekommen waren. »Es könnte ja sein, dass
Horsti anruft.« Was nicht einmal gelogen war. Trotzdem hatte Nadeshda ein ungutes Gefühl. Und irgendwie war ihr, als würde
Fiede sich ihr gegenüber anders als sonst verhalten. Irgendwie kühler.
Ihre Mutter war zur Arbeit gegangen. Otto, der sich meist mehr bei ihnen als in seiner eigenen Wohnung aufhielt, schien offenbar
ebenfalls unterwegs zu sein. Nadeshda war froh, die Wohnung für sich allein zu haben. Ihr Kopf war voll von dem Streit zwischen
Meleneund Elmo. Was war da vorgefallen? Sie zuckte zusammen, als das Telefon klingelte. Elmo, dachte sie sofort. Aber es war nicht
Elmo. Und es war auch nicht Horsti. Es war Fiede. Hoffentlich fing er nicht wieder damit an, dass er vorhin Melenes Stimme
gehört hatte, dachte Nadeshda inständig. Erleichtert stellte sie fest, dass Fiede mit etwas ganz anderem beschäftigt war.
»Nadeshda, kannst du herausfinden, wie der Mann bei Ottos Fall heißt, dem seine Tasche gestohlen worden ist, und wo er wohnt?«,
fragte Fiede.
Wozu musste Fiede das wissen? Vermutete er etwa ernsthaft, dass es sich bei dem Mann um Elmos großen Bruder handelte? Nadeshda
druckste herum. Otto hatte ihr ausdrücklich verboten, an seine Detekteiunterlagen zu gehen. Nadeshda wäre auch normalerweise
im Traum nicht auf die Idee gekommen, in Ottos Sachen herumzuschnüffeln. Doch weil sie Fiede gegenüber so ein schlechtes Gewissen
hatte, tat sie ihm den Gefallen. »Warte einen Moment. Ich gehe mal rüber und schaue nach.«
Sie nahm Ottos Schlüssel vom Haken. Vorsichtshalber klingelte sie einige Male an seiner Wohnungstür, bevor sie sie aufschloss.
Auf Zehenspitzen schlich sie in die Wohnung. In Ottos Arbeitszimmer auf dem Schreibtisch war ein einziges Zetteldurcheinander.
Wie sollte sie hier etwas finden? Während sie suchte, schossihr durch den Kopf: Was, wenn es nun doch Walter Babinek war, dem angeblich eine Tasche mit Schmuck im Wert von zwanzigtausend
Euro gestohlen worden war? Nadeshda lauschte in den Flur, um nicht von Otto überrascht zu werden. Hektisch durchblätterte
sie den Papierwust. Ganz unten lag das Schreiben einer Versicherung. Nadeshda überflog es. Sie las die Worte »Autoaufbruch,
Diebstahl, Lederaktentasche und Schmuck im Wert von . . .«. Das war es! Hastig notierte Nadeshda sich Namen und Anschrift
des Geschädigten. Eilig verließ sie Ottos Wohnung.
»Also«, berichtete sie Fiede erleichtert, »der Mann mit dem Schmuck in der Ledertasche heißt Edelbert Rossi und wohnt in Winterhude.«
»Hm«, machte Fiede. »Er heißt also nicht Walter Babinek?«
Offenbar hatte er also denselben Gedanken gehabt wie Nadeshda. Sie erschrak. »Ja, hast du etwa geglaubt, es handelt sich bei
Ottos Fall um Elmos Bruder?«, fragte sie barscher, als sie wollte.
»Ja, aber da hast du mich doch selber draufgebracht!«, entgegnete Fiede überrascht. »Und weil ich so froh darüber gewesen
bin, dass du jetzt endlich den Fall mit Melene ernst nimmst, habe ich mir überlegt, dass ich das, was du mir zu Elmos Bruder
und der Tasche gesagt hast, ebenfalls ernst nehmen sollte.«
»Ach, das war doch nur so dahergeredet«, erklärteNadeshda abwehrend. »Das
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