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Nur Blau - Roman

Nur Blau - Roman

Titel: Nur Blau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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Alis Blicke ignorierte sie, auch seine Aufforderung, wieder an die Arbeit zu gehen, sein Klopfen auf ihren Hintern, sein Drängen, seine aufsteigende Eifersucht in ihrem Rücken.
    Ming beschloss, stehen zu bleiben, ganz nah bei ihrem Glück. Sie wartete auf ihre Gelegenheit. Sie lächelte, sie drückte dem Dänen Senf auf den Kartonteller, sie stellte ihm ein Bier hin. Sie wollte diesen Scheck in seiner Tasche, sie wollte ihn nehmen und verreisen, sie wollte endlich glücklich sein. Onni aß seine Wurst und genoss das Schwärmen der Chinesin, er gefiel sich und machte es ihr unendlich leicht, ohne dass er davon wusste.
    Er suchte in seiner Hosentasche nach Geld. Er spürte Münzen und zwei Scheine und den Scheck, er nahm alles, was er in der Tasche fand, und legte es auf den Tresen. Der Scheck hatte Falten. Er war zerknittert, aber sie erkannte ihn sofort wieder. Sie konnte es nicht glauben. Sie wusste nicht, was passieren würde, sie hatte gedacht, sie müsste den Abend mit der Kröte verbringen, und jetzt lag der Scheck einfach vor ihr.
    Es ging alles sehr schnell. Onni wollte nach dem Schein greifen und bezahlen. Seine Hand lag über dem Häufchen aus Geld. Seine Finger hatten den Schein bereits berührt, da kam Mings Hand auf seine.
    Nein, lassen Sie, Sie sind eingeladen.
    Sie nahm seine Hand, hob sie leicht nach oben, drückte sie und nahm mit der Linken das Häufchen, hob es hoch und drückte es zurück in seine rechte Hand. Den Scheck ließ sie hinter dem Tresen nach unten fallen.
    Er blieb neben dem Senftopf liegen. Ming lächelte Onni an, sie presste die Münzen und die Scheine und ein Stück von sich selbst in die dänische Hand hinein. Eine Zeit lang blieben die Hände so. Sie schaute der Kröte während des ganzen Vorgangs in die Augen. Sie holte seine Aufmerksamkeit weg von dem Geld auf sich und sie merkte, wie er es genoss. Ihr Herz pochte. Sie hatte den Scheck unter sich in Griffweite, eine Handbewegung, und sie war reich. Sie ließ seine Hand los.
    Stecken Sie das Geld weg. Es ist mir eine Freude, Sie einzuladen. Ihr Lächeln war bewundernswert.
    Onni tat das Geld ohne hinzusehen wieder in seine Tasche.
    Das ist sehr freundlich, sagte er.
    Bist du verrückt, sagte Ali. Du sollst das Zeug nicht verschenken.
    Er zischte es in ihre Schulter hinein.
    Ming überlegte. Wenn die Kröte merkt, dass der Scheck fehlt, kommt er zurück. Ali dreht gleich durch, ich muss weg hier. Was soll ich tun. Sie lächelte.
    Gern geschehen, sagte sie freundlich und beugte sich noch weiter nach vor. Ihr Gesicht berührte den Dänen beinahe, ihr Oberkörper war seinem ganz nahe.
    Dann schrie sie los.
    Sie Schwein, Sie mieses Schwein, er hat mir auf die Brust gegriffen, Ali, diese Sau hat mir auf die Titten gegriffen, ich wollte doch nur freundlich sein, er hat mir am Flughafen geholfen und jetzt macht er mich an. Ali, hilf mir.
    Ming war grandios.
    Das Lächeln war aus ihrem Gesicht verschwunden, sie atmete schnell, sprach aufgeregt, wütend, gestikulierte, spuckte in Richtung der Kröte. Onni schaute nur.
    Es ging sehr schnell. Ali war über den Tresen ge­sprungen, hatte ihn gepackt und ihn vom Tresen weg nach hinten außer Sichtweite gezogen.
    Dort hat er ihn verprügelt. Lange und wütend.
    Als er wieder nach vorn kam, war Ming weg.
    Ali hat sie gesucht, aber nicht mehr gefunden.
    Onni lag hinter der Würstchenbude im Dreck.
    Das war um vierzig Minuten nach zehn.
    Gestern.

17.
    Mosca war verstört.
    Zum ersten Mal war er auf einem Clubbing.
    Er hatte davon gehört. Er hatte diese Musik immer gehasst. Das hat mit Musik nichts zu tun, das ist Wahnsinn. Und so war es auch.
    Er ging durch die große Holztür und war in einem Vorraum, der mit schwarzen Stoffen abgehängt war, er bezahlte, gab seine Jacke einer halbnackten Dame mit Metallringen in der Zunge und folgte der Musik. Der Vorhang ging zur Seite und das Kirchenschiff lag vor ihm. Seit einem Tag tanzten sie hier schon. Ununterbrochen. Achtundvierzig Stunden dauerte der Wahnsinn.
    Mosca stand im Lounge-Bereich, überall lagen junge Menschen herum, küssten sich, schauten mit verliebten Augen. Seine Blicke folgten einem jungen Mann mit einer rosaroten Badehaube. Er startete neben ihm und begann zu laufen, er rannte in die tobende Menge hinein und verschwand in ihr. Mosca rührte sich nicht vom Fleck. Er fühlte sich stark und schön, aber er spürte sein Herz. Es hatte begonnen, laut zu pochen, es begann weh zu tun.
    Die Musik war grausam. Ganz vorne waren große Pulte,

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