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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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des steinernen Beckens bedachte er mit wütendem Bellen.
    »Digby!« Ich lief auf die hohen Glastüren zu, die auf die Terrasse führten.
    »Ich hatte gar nicht erwartet, dich so bald wiederzusehen, Maggie.« Diese Stimme, wie Nägel auf Sandpapier. Ertappt fuhr ich auf. »Kann ich helfen?«
    »Ich bin …«, ich hüstelte künstlich, während ich mich langsam umdrehte, »… gekommen, um den Hund abzuholen. Meinen Hund.«
    »Und das hast du mit meinem Sohn abgesprochen, nehme ich an?« Malcolm schlenderte mit den Händen in den Hosentaschen lässig auf mich zu. Seine Brust war mindestens ebenso geschwellt wie die der Tauben, die Digby im Garten jagte.
    Ich starrte ihm ins Gesicht. »Nein, eigentlich nicht.«
    »Nun, dann solltest du das tun, oder?«
    Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass mein früheres Leben vor meinen Augen ablief, wie man das immer von Ertrinkenden behauptet.
    »Warum sollte ich? Alex hat sich nicht im Geringsten für Digby interessiert, als er mich verließ.«
    »Er verließ dich? Die Geschichte kenne ich aber anders.«
    »Wie bitte?« Ich sah ihn verwirrt an.
    »Ich dachte, du hättest ihn verlassen. Und ich denke, du solltest den Hund hierlassen.«
    »Hör mal, Malcolm, warum interessiert dich das überhaupt? Du bist zu Alex sowieso nur ekelhaft …«
    »Ekelhaft?« Sein starkes, grausames Gesicht verfinsterte sich.
    »Ja, ekelhaft.« Ich ging auf die Glastür zu, auf meinen Hund. Dann drehte ich mich um. »Ehrlich gesagt würde mich mal interessieren, weshalb du deinen ältesten Sohn so sehr verachtest? Ich begreife das nicht. Vor allem, wo er dich doch so offensichtlich verehrt.«
    »Ich verachte ihn nicht«, gab er mit finsterem Blick zurück.
    »Doch, das tust du. Du benimmst dich jedenfalls so.«
    Malcolm fixierte mich. Es war sicher das erste Mal, dass er Widerspruch zuließ. »Ich bin nur einfach enttäuscht«, sagte er langsam. »Er hatte alle Chancen, die ich nie hatte. Er hatte die beste Erziehung, die man für Geld bekommen konnte …« Er hörte sich so gerne selbst reden.
    »Und diese Erziehung hat sich ja auch bezahlt gemacht.«
    »Vielleicht«, antwortete er achselzuckend. »Vielleicht bin ich nur so hart, weil ich es selbst als Kind so schwer hatte … das hat mich geprägt. Wenn du die Prügel mitbekommen hättest, die mein Vater meiner armen Mutter regelmäßig verabreichte …«
    Ach, schon wieder diese alte Leier. Was diesen ganzen »Ich bin ein Kind der Arbeiterklasse«-Mist anging, war Renee die Einzige, die es mit Malcolm aufnehmen konnte. Ich hatte das Gefasel wirklich satt.
    »Und jetzt bestrafst du Alex für das, was du in deiner Kindheit erlebt hast?«
    Jetzt hatte Digby uns entdeckt und stürzte voller Elan laut bellend auf uns zu. Ich öffnete die Tür und kniete mich nieder, damit er mit seiner dicken rosa Zunge mein Gesicht lecken konnte.
    »Weißt du, Malcolm, nichts ist wichtiger als die Liebe der Eltern. Auch ich habe das auf die harte Weise lernen müssen. Und Alex braucht dich.«
    »Braucht mich?«, schnaubte er. »Er ist zweiunddreißig!«
    »Ja, er braucht dich.« Ich stand auf. »Du bist sein Vater.«
    Ich hatte Malcolm noch nie um Worte verlegen erlebt.
    »Es macht mich verrückt, wenn ich zusehen muss, wie er sich selbst zerstört.« Seine Stimme war jetzt rau, aber trotzdem ruhig, beinahe sanft. Den Bruchteil einer Sekunde lang nahm ich den Menschen hinter der Fassade wahr.
    »Glaubst du nicht, dass du vielleicht auch ein klein bisschen dafür verantwortlich sein könntest?« Ich nahm Digby auf den Arm. »Schließlich versucht er nur verzweifelt, das riesige Loch zu füllen, das deine Verachtung in ihm hinterlassen hat. Dummerweise füllt er es nicht mit den richtigen Dingen auf.«
    Die Haushälterin erschien und trippelte wie eine verängstigte Maus durch den Raum. »Mrs Bailey antwortet nicht am Telefon. Können Sie bitte …«
    Malcolm hob seine kräftige Hand. Dicke Haare ringelten sich auf seinen Fingern. »Ist schon in Ordnung, Gemi. Maggie kann den Hund mitnehmen. Ich regle das mit meiner Frau.«
    »Oh.« Gemi sah erleichtert aus. »Danke, Mr Bailey.«
    Ich musterte Alex’ Vater und fragte mich, ob meine Worte ihn tatsächlich irgendwie berührt hatten. »Gleichfalls danke, Malcolm. Komm, Dig. Wir laufen uns sicher mal wieder über den Weg.«
     

Kapitel 35
    Nachdem ich Malcolms Haus verlassen hatte, fuhr ich zu Gar. Irgendwie kam es mir so vor, als verabschiede ich mich von allen. Ich hatte das Gefühl, auf der Flucht zu sein … während das

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