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Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu:

Titel: Nur Der Mann Im Mond Schaut Zu: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Gerhardsen
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soll«, stotterte Sjöberg. »Ich traue meinen Augen nicht.«
    »Nein, man muss sich schon sehr wundern«, pflichtete ihm der Polizeidirektor bei.
    »War sie überhaupt im Haus, als das abgeschickt wurde?«, fiel Sjöberg ein. »Das müssen wir untersuchen. Es könnte ja jemand anderes gewesen sein, der …«
    »Das habe ich schon überprüft«, unterbrach ihn Brandt. Die Logdatei des Kartenlesers an der Eingangsschleuse zeigt, dass sie um 23:44 Uhr gekommen ist und das Gebäude um 0:06 Uhr wieder verlassen hat.«
    Sjöberg wischte sich die Handflächen am Hosenbein ab, seufzte ein weiteres Mal und schaltete den Bildschirm aus. Er konnte das Elend nicht mehr sehen.
    »Ich werde mit ihr reden«, sagte er müde. »Ich melde mich wieder, wenn ich die Angelegenheit geklärt habe.«
    *
    Das Wetter war heute nicht mehr so schön, aber immer noch recht warm, und es sah nicht nach Regen aus. Im Laufe des Vormittags hatte sie die Häuser rund um die Gartenkolonien auf der Insel Långholmen abgearbeitet, was länger gedauert hatte, als man überhaupt glauben konnte. Zum Teil lag es an den sehr langen Wegen, zum Teil – und vor allen Dingen – aber an der eigentlichen Untersuchungsmethode. Sie war gezwungen, jede einzelne Immobilie aufzusuchen, von der man annehmen konnte, dass sie eine Aussicht auf die Schreberhäuschen bot, um anschließend zu beurteilen, ob eine der Wohnungen in dem Haus tatsächlich diese Aussicht hatte.
    In jedem Treppenaufgang nach dem Namen Bergman auf den Klingelbrettern zu suchen, hatte sich als ziemlich umständlich herausgestellt. Manchmal waren die Namensschilder von draußen gar nicht zu sehen. Dann war sie gezwungen zu warten, bis jemand kam, oder auf die Gegensprechanlage zu drücken, um hereingelassen zu werden. Diejenigen, die zu Hause waren, wollten ihr in der Regel die Tür nicht öffnen, aber sie gab sich als Briefträger aus und behauptete, das Codeschloss würde streiken. Manchmal sah sie die Namensschilder von draußen, aber die Buchstaben waren zu klein, um sie lesen zu können. Deshalb hatte sie heute ein Fernglas dabei, damit sie zumindest dieses Problem aus dem Weg räumen konnte.
    Konnte das alte Gefängnisgebäude aus der Mitte des 19.Jahrhunderts in den Augen eines kleinen Mädchens wie ein Schloss aussehen? Das war durchaus möglich, aber sie hatte nirgendwo ein Haus gefunden, von dem aus man sowohl eine Gartenkolonie als auch das »Schloss« sehen konnte und das darüber hinaus einen Wohnungsinhaber namens Bergman aufzuweisen hatte. Nachdem sie Långholmen erledigt hatte, waren ihre Beine müde, und sie war so hungrig, dass sie ihr Mittagessen verzehren musste, obwohl nur noch eine einzige Gartenkolonie ausstand, bevor sie Södermalm geschafft hatte. Jetzt steuerte sie ihr letztes Ziel innerhalb dieses Stadtteils an, Barnängens Gartenkolonie am Vitabergspark.
    Sie musste einsehen, dass sie früher oder später gezwungen sein würde, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen. Sie hatte überlegt, sich von einem Taxi von Gartenkolonie zu Gartenkolonie fahren zu lassen, aber festgestellt, dass sie dafür nicht die finanziellen Voraussetzungen besaß. Bei ihrer kleinen Pension blieb nichts übrig für derartige Ausschwei fungen, und allein der Gedanke daran, dass ein Taxameter tickte, während sie Treppenaufgänge kontrollierte, jagte ihr den kalten Schweiß auf die Stirn. Und ein Fahrrad besaß sie nicht. Zwischen aggressiven Stockholmer Autofahrern herumzuradeln, empfahl sich nicht für eine Zweiundsiebzigjährige. Ihr Plan sah im Augenblick so aus, dass sie so weit wie möglich zu Fuß gehen und bei Bedarf Bus oder U-Bahn fahren würde.
    Die helle Stimme des kleinen Mädchens klang in ihrem Kopf nach. Wie gut sie gesprochen hatte! Sie drückte sich hervorragend aus und sprach ganz sauber. Sie war bestimmt ein sehr begabtes kleines Kind. Schon sehr weit entwickelt. Konnte auf sich aufpassen und Essen finden, wenn sie hungrig wurde. Aber sie wusste nicht, wie sie mit Nachnamen hieß. Sie konnte nicht sagen, wie alt sie war und wo sie wohnte. Wie konnte man ein so kleines Kind allein zu Hause lassen? Das war einfach unvorstellbar. Hanna war ein kleiner Frechdachs, ein Kind mit einer sehr lebhaften Fantasie. Sie hatte das Telefon entdeckt und angefangen, auf die Knöpfe zu drücken, hatte Telefonstreiche gespielt, sobald die Eltern ihr den Rücken zugewandt hatten. So muss es gewesen sein. Alles andere war vollkommen ausgeschlossen. Was trieb sie eigentlich hier? Hetzte durch

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