Nur dein Leben

Titel: Nur dein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James

Vom Netzwerk:

Nachricht von Kalle Almtorp, mit Anhang.
    John,
    das hier hat mich soeben erreicht. Es tut mir leid, ich dachte, die Wogen hätten sich geglättet, aber das war wohl ein Trugschluss.
    John öffnete den Anhang. Es war ein Artikel aus der heutigen
Washington Post
.
    TOD DER DESIGNERBABYS - FAMILIE WIRD APOSTELN DES DRITTEN JAHRTAUSENDS ZUGESCHRIEBEN
    Die Augen auf den Bildschirm geheftet, las er weiter.
    Die Polizei von Philadelphia geht ernsthaft dem Bekennerschreiben einer Gruppe namens ›Apostel des Dritten Jahrtausends‹ nach, die angeblich für den Mord an dem Washingtoner Immobilientycoon Jack O’Rourke sowie seiner bekannten Frau Jerry und ihren Zwillingsbabys verantwortlich sein soll. Ganz ähnlich wie bei dem grausamen Verbrechen an Sharon Tate wurden ihre verstümmelten Leichen in der abgeschotteten Zehn-Millionen-Dollar-Villa der O’Rourkes im exklusiven Leithwood Estate in Virginia gefunden. Im vergangenen Jahr behauptete dieselbe Gruppe, für den Tod des wohlhabenden Genetikers Dr. Leo Dettore sowie die Morde an dem Geschäftsmann Marty Borowitz aus Florida mit seiner Frau Elaine und ihren Zwillingsbabys verantwortlich zu sein. Die weltweite Fahndung nach dieser Gruppe verlief bisher ergebnislos.
    Ein Icon für ein Foto war beigefügt und John klickte es an. Augenblicke später erschien das Bild eines gut aussehenden Paares – ein Mann Mitte dreißig und eine Frau Ende zwanzig. Er erkannte sie sofort.
    Sie waren auf Dettores Schiff gewesen. Ohne jeden Zweifel. Es handelte sich um das Paar am Swimmingpool der
Serendipity Rose
, das sie vollkommen ignoriert hatte. Die beiden, die Naomi und er George und Angelina getauft hatten.

44
    GEORGE UND ANGELINA. John saß an seinem Schreibtisch und betrachtete fasziniert die beiden Fotos des Paares.
    Das eine, das Kalle ihm gemailt hatte, war ein Hochzeitsfoto. Im weißen Smoking sah Jack O’Rourke noch mehr wie der Doppelgänger von George Clooney aus als an Deck des Schiffes. Seine Frau Jerry, das Haar zu Korkenzieherlocken aufgedreht und in einem eleganten weißen Kleid, glich allerdings weniger Angelina Jolie, sondern wirkte magerer und härter als ihr ästhetisches Vorbild. Beide erschienen genauso arrogant wie damals, als wüssten sie genau, wie schön und reich sie waren und dass sie sich alles kaufen konnten, einschließlich perfekter Kinder.
    Das andere Bild war eine Vergrößerung der Aufnahme, die er heimlich an Bord der
Serendipity Rose
gemacht hatte, als das Paar auf den Liegestühlen am Swimmingpool lag. Die Ähnlichkeit war offensichtlich; es waren die O’Rourkes.
    Zwillingsbabys,
las er wieder.
    Auch sie hatten
Zwillinge
bekommen?
    Er schluckte. Sein Mund war plötzlich trocken, und seine Hand zitterte. Er klickte ein weiteres Icon an, und ein Foto zeigte eine Einfahrt, die zu einem protzigen Haus mit hohen Säulen führte.
    »Sie waren ein wunderbares, nettes Paar. Sie liebten sich und waren die besten Eltern der Welt für ihre zwei Monate alten Zwillinge«, sagt Betty O’Rourke, die Mutter des ermordeten Maklers, die in Scottsville lebt. »Sie hatten sich schon lange Kinder gewünscht und waren überglücklich über die Geburt ihrer süßen Zwillinge.«
    Johns Tür wurde geöffnet, und seine Sekretärin brachte ihm einen Stapel Post, die unterschrieben werden musste. Hastig öffnete er ein anderes Fenster mit seinem Wochenbericht und kritzelte dann seine Signatur unter jedes Schreiben, wobei er kaum hinsah, weil er so schnell wie möglich zu dem Bericht zurückkehren wollte.
    Nachdem die Sekretärin die Tür hinter sich geschlossen hatte, las er den Bericht zu Ende. Dann studierte er ihn ein zweites Mal.
    John O’Rourke war ein cleverer Kerl gewesen, der ein milliardenschweres Immobilienimperium aufgebaut hatte. Seine Frau Jerry stammte von Einwanderern der
Mayflower
ab. Beide waren in den politischen Kreisen Washingtons aktiv gewesen, hatten Barack Obama eine große Summe gespendet und fleißig Spenden für die Demokraten gesammelt. John O’Rourke hatte selbst politische Ambitionen gehegt.
    Ihre Zwillinge hießen
Jackson
und
Chelsey
.
    Ebenso wie die Eltern waren die Babys verstümmelt worden.
    Parolen und Obszönitäten waren mit ihrem Blut auf die Wände geschmiert worden.
    Seine Hände zitterten so heftig, dass er kaum die Tasten traf, als er Naomi noch einmal anrief. Als sie sich meldete, hörte er Geschrei im Hintergrund.
    »Das ist Phoebe«, erklärte sie. »Sie hört einfach nicht auf zu weinen. Ich weiß mir keinen Rat mehr,