Nur aus Leidenschaft
wäre mein letztes Geschenk für sie, sagte er sich. Ich werde aus ihrem Leben verschwinden, und dieses Mal für immer.
Mit nackter Brust unter dem offenen Hemd stützte er sich seufzend auf das Fensterbrett und spähte durch die Scheibe. Ihm wurde zunächst nicht richtig bewusst, was er da sah, doch dann riss er ungläubig die Augen auf.
„Was in aller Welt..." Er drückte fast die Nase an die Scheibe, während er Carol beobachtete, die einen Rollstuhl in Richtung Reitplatz schob. Ihr rotes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden und leuchtete in der Sonne. Im nächsten Moment sah er die vier gesattelten Pferde, die am Zaun angebunden waren.
„Das gibt's doch nicht", murmelte Pete, doch dann erblickte er den Bus. Seine Augen wurden noch größer. Er zählte fünf, nein, sechs Rollstühle mit Kindern unterschiedlichen Alters, Jungen und Mädchen, die vor dem Bus in einer Reihe standen. Zwei Frauen wieselten um sie herum, rückten Kappen und Mütze n zurecht und überprüften die Bremsvorrichtungen.
Aus den Busfenstern schauten sechs weitere Gesichter, offenbar warteten noch mehr Kinder darauf, ausgeladen zu werden. Ein kleines Mädchen, kaum größer als der Rollstuhl, den es schob, mühte sich ächzend und stöhnend damit ab, ihn zum Reitplatz hinüberzuschieben. Der behinderte Junge in dem Stuhl lachte und klatschte in die Hände und war offensichtlich voller Vorfreude auf den Ritt.
Pete richtete sich auf und schluckte. Er konnte den Blick nicht von der ungewöhnlichen Szene wenden. Drei Erwachsene, ein winziges Kind und zwölf Behinderte! Und Carol wollte sie alle reiten lassen? Er rieb sich nachdenklich den Nacken und verließ zögernd seinen Aussichtsposten. Dann stieß er einen leisen Fluch aus und strebte zur Tür, wobei er sein Hemd zuknöpfte.
„Hallo, Kinder! Ihr habt Lust auf einen Ausritt, wie ich sehe?"
Carol erstarrte, als sie Petes Stimme hörte. Doch dann beschäftigte sie sich angelegentlich weiter damit, Jimmys Sitzgurt festzuschnallen.
Bitte nicht jetzt, Pete, bat sie innerlich. Bitte nicht ausgerechnet jetzt.
„Ah, hallo!" ließ Madeline sich sofort vernehmen. „Sie sind bestimmt Pete."
Carol lachte auf. Sie dachte an Madelines kaum verhohlene Bewunderung für Petes Körper, als er sich neulich halb nackt am Fenster produziert hatte. Obwohl sie sich gleichgültig geben wollte, schaute sie zum Bus hinüber, wo Pete soeben seinen Hut zog und sich schwungvoll verbeugte.
„Jawohl, Ma'am, höchstpersönlich. Und mit wem habe ich die Ehre?"
„Madeline. Madeline Moore. Ich habe Sie vor ein paar Tagen am Fenster gesehen, als Sie diesen grässlichen Radau veranstalteten. Sie hatten kein Hemd an, und Sie waren ..."
Die Erinnerung schien sie zu überwältigen, denn sie wurde hochrot und winkte hektisch ihrer Assistentin, die gerade vorbeikam. „Dies ist Gracie", stellte sie sie hastig vor und zerrte die Frau an ihre Seite. „Das ist Pete, Gracie."
Die brave Gracie war an die fünfzig und unverheiratet, extrem kurzsichtig und in ihrem ganzen Leben noch nie mit einem Mann ausgegangen, und sie starrte Pete so fasziniert an wie ein von Hormonen gebeutelter Teenie, als er ihr höflich die Hand schüttelte.
„Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Miss Gracie", sagte er und schenkte ihr sein bezauberndstes Lächeln. „Und wie heißt du, mein Schatz?" erkundigte er sich, während er sich auf Augenhöhe mit dem Mädchen im Rollstuhl begab.
Die Dreizehnjährige litt seit ihrer Geburt an einem Gehirnschaden.
„Das ist Adrienne", erklärte Misty, die sich ebenfalls zu der Gruppe gesellte. „Sie kann nicht sprechen."
„Wirklich?" Pete lächelte dem Mädchen zu. „Ich wette, wenn du sprechen könntest, würdest du sagen, was für ein verflixt hüb scher Kerl ich bin, oder, Adrienne?" Er lachte gut gelaunt, gab ihr einen Kuss auf die Wange und richtete sich auf. Er strich ich über die Schulter und trat hinter den Rollstuhl. „Also, welchen von diesen wilden Pferden möchtest du reiten, Cowgirl?" fragte er, während er sie zum Reitplatz schob.
Mit gemischten Gefühlen löste Carol Jimmys Katheterbeutel aus der Halterung und klemmte ihn sich an den Gürtel. Sie versuchte, den näher kommenden Pete zu ignorieren.
„Okay, Jimmy, bist du bereit?"
Der Junge nickte und klatschte in die Hände. Die kindliche Reaktion stand in merkwürdigem Kontrast zu den Bartstoppeln, die auf seinem Kinn sprossen. Ein Kind in einem Männerkörper, dachte Pete betroffen. Und wie wollte Carol es anstellen,
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