Nummer Drei: Thriller (German Edition)
zu tun war. Aus seinem Kobel holte es einen Fettbatzen, den es in die Sonne legte, bis sich das Fett erwärmte. Als es weich genug war, rieb es damit sein ganzes Fell ein.
Dann lief es zum Wasserloch. Es versuchte gar nicht erst, sich zu verstecken oder auf einen Baum zu klettern, sondern hüpfte ganz beherzt zum Wasser.
Der Löwe sah das Eichhörnchen kommen und verdrehte die irren Augen. Brüllend sprang er das kleine Geschöpf an und quetschte es zu Tode.
Das dachte er jedenfalls. Denn der Löwe bemerkte nicht, dass das eingefettete Eichhörnchen unter der Pfote wegrutschte und fortrollte. Als der Löwe triumphierend brüllte, sprang das Eichhörnchen hoch und landete im Maul des Löwen. Dann schlüpfte es durch die Kehle in den Bauch des verrückten Königs.
Unterdessen waren auch die anderen Tiere eingetroffen, die den Lärm gehört hatten, und blieben in sicherer Entfernung stehen.
»Oje«, meinte die Hyäne, als sie das triumphierende Brüllen des Löwen hörte. »Das Eichhörnchen ist tot.«
»Das wundert mich nicht«, meinte die Schildkröte.
Doch währenddessen rannte das Eichhörnchen im Innern des Löwen umher, biss und kratzte wie wild.
Auf einmal verdrehte der Löwe die Augen noch stärker als zuvor. Dann hielten die Augen inne, bis nur noch das Weiße zu sehen war, und der Löwe stürzte ins Gras. Das Eichhörnchen kletterte aus dem Maul des Löwen, sprang ihm auf den Kopf und tanzte darauf herum. Es war über und über mit Blut bedeckt.
»Preiset den König!«, rief es und leckte sich sauber.
Nachdem die Abmachung gekündigt war, verbrachten Tony und Dad im Esszimmer viel Zeit mit Ahmed und Nyesh, um die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Das bedeutete, dass ich der Stiefmutter kaum noch entgehen konnte, und dies wiederum bescherte mir eine ungeheuer vergnügliche Zeit. Du meine Güte.
Sie kam zu mir, als ich am Morgen die Dusche benutzte.
»Amy«, begann sie mit leiser Stimme, als wolle sie mir ein Geheimnis anvertrauen.
»Was is t ?« Sogleich ärgerte ich mich über mich selbst, weil ich meine Stimme unwillkürlich angepasst hatte. Ich kam mir vor wie in einem schlechten Theaterstück. Es ist wie ein Zauberbann. Wenn jemand mit Ihnen flüstert, dann flüstern Sie unwillkürlich zurück.
»Ich habe meine Periode.« Sie deutete auf sich, als könne ich es mit Worten allein nicht begreifen.
Ich starrte sie an.
»Oh«, sagte ich. »Na gut.«
Sie berührte mich am Arm.
»Mit deinem Dad kann ich nicht darüber reden.«
Ich begriff, was sie mit ihren Worten erreichen wollte. Sie versuchte ein Einvernehmen zwischen uns herzustellen, und ich krümmte mich innerlich.
»Wohl nicht«, antwortete ich, obwohl ich das eigentlich nicht glaubte. Ich meine, sollte man mit seinem Ehemann nicht über alles reden können?
»Das Problem ist – ich habe nichts dabei.«
»Hast du denn nichts mitgenommen?«
»Natürlich habe ich etwas mitgenommen«, antwortete sie leicht giftig. »Ich weiß nicht, was passiert ist. Anscheinend haben es die Piraten gestohlen.«
»Wirklich?«
»Ja. Warum auch immer.«
Hatte sie sich die Sache nur ausgedacht, um mit mir reden zu können, als wären wir zwei junge Mädchen? Aber abweisen konnte ich sie natürlich auch nicht.
»Keine Sorge«, beruhigte ich sie. »Ich habe Tampons in der Kabine.«
Auf dem Weg dorthin hielt Ahmed uns auf. Tagsüber durften wir die Kabinen betreten, aber die Piraten wurden misstrauisch, sobald sie zwei von uns zusammen entdeckten. Als könnten wir etwas aushecken.
»Wir brauche n … Sachen für Frauen«, erklärte ich ihm und deutete auf meine Kabine.
Er verstand, und es war ihm offensichtlich peinlich. Er winkte uns mit der Waffe weiter.
In der Kabine steckte die Stiefmutter die Tampons in die Tasche.
»Danke, Amy«, sagte sie. »Du hast mir das Leben gerettet. Hättest du vielleicht auch noch einen Beutel Kräutertee, eine romantische Komödie und ein paar Aspirin?«
»Die Schmerzmittel sind im Medizinschrank«, erwiderte ich und tat so, als bekäme ich von ihrem Wunsch nach einem stillen Einvernehmen nichts mit. »Ahmed erlaubt bestimmt, dass du dir welche holst.«
Damit ließ ich sie stehen, und sobald ich allein war, dachte ich nicht mehr an sie.
In meinen Gedanken war sowieso kaum Platz für andere, weil ein bestimmter Mensch dort zu viel Raum einnahm.
Ich dachte an Farouz. Nur an Farouz. Ich hasste ihn und bekam ihn trotzdem nicht aus dem Kopf. Ständig musste ich an ihn denken, als wäre er der Polarstern und mein Kopf
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