Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:
aufgeräumt und sämtliche Spuren von Pontus beseitigt. Sie hatten ihr angeboten, in ihrem Mädchenzimmer zu Hause im Önskeringsvägen zu schlafen, aber davon wollte sie nichts wissen. Sie wollte weiter in der Wohnung leben, obwohl Pontus weg war. Sie wollte auch nichts davon wissen, dass irgendeiner von ihnen bei ihr übernachtete. Sie war traurig, aber gut in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern.
Am Ende hatte sie darum gebeten, in Ruhe gelassen zu werden. Nach wiederholten Blicken auf die Wanduhr hatte sie gesagt, dass sie schlafen müsse, dass sie das ewige Gequatsche über Pontus und ihre Zukunft nicht mehr hören konnte. Sandén beschlich der Verdacht, dass Pontus vielleicht doch wieder auftauchen würde, dass sie irgendetwas ausgemacht hatten und sie nur darauf wartete, dass er zurückkehrte. Er hatte sie freundlich, aber bestimmt gefragt, ob das der Fall sei, und sie hatte ihm in die Augen geschaut und geschworen, dass es nicht so sei. Damit war er zufrieden gewesen, denn Jenny konnte nicht lügen. Sandén musste lächeln, als er sich an Jenny als Kind erinnerte, wenn man gelegentlich entdeckt hatte, dass in der Speisekammer nicht mehr alles seine Ordnung hatte.
»Jenny, da sind ein paar Süßigkeiten verschwunden. Hast du etwas genommen?«
Und dann ihre glänzenden, blauen Augen, die offen, aber mit einer Spur von Unruhe seinem Blick begegneten.
»Ja, Papa. Ich habe elf Stück genommen.«
»Elf Stück? Wie konntest du das tun, wenn du doch wusstest, dass ich mich darüber ärgern würde?«
»Ich hatte so großen Hunger darauf. Ich konnte es nicht lassen.«
Und lügen kannst du auch nicht, kleine Jenny, hatte er gedacht. Der Gedanke, dass man alles auf die kleine Schwester schieben oder einfach leugnen konnte, war ihr nie gekommen. Das war ein Teil ihrer Behinderung. Es war schwer genug für sie, ihre Umwelt zu begreifen. Etwas zu beschreiben, was nie passiert war, überstieg ihre Möglichkeiten.
Deshalb machte er sich auch keine Sorgen, als er im Spinnrocksvägen in der Nähe des Brommaplan aus dem Auto stieg. Wenn Jenny sagte, dass Pontus nicht vorhatte, wieder aufzutauchen, dann war es auch so. Aus ihrer Perspektive gesehen zumindest. Er öffnete die Haustür mit dem Zahlencode, ging in den ersten Stock hinauf und klingelte an der Tür zu der Wohnung seiner Tochter. Oder, besser gesagt, seiner eigenen Wohnung. Glücklicherweise waren Sonja und er die Eigentümer der Einzimmerwohnung – eine Vorsichtsmaßnahme beim Kauf, die sie nicht bereut hatten.
Jenny kam nicht, um ihm zu öffnen, und aus der Wohnung war nichts zu hören, als er das Ohr an die Tür legte. Er klingelte noch einmal, ohne dass irgendetwas passierte, und drückte die Klinke hinunter, um sich zu vergewissern, dass die Tür wirklich abgeschlossen war. Sie hatten ihr eingeschärft, dass sie immer hinter sich abschließen sollte, egal ob sie kam oder ging. Sie war offen. Die Tür schwang auf, und er machte einen Schritt in den Flur und rief den Namen seiner Tochter. Immer noch keine Antwort. Er ging in das Zimmer, ohne sich die Schuhe auszuziehen, und schaute sich besorgt um. Er konnte noch feststellen, dass das Bett ungemacht war, bevor sich plötzlich die Badezimmertür öffnete und Jenny im Morgenrock und mit einem Handtuch um die Haare gewickelt hereinkam.
»Du sollst doch abschließen …«, begann er, bis er den Mann sah, der hinter ihr stand.
Sandén fiel die Kinnlade herunter. Jenny hatte ihn nicht belogen; es war nicht Pontus, der seinem Blick mit einem Lächeln begegnete, das eigentlich verlegen hätte sein sollen, es aber ganz und gar nicht war. Es war ein ganz anderer Mann, der sich in der Tür an ihr vorbeidrängte und unbekümmert zum Sofa marschierte, wo er seine Kleidung anzuziehen begann. Er war lang und muskulös, dunkelhaarig und unrasiert.
»Ja, verdammt, wer bist denn du?«, brachte Sandén schließlich über die Lippen, während ihm tausend Gedanken durch den Kopf schwirrten. »Wer zum Teufel ist das?«, fragte er schließlich Jenny, die wie versteinert dastand und ihn mit einem Blick anschaute, aus dem Schrecken und Verzweiflung sprachen.
»Papa, ihr dürft nicht einfach kommen, ohne vorher anzurufen«, jammerte sie. »Ich muss endlich mein eigenes Leben leben.«
»Wer zum Teufel ist das?«, fragte er noch einmal und wandte sich dem Mann zu, der es nicht besonders eilig zu haben schien. »Verschwinde von hier«, sagte er dann mit einer Entschlossenheit in der Stimme, von der er nicht wusste, woher er
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