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Nur Blau - Roman

Nur Blau - Roman

Titel: Nur Blau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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mich hier weg.
    Er beugte sich nach vorn um aufzustehen, er fühlte einen Schwindel, es drehte sich in ihm.
    Helfen Sie mir auf, bitte, alles dreht sich.
    Anna nahm den Mann im Anzug und half ihm hoch. Sie legte seinen Arm um ihre Schulter und brachte ihn aus der Kirche. Moscas Herz pochte immer noch laut.
    Da war grässliche Musik in ihm, unvertraute Klänge, durch ihn hindurch, dieses Hämmern, und diese Menschen. Und der Boden, der zitterte unter seinen Füßen. Und die Luft, die er fast nicht bekam, weil sie voll von diesem Pochen war.
    Machen Sie schnell, bitte, ich muss an die Luft.
    Schneller geht nicht.
    Anna überlegte kurz, ob sie ihn wieder loslassen sollte. Sie tat ihr Bestes, dieser Mann wog bestimmt achtzig Kilo und sie trug ihn.
    Ich tue, was ich kann, schrie sie. Warum gehen Sie auch hierher, das ist kein guter Ort.
    Anna war sich jetzt sicher, es war ein Fehler gewesen, hierher zu kommen. Ein junges, hysterisches Paar versperrte ihnen den Weg. Mosca stöhnte.
    Anna bereute, dass sie aus dem Haus gegangen war. Er war ihr schwer auf den Schultern. Sie schwitzte. Sein Arm rieb an ihrer Haut. Warum hilft mir keiner. Arschlöcher. Sie schrie es laut. So laut, dass das junge Paar den Weg freimachte. Anna war wütend.
    Warum tue ich das. Sollen sie sich gegenseitig er­schlagen, sollen sie sich kaputtsaufen und vergiften. Ich brauche keinen von ihnen. Keinen Mann mehr.
    Sie zerrte Mosca durch den Vorraum ins Freie. Luft kam in Moscas Lungen. Die Musik wurde leiser.
    Sie blieben stehen.
    Setzen Sie sich, ich kann nicht mehr.
    Mosca saß, an die Kirchenmauer gelehnt. Anna stand da, ihre Hände auf den Knien abgestützt, sie atmete heftig. Ihre Locken fielen nach vorne und verdeckten ihr Gesicht. Was haben Sie da drin gemacht. Sie sind zwanzig Jahre zu alt für diese Scheiße.
    Sie richtete sich wieder auf und nahm die Locken aus dem Gesicht. Sie schaute Mosca an, er atmete lange ein und aus, seine Hand lag auf seinem Herz. Sein Kopf fiel nach hinten an die Wand. Er schaute sie an.
    Danke, flüsterte er. Mein Herz. Es ist kaputt manchmal. Mein Kreislauf. Alles hat sich gedreht, ich konnte mich nicht mehr bewegen. Ich heiße Mosca.
    Anna musterte ihn. Er war schön. Ein eleganter Mensch mit Manschettenknöpfen. Alles war an der richtigen Stelle. Er schaute ungefährlich aus, er strahlte freundlich, gelassen, er würde ihr nichts tun. Sie setzte sich neben ihn.
    Haben Sie Schmerzen.
    Er schüttelte den Kopf.
    Nein. Nur mein Kreislauf. Ich fühle mich schwach. Bitte bleiben Sie kurz bei mir. Ich danke Ihnen für Ihre Hilfe. Es ist mir peinlich, dass ich Sie in diese Situation gebracht habe. Ich danke Ihnen.
    Jetzt sah er, wie schön sie war.
    Hören Sie auf zu reden. Kurz lächelte sie.
    Auch ihr Kopf lag jetzt an der Wand. Sie saßen still nebeneinander. Der Taxifahrer war ihr jetzt egal. Alles war ihr egal. Sie saß einfach nur da. Der Fremde im Anzug neben ihr. Sie hatte nichts zu tun. Sie war in Sicherheit. Es fühlte sich schön an neben ihm. Sie hörte ihn atmen. Er schaute nach oben in den Himmel. Er atmete langsam ein und aus. Bestimmt eine halbe Stunde lang. Dann fragte Anna, wo er wohnte.
    Sie konnte es zuerst nicht glauben, dass es im selben Gebäude war, in dem sie arbeitete.
    Im zweiunddreißigsten Stock, sagte Mosca.
    Und ich arbeite oben im Restaurant, vier Mal in der Woche.
    Es gibt keinen Zufall, sagte sie.
    Ich weiß, sagte Mosca.
    Eine Minute lang passierte nichts. Sie schauten sich nur an. Dann bot sie ihm an, ihn nach Hause zu bringen, doch Mosca wehrte ab.
    Es geht schon, sagte er, ich nehme ein Taxi.
    Ich begleite Sie. Ich habe das so entschieden.
    Mosca schaute sie an und wusste, dass es sinnlos war, ihr zu widersprechen.
    Und er war froh darüber.
    Das war kurz vor Mitternacht.
    Vor neun Stunden.

20.
    Ben war kurz nach halb elf am Parkplatz.
    Er war zu spät, aber er würde sie finden, sie würde auf ihn warten. Er fühlte sich besser. Er hatte das erste Mal seit vier Tagen richtig geschlafen. Er hatte weniger als eine Stunde für hundertsiebzig Kilometer gebraucht, aber er musste sich noch waschen. Der Schweiß des Tages klebte an ihm. Er konnte sich riechen. Die Angst unter seinen Armen. Er parkte etwas abseits und ging zu den Toiletten an der Rückseite der Kirche. Er würde sich waschen und anschließend Anna in die Arme nehmen, er würde sein Hemd wechseln. Er stand vor dem Spiegel. Er schaute in sein Gesicht. Es war müde. Er zog sich aus und wusch sich. Er schlug sich Wasser auf

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