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Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
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ich mich ziemlich dumm, weil ich etwas so Kindisches gesagt hatte.
    Er hob die Schultern und zog an der Zigarette.
    »Ich habe gehört, dass die Seeleute früher mithilfe der Sterne navigiert haben«, fuhr er nach einer kleinen Pause fort. »Ich frage mich, wie so etwas möglich war.«
    »Weißt du das nich t ? Du bist doch Seemann.«
    »Wieso bin ich Seemann?«
    Ich verstand ihn nicht.
    »Ihr habt Dingis«, erklärte ich. »Und du bist gerade auf einem Boot.«
    Er lachte.
    »Genau wie du selbst. Weißt du denn, wie man segel t ?«
    »Nein, das nicht, abe r …«
    »Aber? Ich bin in Mogadischu und Puntland zur Schule gegangen. Auf die Highschool. Ich habe Bücher gelesen und wollte Professor werden wie mein Vater. Von Booten verstehe ich nichts.«
    »Warum bist du dann Pirat geworden?«
    Er kam etwas näher, und ich erkannte im schwachen Licht seine Miene.
    »Machst du Witze?«, fragte er. »Ich glaube, du machst Witze.«
    »Nein, ic h …«
    »Es gibt keine Schule mehr. Keine Lehrer. Keinen Vater. Die Rebellen sind gekommen und haben das meiste mitgenommen. Dann haben die islamischen Fundamentalisten den Rest an sich gerafft. Die al-Shahaab.«
    »Bist du denn kein Moslem?«
    Wieder lachte er.
    »Natürlich bin ich Moslem, aber ich bin nicht wie sie. Diese Leut e … erinnerst du dich an Nine Eleven? Als die Hochhäuser in New York zerstört wurden?«
    Du hast ja keine Ahnung, dachte ich. Aber ich nickte nur.
    »Manche Leute hier haben das Ereignis gefeiert«, fuhr Farouz fort. »Sie haben auf den Straßen gelacht und gesagt, jetzt habe der Krieg zwischen dem Islam und dem Westen begonnen. Darüber haben sie sich gefreut. Ich dagegen hatte Angst, denn ich war der Ansicht, dass sie recht hatten. Es war wirklich der Beginn eines Kriegs. Nur dass der Krieg jetz t … es ist nicht mehr nur ein Krieg gegen den Westen. Die al-Shahaab bringt die eigenen Leute um.«
    Ich wusste nicht, warum, aber er tat mir leid, und ich wollte ihm etwas zeigen, wie meine Mom mir manchmal etwas gezeigt hatte. Ohne von der Liege aufzustehen, deutete ich auf die Sterne.
    »Siehst du den Großen Wagen?«, fragte ich. »Er wird auch Ursa Major genannt. Denk dir auf der rechten Seite eine Linie, die gerade nach oben führt. Siehst du den hellen einzelnen Stern darüber? Das ist der Polarstern. Wo du auch bist, wenn du in Richtung dieses Sterns gehst, bewegst du dich nach Norden.« Er folgte meinem Finger, dann lächelte er breit. Ich sah im Dunklen seine weißen Zähne schimmern. Er hatte lange Wimpern – länger als meine, und ich bin ein Mädchen. An der Außenwand des Esszimmers drückte er die Zigarette aus.
    »Danke«, sagte er. »Das ist gut zu wissen. Aber in einem Punkt irrst du dich. Das ist nicht der Große Wagen. Das ist das Kamel.«
    »Das Kame l ? Ich verstehe nicht, wi e …«
    »Nein?«
    Auf einmal saß er neben mir auf der Sonnenliege. Er hatte sich auf die Kante gehockt. Seine Haut war warm. Ich spürte es wie einen Brennofen in der Nacht. Mein Herz tat einen Sprung, als er mir auf einmal so nahe war. Er hob die Hand und zeichnete mit dem Finger eine Linie in den Himmel.
    »Siehst du? Da ist der Hintern, dort ist der Höcker, am anderen Ende der Kopf.«
    Ich sah es. Ein Kamel, das sich niedergelegt hat. Vielleicht nicht so offensichtlich, aber wer kann schon behaupten, dass der Große Wagen wirklich einem Wagen gleich t ? Oder dem Bären, den die Griechen dort sahen?
    »Oh, na gut«, stimmte ich zu. »Aber es hat keinen Schwanz.«
    »Nein«, bestätigte er. »Der Schwanz wurde abgerissen.« Es klang, als sei dies etwas ganz Selbstverständliches.
    »Abgerissen? Von wem?«
    »Von einem hungrigen Mann.«
    Ich setzte mich auf. Die Unterhaltung war schon zu Beginn seltsam gewesen, und sie wurde immer verrückter.
    »Was meinst du dami t ? Wieso ein hungriger Mann?«
    Er legte die Waffe, die immer noch an der Schnur hing, neben uns auf das Kissen. Einen Moment lang dachte ich, ich könnte sie an mich bringen und auf ihn richten. Aber was hätte ich als Nächstes tun sollen? Auf keinen Fall hätte ich abgedrückt. Außerdem war die Waffe bestimmt gesichert, und ich wusste nicht, wie man sie entsicherte. Drinnen hielten sich zudem die anderen Piraten auf, die Dad und die Stiefmutter jederzeit töten konnten. Das wollte ich nicht. Ich wollte nicht, dass jemand starb.
    Als ich mich von der Waffe losriss, hielt er meinen Blick fest – so fühlte es sich an. Er hielt mich fest, und ich konnte mich nicht mehr abwenden, selbst wenn ich

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