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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Morgen verhieß man ihm ein Vermögen oder Damenbekanntschaften. Er sah die Verführungsversuche, oh ja, und sie machten ihn wütend, traurig und froh zugleich.
    Froh darüber, dass er bald den ganzen Schmutz hinter sich lassen würde. Bald würde er in Laras Armen liegen, und sie würden Kinder zeugen, auf ihre eigene Art und Weise, Gottes Art und Weise, nicht wie diese Teufelsbrut.
    Kinder, gehorcht euren Eltern, wie es vor dem Herrn recht ist. Ehre deinen Vater und deine Mutter: Das ist ein Hauptgebot, und ihm folgt die Verheißung: damit es dir gutgeht und du lange lebst auf der Erde. Epheser  6 : 1 – 3 .
    Eigentlich durfte er es nicht besitzen, denn es war ein sündiger Gegenstand, aber er konnte nicht darauf verzichten. Es war alles, was er von ihr hatte. Lara hatte es ihm an dem Morgen geschenkt, an dem er aufgebrochen war. Ein kleines Farbfoto von ihr, auf dem sie in einem schlichten Sommerkleid auf der Veranda der kalifornischen Ranch posierte, wo sie sich begegnet waren. Sie lächelte, ihre langen Haare fielen ihr über die nackten Schultern, über ihre seidenweiche Haut. Es war über drei Jahre her, aber er hatte noch immer den Geruch ihres Körpers in der Nase, erinnerte sich an jede Berührung, jedes Wort, Versprechen, jede Liebkosung, an ihren Atem auf seinem Gesicht.
Ich warte auf dich, Timon, mein Liebling, ich warte auf dich bis ans Ende der Zeiten.
    Bald, Lara, so Gott will, bald!
    Er saß an dem Holztisch unter dem Heizstrahler an der Wand, der kaum wärmte, und quälte sich durch die neuen E-Mails. Und da, plötzlich, an diesem Montagmorgen, erfasste ihn Aufregung, als er eine Mail ohne Betreff und mit unbekanntem Absender las:
    Er machte Ströme zur dürren Wüste, Oasen zum dürstenden Ödland, fruchtbares Land zur salzigen Steppe; denn seine Bewohner waren böse. Er machte die Wüste zum Wasserteich, verdorrtes Land zu Oasen. Dort siedelte er Hungernde an, sie gründeten wohnliche Städte. Sie bestellten Felder, pflanzten Reben und erzielten reiche Ernte. Er segnete sie, so dass sie sich gewaltig vermehrten, gab ihnen große Mengen an Vieh. Psalm  107 : 33 – 38 .
    Es war die Botschaft, auf die er sechs einsame Wochen lang gewartet hatte. Es war der Ruf an ihn, seine Pflicht zu tun und dann, endlich, heimzukehren!
    Er loggte sich aus, mit klopfendem Herzen, und dachte angestrengt nach. Es gab viel zu erledigen, eine ganze Menge, aber er war gut vorbereitet, es würde nicht lange dauern.
    Unten im Speisesaal frühstückte er allein an einem Tisch, sprach ein stilles Dankgebet und vermied Blickkontakt und Unterhaltungen mit anderen Gästen. Während des Essens ging er im Geiste die Liste seiner Besorgungen durch. Manches hatte er schon aus dem Internet per Versand bestellt. Ihm war eingebläut worden, jeden Gegenstand einzeln zu erwerben, in verschiedenen Geschäften, in verschiedenen Städten. Als Ausländer würde man sich leichter an ihn erinnern. Er fiel auf. Ein Amerikaner in Sussex, im Januar. Eine Kuriosität.
    Doch bis das eine Rolle spielte, war er längst über alle Berge.

88
    AM DIENSTAGMITTAG SASS DR. SHEILA MICHAELIDES mit ausgesprochen frostiger Miene an dem Pinienschreibtisch in ihrem Sprechzimmer.
    Durch das Fenster hinter ihr sah Naomi Regen auf das satte Gras des eingefriedeten Gartens fallen. Eine Drossel spazierte über den Rasen, pickte in der Erde und zog einen sich wehrenden Regenwurm hervor.
    »Warum hat mir keiner von Ihnen die Wahrheit über Ihre Kinder gesagt?«, fragte die Psychologin vorwurfsvoll.
    »Entschuldigung«, erwiderte Naomi. »Ich verstehe Sie nicht.«
    »Ach, wirklich?
Dr. Dettore?
Ich glaube, der Name sagt Ihnen etwas, oder?« Ihre Miene gefror zu Eis.
    John und Naomi sahen sich an. Ihr Unbehagen wuchs.
    »Stimmt, wir haben ihn konsultiert«, bestätigte John.
    »Aber nicht aus Gründen, die Sie uns möglicherweise unterstellen«, ergänzte Naomi.
    »An welche Gründe denken Sie denn dabei, Mrs. Klaesson?«
    Naomi rang schweigend die Hände. »Dass wir – dass wir …« Ihre Stimme erstarb.
    »Designerbabys wollten?«, fragte die Psychologin.
    »So war es eben nicht«, entgegnete Naomi. »Absolut nicht.«
    »Ach ja?«
    Naomi zeigte auf die Fotos von zwei kleinen lachenden Jungen auf dem Schreibtisch. »Sind das Ihre Söhne?«
    »Ja.«
    »Und, sind sie gesunde, normale kleine Jungen?«
    »So klein nicht mehr. Louis ist zwanzig, Philip zweiundzwanzig.«
    »Aber sie sind gesund, normal?«, hakte Naomi nach.
    »Bitte, Mrs. Klaesson, wir sollten

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