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Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:

Titel: Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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irgendetwas richtig Dummes angestellt, irgendetwas, für das sie büßen musste?«
    Jennifer, dachte sie, machte doch keine dummen Sachen. Jennifer wusste, was man tun konnte und was nicht, überschritt niemals die Grenze. Sie lag immer richtig, machte niemals zu viel oder zu wenig.
    »Nein, mir fällt da niemand ein«, sagte Elise. »Ich wollte nur hören, ob Sie weitergekommen sind.«
    »Das sind wir«, sagte Hamad. »Wir kommen die ganze Zeit voran, aber nicht so schnell, wie wir es uns vielleicht wünschen.«
    »Dann werde ich mal wieder gehen«, sagte Elise und erhob sich von ihrem Stuhl.
    »Du kannst jederzeit anrufen oder vorbeikommen, wenn du irgendetwas erzählen oder einfach nur reden möchtest.«
    Einfach nur reden, dachte Elise. Mit dir will ich doch nicht reden, du mieser, schleimiger …
    Endlich konnte sie weg von hier. Sie ging den Korridor zurück und die Treppen hinunter. Warf einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass nicht noch mehr unangenehme Überraschungen auf sie warteten, bevor sie den Weg zum Fundbüro einschlug. Sie gab die Brieftasche anonym ab und sagte, dass sie nicht mehr wusste, wo sie sie gefunden hatte.
    Mit einem leichten Schaudern verließ sie die Polizeiwache, deren Türen sich automatisch hinter ihr schlossen, und ging mit schnellen Schritten in Richtung Skanstull davon.
    *
    Unter Jennifer Johansson Klassenkameraden und Lehrern herrschte eine gedrückte Stimmung. In dem Zimmer, wo er sich mit der Klasse und dem Klassenlehrer traf, hatte man eine eingerahmte Fotografie von ihr aufgestellt, vor der eine Kerze brannte. Ein schönes Blumenbukett verlieh dem Arrangement eine zusätzliche Wärme, und Sjöberg fragte sich, ob Jennifer jemals Blumen bekommen hatte, als sie noch lebte.
    Dieser Tag sollte, ebenso wie der vergangene Tag, eher Diskussionen und Gesprächen gewidmet sein als den Fächern, die auf dem Stundenplan standen – Sjöberg stellte sich vor, dass dies ebenso lehrsam sein dürfte wie der normale Unterricht. Nachdem er vor der ganzen Klasse ein paar Worte gesprochen hatte, widmete er sich jedem Einzelnen ein paar Minuten unter vier Augen. Das Bild war einheitlich: Jennifer Johansson war beliebt und auf eine bemerkenswerte Weise tonangebend gewesen, ohne dabei zu viel Aufhebens um sich zu machen. Und die Vermutung, dass sie von irgendjemandem bedroht gewesen sein könnte, wurde als bloße Fantasie abgetan.
    Auch die Lehrer von Jennifer, die zu treffen er im Laufe des Vormittags Gelegenheit bekam, schienen diese Auffassung zu teilen. Sie deuteten darüber hinaus an, dass sie alle Voraussetzungen besessen habe, um gute Ergebnisse in der Schule erzielen zu können, aber dass ihr die Motivation vollkommen gefehlt habe. Sjöberg wunderte das nicht im Geringsten, ebenso wenig wie den Sozialarbeiter der Schule, der das Bild, das er von Jennifer gewonnen hatte, bekräftigte.

Dienstagmittag
    S jöberg war mittlerweile in die Östgötagatan zurückgekehrt und hatte gerade die ziemlich uninteressante Befragung eines gemütlichen Möbelhändlers aus Bålsta beendet, dessen Reise auf der Fähre einzig dem Zweck gedient hatte, ein bisschen Spaß zu haben, seine »Hüften zu schwingen«, wie er es ausgedrückt hatte. Das war ihm so überzeugend gelungen, dass er in der Lage war, die Adresse und Telefonnummer einer Mitreisenden mitteilen zu können, die bezeugen würde, dass er nachts um drei anderes zu tun gehabt hatte, als junge Mädchen zu ermorden.
    Als der frisch geschiedene Achtundfünfzigjährige die Tür hinter sich geschlossen hatte, rief der Polizeidirektor an und bot Verstärkung in Form von zusätzlichem Personal an. Derartige Angebote bekam man von der Polizeiführung nicht gerade oft, und Sjöberg versuchte stets, die Arbeit mit den Leuten zu erledigen, die ihm ohnehin zur Verfügung standen. Es war eine Frage des Vertrauens. Was ihm unbekannte Menschen über die Glaubwürdigkeit eines mutmaßlichen Täters sagten, interessierte ihn nicht. Zusätzliches Personal tendierte dazu, entweder zu viel der Arbeitsaufgaben zu übernehmen oder gar nichts. Sjöberg hatte keine Probleme damit, Verantwortung zu delegieren, aber er war nicht bereit, die Kontrolle über die Ermittlungen aus der Hand zu geben, um den Prozess zu beschleunigen.
    »Danke, aber das ist nicht nötig«, antwortete er knapp. »Ansonsten werde ich von mir hören lassen. Allerdings«, fiel Sjöberg bei der Gelegenheit ein, »weiß ich, dass Lotten an der Rezeption gerne ein bisschen Hilfe bei

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