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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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wirklich – ich weiß nicht.«
    Einen Augenblick lang starrte er auf den Bildschirm.
    John lächelte, aber traurig, ratlos. »Luke hat mich heute Nachmittag erschreckt. Das meine ich ernst – er hat mir Angst gemacht. Es war … als würde ich nicht gegen ein Kind, ja, nicht mal gegen einen Menschen, sondern gegen eine Maschine spielen, bis zu einem Punkt, wo das Spiel sinnlos wurde, weil es keinen Spaß mehr gemacht hat.«
    Naomi trank einen Schluck Wein. »Ob wir ihn bei einem Schachturnier anmelden sollten? Mal sehen, was passiert, wenn er ernsthaft herausgefordert wird.«
    »Und ihn dadurch in die Schlagzeilen bringen? Ein dreijähriges Schachwunderkind würde landesweit für Aufsehen sorgen, Schatz. Wir würden ihn den Aposteln damit auf dem Präsentierteller servieren. Das können wir nicht riskieren. Nein, ich denke eher an eine spezielle Fördereinrichtung.«
    »Gibt es Schulen für Maschinen?«, fragte sie, nur halb im Scherz.
    John legte einen Arm um ihre Schultern und drückte sie. »Wie werden sie in zehn Jahren sein, was meinst du?«
    »In zehn Jahren? Wir wär’s mit: in drei Jahren? Sie gleichen jetzt schon kleinen Erwachsenen. Was meinst du wohl, was sie jetzt da oben in ihrem Zimmer machen? Abwarten, bis wir zu Bett gehen, damit sie die ganze Nacht im Internet surfen können? Neue Raketenantriebsysteme entwerfen? Die britische Verfassung umschreiben?«
    Sie aß den letzten Bissen ihres Omeletts. »Könntest du morgen früh Dr. Michaelides anrufen? Und ihr von den Meerschweinchen erzählen? Mich würde interessieren, was sie davon hält.«
    John nickte und erhob sich. »Ich gehe an den Schreibtisch.«
    »Musst du heute Abend noch arbeiten? Du siehst müde aus.«
    »Die Druckfahnen meines Buchs – sie müssen bis Ende nächster Woche zurück in den Staaten sein.«
     
    Oben in seinem Arbeitszimmer öffnete John den Webbrowser seines eigenen Computers und sah sich den Verlauf an. Er begann mit dem Tag, bevor die Kinder ihren eigenen Computer bekommen hatten und ging von da aus zurück.
    Er fand Seiten über Seiten, auf denen er nie gewesen war. Genau wie auf dem Computer der Kinder handelte es sich überwiegend um wissenschaftliche Artikel, Mathematik, Physik und so weiter. Auch für Geschichte, Anthropologie, Geologie und Geographie hatten sie sich interessiert. Es nahm kein Ende.
    Keine Spielereien. Seine kleinen Dreijährigen hatten ihre Internet-Surffähigkeiten nicht dazu benutzt, so etwas Ödes wie Kinderwebseiten oder Chatrooms zu besuchen. Es schien, als seien sie unablässig mit schier unstillbarer Gier auf der Suche nach Wissen.
    Als er drei Monate zurückgegangen war, stieß er auf Schachseiten. Luke – oder er zusammen mit Phoebe – hatte Dutzende Seiten besucht, die von Grundlagenwissen über das Spiel bis zu fortgeschrittenen Strategien alles umfassten.
    John kniete sich auf den Boden und schaltete den Computer der Kinder ein. Er bootete, dann wurde das Passwort verlangt. Er gab das Passwort ein, das er am Morgen neu angelegt hatte, damit die Kinder den Computer während der Verbotszeit nicht benutzen konnten.
    PASSWORT UNGÜLTIG  – NEUER VERSUCH
    John hatte absichtlich ein kompliziertes Passwort gewählt, das unmöglich zufällig geknackt werden konnte. Ob er sich vertippt hatte? Er versuchte es noch einmal.
    b* 223 *& 65 &*
    PASSWORT UNGÜLTIG  – NEUER VERSUCH
    Er hatte sich das Passwort auf einem Zettel notiert, der in seiner Gesäßtasche steckte. Er zog ihn heraus und sah nach. Es stimmte. Er gab es noch einmal ein.
    PASSWORT UNGÜLTIG  – NEUER VERSUCH
    John schüttelte ungläubig den Kopf, versuchte es noch einmal, aber mit demselben Ergebnis. Inzwischen war er sich relativ sicher, was passiert war.
    Die Kinder – oder zumindest eines von ihnen – mussten in seinem Arbeitszimmer gewesen sein, das Passwort geknackt und ein neues festgelegt haben.

87
    DAS ZIMMER WAR KLEIN und die Fensterrahmen so verwittert und wasserdurchtränkt, dass die Farbe kaum noch am Holz haftete und die Dichtung krümelte. Die Scheibe klapperte im Wind. Der Himmel war grau und wolkenverhangen; das Meer jenseits der Promenade wogte unheilvoll auf und nieder, als bestünde es aus Schlamm.
    Jeden Morgen erhob er sich in diesem kleinen, kalten Zimmer, in dieser fremden Stadt, sprach seine Gebete und loggte sich anschließend erwartungsvoll ins Internet ein. Doch bisher war er enttäuscht worden. Jeden Tag betrachtete er angewidert die Datenflut. Gülle floss in sein Postfach. Jeden

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