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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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war. Als ich an meinen Schreibtisch zurückkehrte und mich fragte, ob ich Joseph nicht besser gefolgt wäre, fand ich eine Nachricht von Seb auf meinem Anrufbeantworter. Er nannte mir eine Adresse im Künstlerviertel Notting Hill. »Sei um neun Uhr da, Süße«, meinte er. »Und komm nicht zu spät. Ich werde dich ein wenig aufheitern.«
    Auch Charlie hatte sich auf dem Anrufbeantworter verewigt: »Du hast im Le Caprice einen echten Leckerbissen verpasst. Ein göttliches Tatar. Ich hoffe, dir ist klar, dass die Show morgen ein Superding wird.« Seine Stimme wurde bei dem letzten Satz eine Oktave tiefer, woran ich merkte, dass er log. Offensichtlich hatte er dank mehrerer Kalorienbomben sein Gleichgewicht wiedergewonnen. »Also versau sie nicht, Maggie, okay? Dieses Mal nicht. Denk an deine schöne Dokumentarsendung!«
    Wütend legte ich den Hörer auf.
    Ich war gerade auf dem Weg in ein Meeting mit Renee, die ich noch über das morgige Programm informieren musste, als mich der Schlosser vom Schlüsseldienst endlich zurückrief. Er könne in einer halben Stunde in meiner Wohnung sein, das sei der einzige Termin, den er im Moment frei habe.
    Ich versetzte also die erboste Renee, sprang in ein Taxi und versuchte zu ignorieren, dass mir allein bei dem Gedanken, die Wohnung wieder zu betreten, der Angstschweiß auf die Stirn trat. Dort angekommen lehnte ich mich Kaffee trinkend an die Wand und aß ein Brownie, während ich dem schweigsamen Mann vom Schlüsseldienst zusah, wie er das Schloss austauschte. Ich blickte durch das Fenster in den Tortenshop. Dort hatte Alex mir zu unserem einjährigen Jubiläum einhundert Florentiner gekauft. Leider hatte Digby sie vor mir zu fassen bekommen. Die Erinnerung daran brachte mich zum Lachen. Dann schüttelte ich ärgerlich den Kopf und versuchte, an Seb zu denken, den ich heute Abend treffen würde. Da fiel mir ein, dass ich keine sauberen Sachen zum Umziehen hatte, nicht einmal die Unterwäsche hatte ich heute Morgen gewechselt.
    »Sind Sie noch einen Moment hier?«, fragte ich den Schlüsselmenschen und leckte mir die schokoladigen Finger ab. »Ich möchte nur schnell etwas aus der Wohnung holen.«
    Er nickte schweigend. Also drückte ich mich an ihm vorbei und stieg die Treppe hinauf. Immerhin hatte jemand den Müll weggeräumt, sodass es nicht mehr so faulig roch wie gestern, doch die Wohnung sah immer noch katastrophal aus. Es trieb mir Tränen in die Augen, als ich über die irdenen Scherben der Schale stieg, die meine Mutter gemacht hatte. Fast ohne es zu merken, ballte ich die Fäuste. Ich musste mich beeilen.
    Ich warf einen Blick hinunter auf den Mann vom Schlüsseldienst, dann ging ich hinauf in das obere Stockwerk. Etwa in der Mitte der Treppe hörte ich ein Geräusch.
    »Sind Sie noch da?«, rief ich zu dem Mann hinunter.
    »Ja, Madam«, antwortete er. »Ich bin noch hier.«
    Ich ging ins Badezimmer und schnappte mir meinen Kulturbeutel, in den ich alles stopfte, was ich irgendwie brauchen konnte. Danach holte ich mir aus dem Gästezimmer, das der Eindringling unberührt gelassen hatte, eine der Reisetaschen, die Gar mir zum 21. Geburtstag geschenkt hatte, griff mir ein paar Pullis aus der Kommode und ging ins Schlafzimmer.
    Ich glaube nicht, dass ich je zuvor wirklich laut aufgeschrien habe. Es war eine Instinktreaktion. Hinterher schmerzte mein Hals. Dabei hörte ich mich selbst gar nicht schreien, weil das Blut mir so laut durch die Adern zu rauschen schien …
    Der Schlosser kam die Treppe heraufgelaufen. »Alles in Ordnung, Madam?«
    »Ja, ja. Es geht schon«, stotterte ich schließlich. »Können Sie vielleicht einen Moment bleiben?«
    Joseph Blake lag auf dem Bett. Joseph Blake lag auf meinem Bett, halb nackt. Er hatte mein langes grünes Kleid über sich gezogen, das ich auf Bels Abschiedsparty getragen hatte. Neben der Bettdecke lag eine leere Flasche Wodka.
    Als er meinen Schrei hörte, öffnete er die Augen. Nun setzte er sich langsam auf und kicherte. Seine gummiartigen Bewegungen zeigten, dass er total betrunken war. Er sah mich an, sein Kopf wackelte auf dem dünnen Hals. Die vorstehenden Augen hatte er zusammengekniffen. Wieder kicherte er.
    »Hallo, Maggie. Wissen Sie …«, fing er an. Er sprach präzise, wobei sein Gesicht langsam alle Farbe verlor. »Wissen Sie, Sie hätten mich wirklich nicht einfach links liegen lassen sollen. Das ist nämlich eine Sünde.«
    Dann drehte er sich zur Seite und kotzte wie in Zeitlupe auf mein Kissen.
     
    Ich wusste

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