Nur Der Tod Bringt Vergebung
der wie ein Schluchzen klang, dann fiel das Messer zu Boden.
Alle waren wie gelähmt. Es herrschte entsetztes Schweigen.
Oswiu starrte auf die blutige Spitze seines Schwertes, als könne er nicht glauben, was soeben geschehen war.
Langsam brach die mächtige Gestalt des Herrschers von Deira zusammen. Blut befleckte sein Wams direkt über dem Herzen.
Eadulf regte sich als erster. Er griff nach dem Hals des jungen Mannes, um seinen Puls zu fühlen. Er schaute erst zu dem reglosen Oswiu und dann zu Äbtissin Hilda auf, dann schüttelte er den Kopf und sah zu Boden.
Äbtissin Hilda ging zu Oswiu und legte eine Hand auf seinem Arm. Ihre Stimme war völlig ruhig.
«Ihr tragt keine Schuld, Oswiu. Er hat seinen Tod selbst heraufbeschworen.»
Oswiu erschauderte wie jemand, der aus einem Traum erwacht. «Und doch war er mein Sohn», sagte er leise.
Colmán schüttelte den Kopf.
«Er war Wilfrids Mann. Wenn Wilfrid davon erfährt, wird er versuchen, die Anhänger Roms zu bewaffnen.»
Oswiu steckte sein blutiges Schwert in die Scheide zurück und wandte sich an seinen Bischof. Er wirkte jetzt wieder ruhig und beherrscht.
«Ich hatte keine Wahl. Er lauerte schon seit langem auf eine Gelegenheit, mich aus dem Weg zu räumen und selbst den Thron zu besteigen. Ich wußte, daß er sich gegen mich verschwor. Er kannte keine Treue zu Rom oder Iona. Den Religionsstreit nutzte er nur aus, um mich zu schwächen. Letztendlich ist er ein Opfer seines eigenen Ungestüms geworden.»
«Und dennoch», beharrte Colmán, «müßt Ihr Euch jetzt vor Wilfrid und Ecgfrith in acht nehmen.»
Oswiu schüttelte den Kopf.
«Ehe der Tag zu Ende ist, wird mein Heer mit Alhfriths Aufständischen fertig sein und nach Streoneshalh marschieren.» Er hielt inne und sah seinen Bischof traurig an. «Mein Herz schlägt für Iona, Colmán, doch wenn ich mich für Iona entscheide, werden Wilfrid und Ecgfrith versuchen, einen Aufstand gegen mich vom Zaun zu brechen. Sie werden behaupten, ich würde das Königreich an die Iren, Pikten und Bretonen verkaufen und mein eigenes Volk verraten. Was soll ich tun?»
Colmán seufzte.
«Das ist leider eine Entscheidung, die Ihr ganz alleine treffen müßt, Oswiu. Niemand kann sie Euch abnehmen.»
Oswiu lachte bitter.
«Man hat mir diese Synode aufgezwungen. Ich bin daran gebunden wie an ein vom Wasser angetriebenes Rad. Ich muß aufpassen, daß ich nicht ertrinke.»
Fidelma zuckte zusammen.
«Ertrinken! Wir haben Seaxwulf vergessen. Ehe wir mit Sicherheit sagen können, wer hinter den Morden an Étain, Athelnoth und Seaxwulf steckt, haben wir noch eine Menge zu tun.»
Sie bedeutete Eadulf, ihr zu folgen, und ließ die anderen in Äbtissin Hildas Gemach zurück.
«Ich möchte, daß Ihr in Witebia einen kundigen Fischer ausfindig macht», sagte sie zu Eadulf, als sie alleine waren. «Fragt ihn, wie lange es seiner Erfahrung nach dauert, bis ein Leichnam von den Klippen unterhalb der Abtei an eine Stelle gespült wird, wo sie gefunden werden kann. Es ist wichtig, daß wir Seaxwulfs Leichnam untersuchen. Und laßt uns beten, daß wir ihn innerhalb der nächsten Stunden und nicht erst nach Tagen oder Wochen entdecken.»
«Aber warum?» wollte Eadulf wissen. «Ich verstehe Euch nicht. Stecken nicht Alhfrith, Taran und Wulfric hinter den Morden?»
Fidelma lächelte.
«Ich hoffe, daß Seaxwulf das entscheidende Beweisstück auch im Tod noch bei sich trägt.»
XVIII
Als das graue Licht der Morgendämmerung das Fenster ihres cubiculums streifte, war Fidelma bereits angezogen. Es war der letzte Tag der großen Synode – der Tag, an dem Oswiu seine Entscheidung bekanntgeben mußte. Wenn sie die Morde an Étain, Athelnoth und Seaxwulf nicht aufklären konnte, würde die Gerüchteküche weiterbrodeln, und ein Krieg, möglicherweise weit über die Grenzen Northumbriens hinaus, würde die Folge sein. Schon beim Erwachen hatte ihr vor Anspannung jeder Knochen im Leibe weh getan, und das Nachdenken verursachte ihr Kopfschmerzen.
Die Schritte, die über den Flur in ihre Richtung eilten, ließen ihr Herz schneller schlagen. Ihr sechster Sinn sagte ihr, wer da zu ihr kam. Sie riß die Tür auf und stieß fast mit dem atemlosen Eadulf zusammen.
«Leider habe ich keine Zeit, mich für meine schlechten Manieren zu entschuldigen», keuchte er. «Der Fischer hatte recht. Seaxwulf wurde gefunden und bereits in den Hafen gebracht.»
Ohne ein Wort folgte Fidelma dem sächsischen Bruder, der ihr mit raschen Schritten
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