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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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Alex klammern. Und wenn ich es täte, käme alles wieder in Ordnung.
    Alex setzte sich neben mich. Digby sah selig zu ihm auf.
    »Du wirst immer mein Problem sein, Mag«, sagte er ruhig, wobei seine langen, gebogenen Finger mit den seidigen Ohren des Hundes spielten.
    »Wieso denn das?« Ich pulte die farbig bedruckte Schicht vom Bierdeckel ab.
    »Weil«, meinte er und rieb sich müde das markante Gesicht. »Weil du meine beste Freundin bist.«
    »Wirklich?« Ich starrte in mein Glas. Mein Herz schlug Purzelbäume. »Nun, du bist kein besonders guter bester Freund, Alex.« Ich sah ihn wieder an. »Genauer gesagt bist du ein extrem schlechter bester Freund. Du hast praktisch meine Karriere ruiniert.«
    Er sah mich an, und ich sah ihn an. Es war, als wäre die Verbindung zwischen uns wieder da, genau wie früher. Ein merkwürdiges Gefühl. Ich versuchte verzweifelt, mich an all die schwarzen Tage zu erinnern, die ich mit ihm erlebt hatte, die brutalen Auseinandersetzungen, die tiefe Verzweiflung, aber …
    Alex nahm meine Hand in seine. Die Haut an den Fingerspitzen war hart, genau so, wie ich sie in Erinnerung hatte. Sie war am Zeigefinger leicht verdickt, da, wo er beim Zeichnen auf den Bleistift drückte, weil er ihn immer viel zu verkrampft hielt. Dazu noch allerlei kleine Narben und Kratzer, weil er nie richtig aufpassen konnte. »Kalt wie immer«, murmelte er und drehte meine Handfläche nach oben. Ich fühlte mich eigenartig, so als würde ich mich verlieren.
    Und dann stand plötzlich mein Vater vor uns.
    »Maggie, Liebes.« Seine Augen fanden die meinen, sein langes Gesicht wirkte fassungslos. Sein Anorak war feucht vom Nebel und von dem leichten Nieselregen, der draußen niederging. Er sah mit einem Mal alt aus, und ich fühlte mich schuldig, weil ich ihm ständig solche Sorgen bereitete.
    Alex stand auf. »Hallo, Bill.« Er schüttelte meinem Vater die Hand.
    »Alex. Danke, dass du dich um sie gekümmert hast.«
    Ich schnaubte ärgerlich. »Ich bin doch kein Kleinkind, weißt du.« Die Art und Weise, wie sie beide auf mich herabblickten, ließ mich allerdings selbst an meinen Worten zweifeln.
    »Soll ich Ihnen etwas zu trinken holen?«, fragte Alex meinen Vater. Hörte ich da Hoffnung in seiner Stimme?
    »Nein, besser nicht. Trotzdem vielen Dank. Ich möchte dich nach Hause bringen, Maggie. Ich parke in zweiter Reihe.« Geistesabwesend klopfte er Alex auf die Schulter. »Ein andermal, mein Junge. Ich warte im Auto auf dich, Mag.«
    Mein Vater kehrte zu seinem Wagen zurück, während Alex auf die Toilette ging und ich mein Glas leerte. Der Marktstandbesitzer mit der Drahthaarfrisur hatte sich inzwischen warm geredet. »Das läuft doch immer gleich bei diesen Mittelschichtidioten«, sagte er laut zu seinem Gegenüber und wischte sich den Bierschaum vom Mund. »Kaum hast du den Hummerpreis erhöht, kaufen sie nur noch ein paar schäbige Makrelen.«
    Ein paar Mittelschichtidioten, die über ihrem Viertelliter Cider die anheimelnde Marktatmosphäre genossen, sahen irritiert auf. Der andere Mann stimmte zu.
    »Da hast du schon Recht. Allerdings geben sie zum Glück immer noch mehr aus als diese verdammten Japse. Und sie fotografieren dich nicht in einem fort. Hast du mal fünfzig Pence für die Maschine, Fred?« Er steckte das Geld in den Schlitz, zog an den Hebeln, und schon erklang das Geräusch fallender Geldstücke, das einen Gewinn signalisierte.
    Ich griff nach meiner Tasche. Der Riemen hatte sich um Alex’ Aktentasche gewickelt. Ich zog, um sie loszumachen, da öffnete sich plötzlich Alex’ Tasche auf dem samtigen Sitz. Ein paar Hochglanzfotos von einem Apartmentkomplex in Chicago fielen heraus, einige technische Zeichnungen, die Alex in seiner kringeligen Schrift kommentiert hatte. Eine Skizze, die allerdings auf dem Kopf stand. Von einer Frau. Einen Augenblick lang dachte ich, dass ich das sein könnte. Dann erklang wieder das Geräusch der fallenden Münzen, und in der nächsten Sekunde war Alex schon hinter mir. Er riss mir die geöffnete Aktentasche aus der Hand und steckte die Skizze wieder hinein.
    »Autsch, das hat wehgetan.«
    Er drehte sich um, die Aktentasche klappte wieder auf, und ein Schlüsselbund fiel auf den Tisch zwischen uns.
    Jene Schlüssel, von denen Alex Inspektor Fox gegenüber behauptet hatte, er habe sie nicht mehr. Die Schlüssel zu meiner verwüsteten Wohnung. Alex nahm sie an sich, während ich ihn entgeistert anstarrte. Dann schnappte ich mir Digbys Leine und fing zu laufen

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