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Nur 15 Sekunden

Nur 15 Sekunden

Titel: Nur 15 Sekunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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keine Sorgen. Ich erzähle dir alles morgen.»
    «Ich möchte es aber jetzt wissen. Was gibt’s Neues?»
    «Also gut. Die eine Firma, Perlotti Industries, gehört auch der Familie Tarentino, genau wie Metro Trucking. An Song Song Direkttransporte arbeite ich noch, aber irgendwie fühle ich mich inzwischen ein bisschen wie bei Malen nach Zahlen, wenn du verstehst, was ich meine.»
    «Ich habe im Internet geschaut, aber es gibt nichts Ungewöhnliches im Zusammenhang mit dem Schutzgeldprozess.»
    «Das ist auch noch zu früh. Falls da was gelaufen ist, zeigt sich das frühestens bei der Urteilsverkündung.»
    «Ja. Wahrscheinlich. Und die Knochen   …?»
    «Da gibt es gute Neuigkeiten. Gerade heute Morgen habe ich erfahren, dass die Stadtverwaltung den fraglichen Behälter vom Pearson Place hat abholen lassen. Anand hat es mir erzählt, er wusste allerdings nicht genau, wo sie ihn hinbringen. Ich warte noch auf ein paar Rückrufe. Das steht heute ganz oben auf meiner Liste.»
    «Aber er ist sicher, dass es jemand von der Stadtverwaltung war?»
    «Ja. Offenbar kannte er den Typen. Und der Papierkram war auch einwandfrei.»
    «Langsam kommst du der Sache näher.»
    «
Wir
kommen der Sache näher.»
    «Du bist richtig gut in so was, Courtney, mutig und zielstrebig. Ich weiß nicht, vielleicht sollte ich doch lieber bei meinen Umweltthemen bleiben.»
    «Hör mal, ich wäre die letzte Memme, wenn mich so ein Wahnsinniger stalken würde. Du hältst dich wirklich gut.»
    Ob sie das ernst meinte? Ich war mir nicht sicher. Aber es war in jedem Fall nett von ihr, es zu sagen.
    «Gut, ich gehe nach Hause. Aber heute Nacht nehme ich eine Schlaftablette, und morgen bin ich wieder voll da!»
    «Tapferes Mädchen!»
    «Frau.» Ich rang mir ein Lächeln ab. «Ich bin eine Frau. Und du übrigens auch.»
    Stan, der auf der anderen Seite neben mir saß, kicherte leise, was Courtney als Aufforderung verstand, zu seinem Schreibtisch zu gehen und ihn spielerisch in die Wange zu kneifen.
    Ich leistete mir ein Taxi nach Brooklyn. Um diese Zeit war kaum Verkehr auf den Straßen, und wir brausten am East River entlang, der grünlich blau unter dem bewölkten Himmel dahinfloss. An sonnigeren Tagen glitzerte der Fluss bezaubernd, doch an diesem Tag teilte ein trüber Strom dieStadt. Wir überquerten die Manhattan Bridge, und kurz darauf hatte ich das Polizeirevier erreicht.
    Wie zuvor rief die Frau am Empfang Jess durch die Gegensprechanlage und bat mich, kurz zu warten. Doch diesmal kam er nicht allein nach unten.
    «Darcy, das ist Angela, meine Frau.»
    Angela war klein, feingliedrig und leicht wie ein Vögelchen. Sie hatte große braune Augen und schwarze Locken, die ihr bis zu den Schultern reichten, und hielt zwei kleine Jungen an der Hand, die vielleicht drei und vier Jahre waren. Der eine hatte das Pech, seinem Vater zu ähneln.
    «Und das sind Ramón und Victor. Sagt der Dame guten Tag, Jungs.»
    «Guten Tag, Dame!», sagte der eine, und beide kicherten. Angela zog sie an den Armen. «Geht’s auch ein bisschen höflicher?» Dann wandte sie sich mit strahlendem Lächeln an mich. «Fünf Kinder, und keines hört auf mich. Was sagt man dazu?»
    «Aber ich höre doch auf dich,
mi corazón
», warf Jess ein.
    «Fünf Kinder», sagte ich. «Beeindruckend.»
    «Tja, wenn man lange genug verheiratet ist, kommen die Kinder ganz von allein.»
    «Wie lange sind Sie denn schon verheiratet?»
    «Neunzehn Jahre», sagte Angela. «Aber zusammen sind wir schon seit fünfundzwanzig Jahren.»
    «Eine ziemlich lange Verlobungszeit.»
    «Eigentlich wollte ich den Kerl ja gar nicht heiraten! Aber er ist ein guter Mann, und er arbeitet hart. Irgendwann hat er mich einfach kleingekriegt. Was sollte ich da machen?» Sie lächelte Jess an, und ich erkannte, dass sie seine Hässlichkeit gar nicht mehr wahrnahm. So etwas kommt mit der Zeit: Man sieht hinter das Blendwerk der äußeren Hülle eines Menschen.
    Dann ließ sie die Hände ihrer Söhne los, trat näher an mich heran, hob ihre kräftige, tadellos manikürte Hand an meine Wange und brachte ihren Mund dicht an mein Ohr. «Ich bin auch so zu ihm gekommen wie Sie, und er hat mir das Leben gerettet. Die Zeitungen haben alle darüber geschrieben. Das finden Sie im Internet. Damals hieß ich Angela Maria Cortez.»
    «Ist das für mich?» Jess griff nach dem Umschlag mit den Röntgenbildern, den ich in der Hand hielt. Es schien ihm nicht recht zu sein, dass seine Frau mich so vertraulich behandelte; immerhin

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