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Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:

Titel: Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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frisch nach Shampoo und septemberkühler Nachtluft roch. Auf einmal fühlte er sich vollkommen entspannt. Eine lange Zeit blieben sie so stehen. Er hatte eine Hand um ihre Taille gelegt und die andere irgendwo in ihrem langen Haar, den Mund gegen ihre Stirn gepresst. In diesem Augenblick suchte Sjöberg nicht nach Beweggründen, nicht nach seinen eigenen und auch nicht nach Margits. Eine Gruppe junger Mädchen radelte lauthals johlend an ihnen vorüber, aber Sjöberg nahm keine Notiz von ihnen. Er befand sich nach wie vor in dieser Blase, und er wollte sie nicht verlassen. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und hob es dem seinen entgegen. Lange schaute er in Margits glänzende Augen, bevor er sie noch einmal küsste.
    Er begleitete sie bis zur Slussen, wo sie sich wortlos trennten.

Die Nacht von Samstag auf Sonntag
    E s musste schon sehr spät sein, denn die meisten waren bereits schlafen gegangen. Eine Atmosphäre der Trostlosigkeit hatte sich über das große Schiff gesenkt. Hier und da saßen oder lagen Billigreisende und Betrunkene.
    Jennifer hatte keine Uhr, aber sie war müde und musste schlafen. Sie war unsicher auf den Beinen, sodass es eine Weile dauern würde, bis sie ihre Kabine erreicht hätte. Obwohl sie erstaunlich klar im Kopf war, wusste sie nicht genau, an welchem Ende des Schiffes sie sich befand. Eine Welle der Übelkeit schwappte über sie hinweg, und sie sah sich nach einer Toilette um. Zwischen den einarmigen Banditen und den Spielkonsolen entdeckte sie eine. Sie taumelte hinüber so schnell es ging, musste zwischendurch aber mehrere Male schlucken, um nicht auf den Teppichboden zu kotzen.
    Sie warf sich in die erstbeste einer ganzen Reihe von Toiletten und schaffte es nicht mehr, die Tür hinter sich zu schließen. Wie eine Kaskade schoss ihr der Mageninhalt aus dem Mund. Die Hälfte ging daneben. Es war nur noch Flüssigkeit. Sie hatte seit vielen Stunden nichts mehr gegessen. Schweißnass vor Anstrengung griff sie nach der Toilettenpapierrolle, die jemand auf den Spülkasten gestellt hatte. Sie musste den Schweiß abwischen und sich die Nase putzen, aber das Papier auf der Rolle war ganz feucht und wellig. Sie hoffte, dass es nur Wasser war. Es gelang ihr, ein Stück des nassen Papiers abzureißen und sich das Gesicht damit abzuwischen.
    Plötzlich hörte sie, wie die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, aber in ihrem benebelten Zustand konnte sie sich nicht dazu aufraffen, nach hinten zu schauen. Sie spürte eine Bewegung an ihrem linken Ohr und hörte eine Stimme fauchen:
    »Du sollst nicht so neugierig sein, du kleine, verdammte Fotze«, und als sie vor Schreck zusammenzuckte und sich umdrehen wollte, spürte sie, wie sich warme Hände in einem steinharten Griff um ihren Hals legten.
    Sie versuchte zu schreien, bekam aber keinen Ton heraus. Ihr Kehlkopf wurde mit großer Kraft in den Hals gedrückt. Vor ihren pochenden Augen färbten sich die weißen Kacheln erst rosa und schließlich rot. Am Ende fühlte es sich an, als ob ihre Augen brachen. Die Hände ließen los, und sie sank über der vollgespuckten Toilettenschüssel zusammen.

Sonntagmorgen
    D urch den Nebel war Petra Westman über das Kopfsteinpflaster am Norra Hammarbyhamnen gelaufen, von der Polizeiwache am unteren Ende der Östgötagatan bis zum Danvikskanal und wieder zurück. Sie lief an den Booten vorbei, von denen manche mit lustigen Wimpeln und andere mit bunten Laternen geschmückt waren, die über gepflegten Decks hingen. Kurz vor der Barnängsbryggan lag ein Fischerboot, das zum Verkauf stand. Sie schaute auf das schwarze Wasser hinaus, das sich im Wind kräuselte. In der Ferne sah sie den Hang des Hammarbybacken, der grün und verlassen aussah und zu dieser Zeit höchstens als Reklamefläche für Skireiseveranstalter dienen konnte. Abgesehen von dem fernen Rauschen frühmorgendlicher Autofahrer war es vollkommen still.
    Es war erst halb sieben, aber sie joggte bereits seit zwanzig Minuten. Mittlerweile war sie auf der zweiten Runde, bog in Richtung Vita Berget ab und lief die Tengdahlsgatan zur Schrebergartenkolonie hinauf. Die Luft war kühl und feucht und roch leicht nach Herbst, obwohl die Bäume ihre Blätter noch nicht verloren. Gartenmöbel und Grills standen nach wie vor draußen, Sommerblumen zierten die Pflanztöpfe vor den Häusern.
    Irgendwo hinter ihr fiel eine Haustür ins Schloss, und instinktiv drehte sie ihren Kopf. Niemand zu sehen. So war sie früher nicht gewesen. Sie wäre ungerührt weitergelaufen,

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