Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden
es herausgefunden.« Der rotgesichtige Joseph schwankte zwischen Wut und Tränen. »Sie haben gesagt, es sei in Ordnung.«
»Ich habe nichts dergleichen gesagt, Joseph, das wissen Sie ganz genau.«
»Und Sie wussten, dass er es getan hatte, Mann, und haben kein Wort gesagt.« Anklagend sah Donna mich an.
»Wir haben uns einfach noch nicht gesehen, seit ich es herausgefunden habe«, sagte ich zu ihr und hielt ihr die Hand hin, um sie zu beruhigen. Ich hatte das Buch ganz vergessen. »Es reicht jetzt, und das gilt für alle.« Die anderen Mädchen hatten einen kleinen Kreis um uns gebildet. »Gehen Sie jetzt bitte zurück ins Büro.« Ich machte mit den Händen eine Geste, als würde ich Gänse verscheuchen, und so trollten sie sich schön langsam.
»Sie dürfen es ruhig wissen«, meinte Donna trotzig. »Das ist schließlich ihr gutes Recht.«
»Donna!« Sallys Stimme klang scharf. »Los, kommt. Die Fütterungszeit ist vorüber.« Wie ein Schäferhund trieb sie sie zusammen und führte sie über die Straße.
Ich drehte mich wieder zu den beiden Streithähnen um. »Ich wollte unter vier Augen mit Ihnen darüber sprechen, Donna.«
Ich verstand gut, warum sie sich aufregte - sie war sehr ehrgeizig und hatte hart gearbeitet, um so weit zu kommen. Sie hatte ein schweres Leben und brauchte den Erfolg. Wie ich, als ich nach etwas suchte, das die Leere in meinem Leben ausfüllen sollte. Aber es ging dann doch etwas zu weit, sich deswegen auf der Straße lautstark in die Haare zu kriegen.
»Und wozu? Warum können wir all das nicht vor den Augen und Ohren der anderen besprechen?«, stichelte sie weiter. »Oder sollen wir lieber zusammen etwas trinken gehen, Maggie? Und darüber reden wie zivilisierte Menschen?«
»Donna …«
»Werfen Sie mich raus, Maggie. Ich meine es ernst«, fuhr Joseph Blake dazwischen. »Es ist mir egal. Ich wollte sowieso weg. Ich hasse euch alle.« Jetzt weinte er tatsächlich. Die Tränen strömten nur so über seine weichen, dicklichen Wangen. Seine blonde Tolle bebte, während er weiterschluchzte.
Donna starrte ihn fassungslos an. Die Bauarbeiter auf dem Gerüst über uns fingen laut an zu johlen.
»Klappe!«, schrie ich zu ihnen hinauf, doch das machte keinerlei Eindruck auf sie.
»Ihr wolltet mich nie haben«, jammerte Joseph. »Keiner von euch … außer Maggie. Und Sie sind eine verdammte Verliererin, Maggie.«
»Danke für das Kompliment.« Ich fühlte mich, als habe er mir eine Ohrfeige verpasst. »Und wieso glauben Sie das?«
»Warum tun Sie nur immer so? Ich weiß, dass Sie an Sam denken. Und wie Sie alles vermasselt haben.« Jetzt sah er nahezu hysterisch aus.
Meine Miene versteinerte. Ich atmete tief durch. »Ich will nicht über Sam sprechen. Nicht mit Ihnen. Mit niemandem hier.«
»Sie haben nur Glück, dass mein Onkel nichts davon weiß.«
»Komm schon, Junge.« Donna hatte beschwichtigend die Hände erhoben, die Kristalle auf ihren Nägeln glitzerten. Sie trat einen Schritt auf Joseph zu. »Beruhigen Sie sich. Jetzt gehen wir schön hinein und reden darüber.«
»Verpiss dich«, zischte er bösartig. Seine Stimme war im Verkehrslärm kaum zu hören. »Ich meine es ernst. Verpisst euch bloß. Ich brauche euch nicht. Ihr seid schlecht. Das ganze Fernsehen ist schlecht. Ich hätte auf meine Eltern hören sollen.«
»Wieso? Was haben Ihre Eltern denn gesagt?«, fragte Donna neugierig.
»Sie sagen, mein Onkel ist nur deshalb so ein übler Typ, weil das Fernsehen seine Seele verdorben hat.«
»Nun, Philip Lyons hat schon was von einem Teufel«, grinste Donna. »Aber eine verdorbene Seele? Das ist doch ein bisschen starker Tobak. Sind Ihre Eltern auf dem Gottestrip oder so etwas?«
»Machen Sie sich nicht über meine Eltern lustig«, fauchte Joseph jetzt. »Ich meine es ernst: Lassen Sie das.« Einen Augenblick lang dachte ich, er würde Donna schlagen, aber er tat es nicht. Er ballte nur die Fäuste und drehte sich auf dem Absatz um.
»Ganz ruhig, Mann.« Ein stämmiger australischer Tourist wich Blake aus, als der Junge mit einem seltsam trampeligen Gang plötzlich losstürmte. »Wo brennt’s denn?«
Ich sah Donna an, die wirklich entsetzt schien. »Es tut mir leid«, meinte sie, immer noch ein klein bisschen widerspenstig. »Ich hätte nichts gesagt, wenn ich gewusst hätte … Mir war nicht klar, dass er so reagieren würde.«
»Nein«, ich sah ihm nach. »Mir auch nicht.«
Kapitel 30
Seb war entsetzt, als ich ihm erzählte, was in der Wohnung geschehen
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