Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
pornographisches Bild.«
Sjöberg zischte die Worte heraus, damit man es nicht auf dem Flur hören konnte. Petra senkte ihren Blick.
»Ein Bild, das dich beim Geschlechtsverkehr in einer unkonventionellen Stellung zeigt. In einer Mail, die offensichtlich eine Einladung an den Polizeidirektor sein soll! ›Sexy, oder?‹ Was zum Teufel ist denn in dich gefahren, Petra? Hast du Alkoholprobleme, oder glaubst du, dass du dich in eine höhere Gehaltsstufe ficken kannst?«
»Du hast das Bild gesehen«, sagte Petra still.
»Ich habe das Bild gesehen, weil Brandt mich dazu gezwungen hat. Ich habe es mir eine Sekunde oder so angeschaut, bis mir klar wurde, was ich da eigentlich sah, dann habe ich es sofort wieder weggeklickt. Glaub mir, Petra, ich bin nicht die Bohne daran interessiert, dich auf diese Weise zu betrachten.«
Sogar während er sich aufregte, während er sie zur Schnecke machte, waren seine Augen freundlich. Plötzlich wurde Petra klar, dass er gar nicht wütend war, er war zutiefst traurig. Ihr kamen die Tränen.
»Conny, ich habe diese Mail nicht verschickt. Ich war noch nicht einmal hier, als sie verschickt wurde«, sagte sie so ruhig, wie es ihr möglich war, während sie spürte, wie der Kloß in ihrem Hals immer größer wurde.
»Und das auf dem verdammten Bild, das bist du dann natürlich auch nicht! Was?«
»Das auf dem Bild bin ich, aber ich war bewusstlos, als es aufgenommen wurde«, brachte sie heraus, bevor die Tränen sich ihren Weg bahnten. »Außerdem ist es keine Fotografie, es ist ein Einzelbild aus einer Videoaufnahme, die gemacht wurde, als ich letzten Herbst vergewaltigt wurde. Und wenn du mir nicht glaubst, dann kannst du Hadar fragen.«
Jetzt konnte sie die Tränen nicht länger zurückhalten, und auf eine bestimmte Weise waren sie eine Befreiung. Sie hatte kein einziges Mal geweint seit dieser verdammten Vergewaltigung, aber jetzt fühlte es sich an, als hätte sie die ganze Zeit nur auf diese Gelegenheit gewartet. Einfach die Schleusentore zu öffnen und die Gefühle herauszulassen. Und mehr war nicht nötig, um den Sturm, der in Sjöberg tobte, zu besänftigen. Aus reiner Intuition ließ er seine Loyalität, die für ein paar Stunden in die Irre geleitet worden war, wieder an die alte Stelle zurückkehren. Zu Petra. Zu seiner Petra, an der er noch nie zuvor gezweifelt hatte. Instinktiv stand er auf und ging zu ihr hinüber. Mit beiden Händen richtete er ihr Gesicht zu ihm auf, nahm sie bei den Händen und zog sie aus dem Stuhl vorsichtig zu sich hinauf. Er nahm sie in den Arm und drückte ihren Kopf fest an seine Brust.
»Hadar?«, sagte Sjöberg sanft.
Er spürte, wie sie in seiner Umarmung nickte, und dann blieben sie lange so stehen, während er ihr über das Haar strich und wartete, bis sie sich beruhigt hatte.
Das Schweigen wurde erst gebrochen, als Sjöberg sie in den Nacken kniff und fragte, ob sie eingeschlafen sei. Petra musste lachen und machte sich frei. Sie wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht, und Sjöberg kehrte zu seinem Platz hinter dem Schreibtisch zurück. Petra lächelte ihm verschämt zu, bevor sie sich auch wieder setzte, und stellte fest, dass Sjöberg aussah, als wäre ihm ebenfalls ein großer Stein vom Herzen gefallen.
»Jetzt bitte alles von Anfang an«, sagte Sjöberg und legte die gewohnte Arbeitsfalte zwischen den Augenbrauen an.
Petra berichtete zum ersten Mal seit fast einem Jahr wieder, wie sie und Jamal einen Novemberabend in der Clarion-Bar verbracht hatten, wie sie mit Peder Fryhk ins Gespräch gekommen war und sich später ein Taxi mit ihm teilte, wie sie in seinem Haus in Mälarhöjden aufgewacht war und von dem Katzenjammer und den Schmerzen, und es war befreiend, es loswerden zu dürfen. Es erzeugte fast ein Gefühl von Geborgenheit, jemanden zu haben, mit dem man über das Geschehene sprechen konnte, jemanden, der verstand, was sie durchgemacht hatte. Sie fuhr mit der Schilderung ihrer vorschriftswidrigen Ermittlungen fort, wie sie einen Bekannten, den Kriminaltechniker Håkan Carlberg, dazu gebracht hatte, ihr mit den Analysen zu helfen, und den Staatsanwalt bewegen konnte, den Narkosearzt und Serienvergewaltiger Peder Fryhk hinter Schloss und Riegel zu bringen. Am Ende erzählte sie von dem anderen Mann, von der vermissten Videoaufnahme und von der Angst, als diejenige enttarnt zu werden, die Peder Fryhk hatte auffliegen lassen.
Gemeinsam rekonstruierten sie den vergangenen Freitag, das Seminar, die
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