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Nur dein Leben

Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Nutella geschehen ist. Heute Nachmittag ist es regnerisch und windig. Granny schaut sich einen Agatha-Christie-Film im Fernsehen an, und Tante Harriet ist nach Hause gefahren. P sitzt vor mir auf dem Küchenfußboden und legt ein dreidimensionales Puzzle, dein Papa spielt mit L im Wohnzimmer Schach. Vier Uhr, und es wird schon dunkel. Um halb sieben findet in der Dorfkirche eine Abendandacht statt, wie jeden Sonntag. Manchmal, so wie heute, zieht es mich dorthin. Ziehst du mich?
    Oder klammere ich mich aus lauter Verzweiflung an jeden Strohhalm?

86
    JOHN LITT UNTER DER VERNICHTENDEN NIEDERLAGE gegen seinen Sohn im Schach.
    Naomi bemerkte: »Das hast du doch gewollt, oder John? Du mit deiner Frühförderung, schon gleich nach ihrer Geburt! Stundenlang hast du ihnen New-Age-Musik vorgespielt, mit ihnen geredet und ihnen Greifspielzeuge angeboten. Du wolltest intelligente Kinder, jetzt hast du sie!«
    Sonntagabend. Sie waren allein in der Küche. Naomis Mutter hatte sich wegen eines Migräneanfalls entschuldigt und war zu Bett gegangen. Sonntagabends kümmerte sich John immer um das Abendessen. Meistens bereitete er etwas Leichtes, Einfaches zu, das sie von Tabletts vor dem Fernseher aßen. Heute Abend gab es Champignonomeletts und einen griechischen Salat.
    »Aber nicht so«, erwiderte er. »Das habe ich nie beabsichtigt.«
    »Damals hast du meine Einwände belächelt, und jetzt bist du gekränkt, weil Luke dich schachmatt gesetzt hat.«
    Naomi sah eine Schachtel Meerschweinchenfutter auf dem Boden stehen und räumte sie in den Küchenschrank.
    »Aber Naomi, er ist erst drei Jahre alt, verdammt nochmal! Viele Kinder sind in dem Alter noch nicht sauber! Und er hat mich nicht nur geschlagen, er hat mich niedergemäht! Und die Geschwindigkeit, mit der er seine Züge gesetzt hat – einfach fantastisch!«
    »Als vor ein paar Jahren die Zauberwürfel in Mode kamen, hatten viele Erwachsene große Schwierigkeiten damit, während kleine Kinder sie in wenigen Minuten richtig einstellen konnten. Ich weiß noch, dass irgendjemand sagte, es läge daran, dass niemand ihnen gesagt habe, dass das unmöglich sei! Vielleicht haben Kinder einen besseren Zugang zu Puzzles, den sie verlieren, wenn sie älter werden? Und Schach ist doch in mancher Hinsicht wie eine Art Puzzle, oder?«
    John beugte sich über die Pfanne und konzentrierte sich gerade darauf, das Omelette zusammenzuklappen. Normalerweise liebte er den Duft gegrillter Pilze, doch heute Abend hatte er keinen Appetit. »Teilweise liegt es daran, dass Kinder in dem Alter weniger nachdenken. Sie gehen vieles weniger verkopft an, sondern tun es einfach.«
    »Vielleicht gilt dasselbe für Schach? Niemand hat Luke gesagt, es sei unmöglich, dich zu schlagen, also hat er es einfach getan. Was meinst du? Du hast mir erzählt, dass du mit sieben Jahren deinen Großvater besiegt hast, und er war eine Art Schachmeister, oder?«
    »Einmal habe ich gegen ihn gewonnen«, erwiderte John. »Und das, nachdem ich monatelang gegen ihn gespielt hatte. Außerdem …« Er zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Vielleicht hat er mich damals auch absichtlich gewinnen lassen.«
    Er zerteilte das Omelett mit dem Pfannenwender in zwei Hälften, legte diese auf Teller, nahm die Pfanne von der Kochstelle und zog die Herdabdeckung herunter. »Fertig.«
    Sie trugen ihre Tabletts ins Wohnzimmer und schauten sich in leisem Ton eine Sendung an, in der Antiquitäten geschätzt wurden.
    »Deine Omeletts sind einfach unübertroffen«, seufzte Naomi, die mittlerweile schon etwas munterer klang. Dann fügte sie hinzu: »Vielleicht sollten wir mehr mit den Kindern unternehmen. Dr. Michaelides könnte recht haben, dass wir sie zu stark in eine kindliche Umgebung pressen. Im Zoo hat es ihnen doch gut gefallen.«
    »Ja, sie waren anschließend richtig tierlieb«, erwiderte John.
    Naomi aß eine Weile lang schweigend weiter.
    »Tut mir leid, Schatz«, sagte John. »Die Bemerkung hätte ich mir sparen können.«
    Naomi zuckte mit den Schultern. Im Fernsehen stand ein bescheidener bärtiger Mann vor einem Tablett mit einem antiken Chirurgenbesteck aus viktorianischer Zeit.
    »Du arbeitest an einem der fortschrittlichsten High-Tech-Zentren Großbritanniens. Warum bietest du ihnen nicht mal eine Führung durch Morley Park? Zeige ihnen den Teilchenbeschleuniger, das Labor für kalte Fusion.«
    John stellte sein Tablett auf den Boden.
    »Was ist?«
    »Ich habe keinen Hunger. Ich kann nichts essen, ich fühle mich

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