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Nur 15 Sekunden

Nur 15 Sekunden

Titel: Nur 15 Sekunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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«Du brauchst keine Angst zu haben, Mom. Es wird sicher bald alles wieder gut.»
    «Ich habe doch gar keine Angst, Schätzchen», schwindelte ich.
    «Lässt du das Licht im Bad an?» Auch das war eine alte Gewohnheit aus früher Kindheit: ein schwaches Licht, das beruhigend vom Flur hereinschimmerte. Das Badezimmer unseres Hauses auf der Insel hatte ähnlich günstig zu seinem Zimmer gelegen wie dieses hier. Ich ließ seine Zimmertür angelehnt, schaltete das Licht im Bad ein und machte mich bettfertig.
    Ich lag im Dunkeln und versuchte einzuschlafen, trotz der Gedanken, die mir durch den Kopf wirbelten. Plötzlich klingelte das Telefon. Mein Puls raste, als ich auf das leuchtende Display schaute. Ich war ziemlich sicher, dass Ben bereits fest schlief – dennoch sprach ich leise.
    «Sara!»
    «Er hat mir eine Mail geschrieben, Darcy.» Sara flüsterte nicht. Aus ihrer Stimme klang dumpfe Entschlossenheit. «Du machst dir keine Vorstellung davon, was er mir alles geschrieben hat. Es war scheußlich.»
    «Großer Gott, Sara, das tut mir so leid. Er hat mir heute im Büro mein Notebook gestohlen. Aber weißt du, sie haben ihn gefeuert, nachdem er   …»
    «Kevin sagt, das muss aufhören.»
    «Aufhören?» Aber ich wusste im Grunde schon, woraufsie hinauswollte. Ihr Mann war der Ansicht, sie könne nicht mehr mit mir befreundet sein. Beim Klang ihrer Stimme, die mir so vertraut war, mich schon so oft getröstet hatte und mir nun diese ganze grässliche Situation auseinandersetzte, fing ich an zu weinen. Lautlos. Ich wollte Sara in ihrem Beschluss nicht noch mit Schuldgefühlen belasten.
    «Er hat den Kindern gedroht. Wir haben schon die Polizei benachrichtigt. Und alle sagen, ich muss den Kontakt zu dir abbrechen   … wenigstens eine Zeitlang. Süße, die kennen ihn hier bei der Polizei. Und sie sind froh, dass er nicht mehr auf der Insel ist.»
    «Ich auch», sagte ich, «wenn das dich und deine Kinder schützt.»
    «Verdammt, Darcy. Geh weg von dort.»
    «Aber wir sind doch gerade erst richtig angekommen. Ben fühlt sich wohl in der neuen Schule. Und Rich   … ich hatte ja noch gar keine Möglichkeit, dir von unserem Abend zu erzählen, aber es war wunderschön, und wir sehen uns wieder. Außerdem habe ich einen großartigen Job, so eine Gelegenheit bekomme ich so schnell nicht wieder. Ich bin gerade an einer unglaublich spannenden Geschichte dran   …»
    «Du und Hugo. Die Arbeit war immer das Wichtigste für euch. Aber ist das hier denn nicht viel wichtiger?»
    «Doch. Ist es. Unbedingt. Ich war heute bei der Polizei, und ich   …»
    «Kevin sagt, ich soll jetzt aufhören zu telefonieren. Es tut mir so leid, Darcy. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich dich vermissen werde.»
    «Doch, das kann ich. Mach’s gut, Sara. Ich hab dich lieb.»
    «Ich dich auch.»
    Sie legte auf, und ich vergrub das Gesicht im Kissen und weinte bis zum Morgen.
    Was sollte ich bloß ohne Sara tun? Seit mehr als acht Jahrenwar sie meine beste Freundin. Und seit Hugos Tod war sie der Mensch, der mir am meisten Halt gab.
    Joe. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich jemanden so sehr gehasst wie ihn.
    Die Bedrohung war wie eine gewaltige Flutwelle über mein Leben hereingebrochen, und wenn ich nicht fliehen wollte, blieb mir nichts anderes übrig, als mich zu ducken und zu versuchen, dem Sog standzuhalten. Schon einmal hatte ich mich wie von einer Naturgewalt bedroht gefühlt, die scheinbar aus dem Nichts gekommen war und mir den Boden unter den Füßen weggerissen hatte: in der Nacht nach Hugos Unfall, als ich in furchterregend freiem Fall zwischen Leben und Tod schwebte und an die letzten Augenblicke meines Vaters denken musste. Daran, wie ein Mensch im einen Moment noch am Leben sein und im nächsten schon nicht mehr leben kann. Jetzt hatte ich wieder dieses Gefühl, von gewaltigen Kräften zerrissen zu werden. Ich musste meine ganze Energie aufwenden, um mich an meinem Platz zu halten. Wie sollte ich das bloß ohne Sara schaffen?
    Doch irgendwie musste ich es schaffen. Ich war Mutter, ich hatte ein Kind, das ich lieben, großziehen, unterstützen und schützen musste. Ben sollte glücklich sein und sich sicher fühlen. Ich musste dafür sorgen, dass ich meinen Job behielt, damit wir weiterhin ein Dach über dem Kopf hatten. Aber vor allem musste ich Joe um jeden Preis von meinem Sohn fernhalten.
    Am nächsten Morgen brachte ich Ben zur Schule, ohne mir eine Rechtfertigung dafür zu überlegen. Er schien auch gar keine

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