Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Nummer Drei: Thriller (German Edition)

Titel: Nummer Drei: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Lake
Vom Netzwerk:
kleinlaut.
    »Bitte«, fuhr Farouz fort, »wirf die Geige nicht weg, ja? Ich erkläre dir alles. Du wirst es verstehen, das verspreche ich dir. Wir treffen uns heute Abend hier, wo ich dir die Sterne und das Kamel gezeigt habe. Ja?«
    »Ich kann nicht«, wehrte ich ab. »Mein Dad.«
    »Du kannst dich nach draußen schleichen«, schlug er vor. »Wenn er schläft. Alles wird gut, da kannst du sicher sein.«
    Ich war wütend auf ihn, aber in der Art, wie er sprach, mit seinen grauen Augen im Morgenlicht, lag etwas ganz Besonderes. So gern ich ihm auch gesagt hätte, wohin er sich seine Versprechungen stecken solle, ich brachte kein Wort über die Lippen und nickte nur. Ich vertraute ihm.
    Ich war eine Närrin. Nicht weil ich ihm nicht hätte trauen sollen. Nicht wegen der vergangenen, sondern wegen der darauffolgenden Ereignisse.
    Hätte ich nicht genickt, sondern geflucht, hätte ich die Geige ins Meer geworfen und wäre gegangen, ohne mich umzusehen, wäre vieles vielleicht anders verlaufen.
    Vielleicht hätte dann niemand sterben müssen.

30 Mein Dad schnarchte, die Stiefmutter hatte sich an seine Schulter gekuschelt. Sie hielten Händchen, was ich eklig fand. Es war schon schlimm genug, dass die Stiefmutter in unserem Haus in London die ganze Zeit in der Nähe war, aber es war noch schlimmer, sie anstelle meiner Mom hier zu sehen, wie sie sich nachts an meinen Dad schmiegte.
    Tony lag schwer atmend auf dem Sofa.
    Ich stand von dem Lehnsessel auf, in dem ich geruht hatte, und bewegte mich vorsichtig durch den Raum, tat einen Schritt, hielt den Atem an und sah mich um.
    Dad schnarchte weiter.
    Der Raum war dunkel, nur in einer Ecke, wo Felipe eine Zeitschrift gelesen hatte, brannte eine Lampe. Auch er schlief inzwischen. Ich huschte zur Tür und wich den Hindernissen auf dem Boden aus – abgestreifter Kleidung. Damian schlief auf dem Bauch auf einem Berg Sofakissen. Ich fühlte mich unbeholfen, aber auf dem dicken Teppich machten meine Füße keine Geräusche.
    Das Kino schien einen ganzen Kilometer lang zu sein, obwohl es in Wirklichkeit höchstens zwanzig Schritte waren. Überzeugt, mein Dad habe sich aufgerichtet, wandte ich mich noch einmal um. Wenn er mich bemerkte, ging ich eben zur Toilette.
    Ich legte die Hand auf den silbernen Türknauf und drehte ihn herum. Er gab ein kaum hörbares Quietschen von sich. Wieder sah ich mich nervös um.
    Niemand rührte sich.
    Ich zog die Tür einen Spaltbreit auf.
    Sie knarrte entsetzlich.
    Verdammt. Ich verharrte reglos und lauschte. Mein Dad hatte zu schnarchen aufgehört. Ich beobachtete ihn im Zwielicht. Dann hörte ich ein Rasseln, und das Schnarchen setzte wieder ein. Mit brutaler Wucht strömte die Luft in meine Lungen.
    Zähneknirschend öffnete ich die Tür etwas weiter, zwängte mich schließlich hindurch und hielt sie fest, damit sie nicht zuknallte.
    Als ich auf das Deck trat, standen natürlich schon die Sterne am Himmel. Anscheinend gab es hier niemals Wolken und Regen. Wie konnte hier überhaupt etwas wachsen? Ich verstand, warum Farouz gesagt hatte, alle somalischen Geschichten handelten vom Hunger. Sogar die Geschichte vom Eichhörnchen und vom Löwen – denn der Löwe hatte doch das Eichhörnchen gefressen, oder?
    Ich setzte mich auf eine der Sonnenliegen. Im Dunkeln hatte ich ein Top von All Saints angezogen, das mir gefiel, und einen Fünfzigerjahre-Rock, den ich in der Brick Lane gekauft hatte. Schon gut, es war dumm, dass ich mich so aufgebrezelt hatte, und komisch war es, weil ich immer noch so wütend war. Aber was sollte ich machen?
    Ich musste nicht lange auf Farouz warten. Inzwischen erkannte ich seine Schritte und den Rhythmus, mit dem er ging. Hoffentlich wurde im Kino niemand wach, weil er zur Toilette musste und bemerkte, dass ich fehlte. Wegen der Piraten machte ich mir keine Sorgen. Die meisten Wächter mit Ausnahme von Ahmed und Farouz waren gewöhnlich mit Khat zugedröhnt, betrunken oder ausgelaugt, nachdem sie diese schreckliche Mischung aus Kaffee und Zucker getrunken hatten, von der sie anscheinend abhängig waren.
    Also war ich allein, bis Farouz kam. Er sagte leise und gedehnt »Hallo«, als wolle er niemanden aufschrecken, und dann war ich nicht mehr allein.
    Er setzte sich auf die Sonnenliege neben meiner. Sein Gesicht war wie immer in Rauch gehüllt. Er spielte mit seiner Waffe, wollte etwas sagen, hielt inne, begann noch einmal.
    »Ic h … ich habe Ahmed gesagt, dass ich den gleichen Anteil wie vorher haben will«, erklärte er

Weitere Kostenlose Bücher