Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
Vom Netzwerk:
der Kompass. Mir wurde bewusst, dass es wie eine Krankheit ist, wenn man sich verknallt oder verliebt. Die Formen und Farben buchstäblich aller Dinge verändern sich, die Welt fühlt sich anders an, als hätte alles mehr Volumen.
    In den drei Tagen, während die neue Abmachung ausgehandelt wurde, redete ich einige Male mit ihm. Ich musste. Ich meine, wir konnten uns auf der kleinen Jacht nicht völlig aus dem Weg gehen. Das wäre den anderen aufgefallen. Wenn ich mit ihm sprach oder ihn sah, kam es mir vor, als sei er so wütend wie ich, weil er manchmal förmlich explodierte. Sein Zorn war allerdings nicht gegen mich oder etwas Bestimmtes gerichtet.
    »Die haben den ganzen verdammten Zucker verbraucht!«, schimpfte er, als er mich auf dem Flur bemerkte. »Die Mistkerle.«
    Oder: »Dieser verdammte Dreckskerl von Mohammed!«
    »Ich hasse diese Jacht«, sagte er und versetzte der Pumpe, die unsere Dusche versorgte, einen Tritt, als ich auf dem Weg zur Toilette vorbeikam. Als seien seine Gefühle irgendwie vergleichbar. Ich meine, was er getan hatte, wie er uns bloßgestellt hatte – als er Ahmed über Dads und Tonys Lüge informiert hatte –, das hätte unser Tod sein können. Er hatte uns in Lebensgefahr gebracht. Es wurde für uns noch gefährlicher, als es sowieso schon war, und er tat so, als sei er nicht selbstsüchtig gewesen, sondern als hätten wir irgendeinen Streit gehabt, der ihn persönlich betraf. Er schmollte die ganze Zeit und schien gleichzeitig weniger Raum für sich zu beanspruchen. Er zog sich in sich selbst zurück, machte sich kleiner und härter und war leicht entflammbar wie die Bäume, die von Zeit und Stein zu Kohle gepresst werden.
    Unterdessen marschierte Damian strahlend durch die Gänge, als säße er mit Farouz auf einer Wippe. Einer der beiden hatte schlechte Laune, also war der andere überglücklich. Ich durchschaute natürlich die Zusammenhänge. Er hatte bemerkt, was mit mir und Farouz los war. Das gefiel ihm, weil er eine Verbindung zwischen dem jungen Piraten und mir missbilligte.
    Dabei fragte ich mich, ob er mich beschützte wie ein pflichtbewusster Kapitän oder ob er scharf auf mich war. Vielleicht beides.
    Am zweiten Morgen, als Farouz gegen die Pumpe trat, kamen Tony und Dad ins Kino. Sie waren aufgeregt, weil sie ein Handfunkgerät geklaut hatten, das ein Pirat irgendwo liegen gelassen hatte. Sie sagten, sie hätten die Marine erreicht und einen privaten Kanal eingerichtet. Tony gab zu, dass er nicht genau wusste, wozu das überhaupt gut war, weil die Royal Navy nach wie vor nicht offen anzugreifen wagte, solange wir uns an Bord befanden. Doch es war beruhigend, dass es eine Verbindung zur Außenwelt gab, von der die Piraten nichts wussten. Die Marine hatte Nachrichten von Tonys, Damians und Felipes Familien übermittelt: Es ging ihnen gut, und die Angehörigen dachten an die Geiseln.
    Esme und Carrie hatten für mich eine Facebookseite eingerichtet, die inzwischen anscheinend hunderttausend Fans hatte. Ich hielt das für leicht makaber. Ich meine, so was macht man doch nur für Freunde, die schon tot sind.
    Den Tag verbrachte ich mit Felipe an Deck. Als ich nach draußen kam, wich er meinen Blicken anfangs aus. Was in ihm vorging, konnte ich leicht begreifen. Sein Leben war in Gefahr, aber wenn alles gut lief, würde uns Dads Geld freikaufen. Dies bedeutete aber auch, dass Felipe nicht viel zu sagen hatte, obwohl er gern ein Wörtchen mitgeredet hätte.
    Ich ging auf ihn zu, und er musste mich ansehen.
    »Dad und Tony wollten sich eigentlich gar nicht so bescheuert benehmen«, sagte ich.
    Felipe lachte überrascht.
    »Das habe ich auch nicht behauptet.«
    »Nein, aber du warst mit Recht wütend auf sie. Sie sollten dich stärker mit einbeziehen.«
    »Ja«, antwortete er nachdenklich. »Aber nicht nur sie. Auch Damian. Alle. Auch du.«
    »Ich?«, fragte ich entsetzt.
    »Du hast mit am Verhandlungstisch gesessen. Ich war nicht dabei. Du hast mir nichts erzählt.«
    Ich öffnete den Mund, schloss ihn wieder.
    »Entschuldigung.«
    »Schon gut«, antwortete er. »Es liegt eben an den Umständen. Wir hocken aufeinander, das Boot ist klein. Da flippen alle aus.«
    Jetzt war es an mir, überrascht zu lachen. Danach war der Bann gebrochen, und Felipe winkte mir, mich neben ihn zu setzen.
    Es war nett. Vorher hatte ich nicht viel mit ihm geredet, aber wie sich herausstellte, war er ein ganz annehmbarer Typ. In London warteten Frau und Kind auf ihn. Die Kleine war neun Monate alt.

Weitere Kostenlose Bücher