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Nur 15 Sekunden

Nur 15 Sekunden

Titel: Nur 15 Sekunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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würde gleich am nächsten Tag hingehen und meine Lage schildern, falls nötig auch eine Notfallbescheinigung verlangen. Zum Teufel mit allen Vorsichtsmaßnahmen: Sollte Joe mir doch ruhig folgen, wenn er wollte. Ich hoffte sogar, dass er es tat. Was wohl passieren würde, wenn er direkt vor der Hauptstelle der Polizei auf mich losging?
    Bevor ich das Gespräch beendete, fragte ich Jess, ob er schon etwas Neues von Courtney wisse.
    «Sie wohnt in Manhattan», sagte er, «und fällt leider nicht in meinen Zuständigkeitsbereich. Aber ich habe die Kollegen bereits informiert. Sie gehen der Sache nach.»
     
    Als Ben aus der Schule kam, winkte er als Erstes fröhlich unserem neuen elektronischen Auge zu, der Überwachungskamera, die deutlich sichtbar über der Eingangstür angebracht war. Ich sah ihn auf dem Monitor in der Küche. Er schloss die Tür mit seinem Schlüssel auf, dann hörte ich ihn und Rich draußen in der Diele reden.
    «Hey, cool, was ist das denn?»
    «Das Bedienungsfeld der Alarmanlage, würde ich sagen.»
    «Vielleicht erklären Sie mir mal, was hier eigentlich los ist, Mr.   Salter? Meine Mom sagt ja kein Wort.»
    «Ich glaube, dann solltest du sie mal ganz direkt fragen.»
    «Wozu denn? Sie wird mir nichts sagen. Sie behandelt mich doch wie ein kleines Kind.»
    «Das dürfte daran liegen, dass du noch ein Kind bist», warf ich ein und trat aus der Küche hinaus in die Diele zu meinen beiden lebenden Lieblingsmännern. Ich gab Ben einen Kuss auf die Wange, obwohl er versuchte, mir auszuweichen. An manchen Tagen ließ er sich bereitwillig küssen, an anderen nicht, aber den Versuch war es immer wert.
    «Vielen Dank, Rich.»
    «Keine Ursache. Dann bis morgen, Ben.»
    «Kommen Sie denn nicht mehr mit rein?» Ben drehte sich zu mir um. «Das kommt auch noch dazu. Weißt du, du und Mr.   Salter   … was soll das? Ich weiß doch, dass ihr zusammen seid. Warum tut ihr ständig so, als ob nichts wäre?»
    «Du hast schon recht, Schätzchen. Wir sind zusammen. Aber jetzt möchte ich gern mit dir allein reden.»
    Bens Blick wanderte zwischen mir und Rich hin und her. Er kannte diesen Ton von mir, der immer bedeutete, dass seine Mutter ein ernstes Wort mit ihm reden wollte, und das gefiel ihm überhaupt nicht.
    «Mom, hast du ’ne Ahnung, wie viel Hausaufgaben ich habe?»
    «Nochmals vielen Dank, Rich», sagte ich. «Wir hören uns später.»
    Richs Blick ruhte voll Liebe und Verständnis auf mir, bevor er sich zur Tür wandte. Er wusste, was mir jetzt bevorstand: Ich musste meinem Sohn sagen, dass seine geliebten Katzen tot waren.
    «Henrys Kleider stehen dir ziemlich gut.» Obwohl die Jeans etwas kurz war und das T-Shirt für eine Band warb, die nicht zu Bens absoluten Favoriten zählte, sah er ganz passabel aus für einen Dreizehnjährigen, der am Abend zuvor im Kino und dann die ganze Nacht und den Großteil des nächsten Tages nicht zu Hause gewesen war.
    «Was ist los, Mom?»
    «Setzen wir uns erst mal.»
    «Oh-oh   …»
    Im Wohnzimmer wollte ich ihn zu mir aufs Sofa ziehen, doch er setzte sich allein in einen Sessel.
    «Ich habe schlechte Nachrichten, Ben.»
    Er wandte den Blick von mir ab und richtete ihn auf den Couchtisch: Drei Zeitschriften lagen dort, ein kleiner Taschenventilator, dem ein Flügel fehlte, ein lilafarbenes Plektron, der Kaffeebecher, den ich schon den ganzen Tag benutzte, das Buch, in das ich mich zu vertiefen versucht hatte, ohne dass es mir gelungen wäre. Ben wandte den Blick von mir ab, die Augen, die Aufmerksamkeit, die Konzentration, das Herz, weil wir beide wussten, dass beim letzten Mal, als ich ein Gespräch mit diesen Worten begonnen hatte, sein Vater gestorben war.
    «Oma ist tot», sagte er.
    «Nein.»
    Jetzt kehrte sein Blick zu mir zurück, streifte mich kurz und wandte sich dann wieder ab.
    «Wo ist Mitzi?» Sie war seine Lieblingskatze. «Sonst kommt sie doch immer gleich an, wenn ich die Tür aufmache.»
    «Schätzchen   … Mitzi und Ahab sind von uns gegangen.»
    Nutzlose Worte. Als wären sie schlicht verschwunden, als hätten sie diese Welt freiwillig verlassen. Einfach so.
    Ben sagte nichts. Er saß nur da und tat, als hätte er nichts gehört. Doch über seine Miene wanderte ein Schatten, ein rasches Muskelzucken, ein Ausdruck reinster Trauer. Es verschwand so schnell, wie es gekommen war, wie der Hieb einer unsichtbaren Klinge, die keine Narbe als Zeichen der tiefen Wunde hinterlässt. Und doch spürte ich diese Wunde im eigenen Herzen, tief in meiner

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