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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Seeber
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wegzukommen.
    »Sieht so aus, als wären es diesmal nur du und ich, Kumpel.« Ich ließ den Wagen an, dachte sehnsüchtig an Seb und das letzte Wochenende. Wieder eine Gelegenheit zum Glücklichsein verpasst. Dann verbannte ich die Erinnerung aus dem Gedächtnis und machte mich auf den Weg quer durch London zur Autobahnauffahrt auf der anderen Seite der Stadt. Der Himmel trug die orangefarbenen Flecken einer hell erleuchteten Stadt auf seiner samtigen Oberfläche. Für Donnerstagabend war ganz schön viel los, in den Straßen heulten Motoren und Martinshörner.
    Schließlich ließen wir den Stadtverkehr hinter uns. Wir schossen an der Themse entlang, der Fluss zeigte uns seine ölig glänzende schwarze Flanke. Das Parlament auf der anderen Seite des Flusses sah aus wie ein Gebäude aus einem Gruselfilm. Wir fuhren die Nine Elms Lane entlang, dann weiter Richtung Chelsea Bridge. Als wir am Hundeasyl vorüberkamen, jammerte Digby ein wenig und schob seine kalte Schnauze in meine Hand.
    Am Kreisverkehr merkte ich mit einem Mal, wie nah ich dem Ort war, an dem Seb sich nach der Arbeit entspannte. Vielleicht sollte ich schnell auf einen Sprung hineinschauen und mich von ihm verabschieden. Ich zögerte, doch dann begann der Lieferwagen hinter mir zu hupen. Das große Pub war leicht zu finden - das Latchmere. Über dem Pub waren Theatersäle. Tatsächlich war die Produktion schon groß angekündigt: Was ihr wollt. Ich sah mir die Fotos an. Den langgezogenen Schriftzug, Sebastians grimmiges Gesicht neben dem eines Mannes, der ein echter Spaßvogel zu sein schien. Eine große Frau mit zurückgekämmtem Haar, die einen schwarzen Schleier trug. Mit einem Mal musste ich lachen. Sicher war es nicht die große Produktion, die ich erwartet hatte, aber immerhin spielte er tatsächlich in dem Stück!
    Ein Polizeiauto raste vorbei und hätte fast eine Joggerin überfahren, die trotz der Dezemberkälte nur eine kurze Hose und ein enges Top trug. Sie presste eine Flasche Cider an ihre mageren Rippen und überquerte die Straße im Laufschritt. Während sie lief, tanzten ihre großen goldenen Ohrringe auf und ab. Ich fror schon beim Zusehen. Das hell erleuchtete Pub hatte in der kalten städtischen Nacht etwas von einer heimeligen Oase. Durchs Fenster sah ich Leute lachen, scherzen, sich zuprosten, alle konzentriert ins Gespräch versunken. Dort spürte man Leben. Zwei Männer küssten sich leidenschaftlich. Dann sah ich Seb und eine große, schlanke Frau mit zerzaustem Haar, die sich vorbeugte und ihm ein Glas Bier in die Hand drückte. Im nächsten Moment war er wieder außer Sicht.
    Angesichts dieses fröhlichen Trubels fühlte ich mich wie ein Außenseiter. Noch nie war ich mir so isoliert vorgekommen. Es war besser, ich ging. Da saß ich nun im Auto und sah den anderen beim Leben zu, als sei ich der Stalker. Als Digby zu winseln und zu schnüffeln anfing, beschloss ich, doch kurz hineinzusehen. Nur auf einen kleinen Drink. Wegzehrung, sozusagen.
    Ich sah mich nach einem Parkplatz um. Unter der Eisenbahnbrücke zeichnete sich eine schmale Seitenstraße ab. Ich bog gerade ab, als eine kleine Gestalt mit übergezogener Kapuze ohne Vorwarnung direkt vor meine Kühlerhaube trat. Entschlossen trat ich auf die Bremse, doch während der Wagen noch schlingerte, war die Gestalt schon wieder in den Schatten unter der Brücke verschwunden, ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen.
    Mein Herzschlag hatte fast ausgesetzt. Es konnte einfach nicht sein.
    Ich sprang aus dem Wagen und schrie ihren Namen, aber sie war schon verschwunden.
    Entsetzt stand ich da und starrte der Gestalt nach. Ich blockierte zwei Spuren mit meinem Wagen, irgendwo hinter mir hupte ein Fernlaster wie verrückt, doch ich verharrte wie angewurzelt. Dann fing Digby an zu bellen, und ich erwachte aus meiner Trance. Ein Krankenwagen mit der Nummer 44 rollte auf der anderen Fahrbahn auf mich zu.
    Ich war sicher, in der Gestalt Fay erkannt zu haben.
     

Kapitel 36
    Mein Mund war so trocken, als hätte ich tagelang die Wüste durchwandert. Ich parkte den Wagen mehr schlecht als recht hinter einem metallicfarbenen BMW, der Seb hätte gehören können. Fast wäre ich noch hinten aufgefahren. Zitternd suchte ich nach meinen Zigaretten. Dieses Mädchen war wirklich ein Albtraum.
    Ich wusste nicht, was genau ich tun sollte, aber etwas musste geschehen. Da fing mein Handy an zu klingeln, und ich fuhr zusammen.
    »Maggie.« Es war Inspektor Fox.
    »Was für ein Zufall.« Meine Stimme

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