Nur Der Tod Kann Dich Retten
Bar vorbei, ohne dass einer von ihnen auch nur in ihre Richtung blickte. »Tja, wo Sie es erwähnen, ich bin schon verabredet«, murmelte sie und stieß die Tür zu dem kleinen burgunderfarbenen Vorraum der Toilette auf. »Mein Prinz müsste jeden Moment hier sein.« Sie trat vor einen großen Spiegel mit vergoldetem Rahmen hinter einem weißen Waschbecken und war angenehm überrascht von dem, was sie sah. Es war zugegeben unwahrscheinlich, dass irgendjemand sie für eine Frau unter dreißig halten würde, und sie sah auch bestimmt nicht fantastisch aus, wie Rita behauptete, aber in der Tat ziemlich vorzeigbar. Mehr als das. »Du siehst verdammt gut aus«, erklärte sie ihrem Spiegelbild, zupfte an ein paar widerspenstigen Locken und suchte in ihrer Handtasche ihren Lippenstift.
Beschwipstes Gekicher von der anderen Seite der Tür kündete von der Ankunft mehrerer weiterer Gäste, und bevor Sandy Platz machen konnte, sah sie sich von drei jungen Frauen umringt, alle knapp 1,80 Meter groß mit langen glatten blonden Haaren, tief ausgeschnittenen Tanktops, Jeans und Stöckelschuhen. Als sie sich vor dem Spiegel drängelten, glaubte Sandy eine Sekunde lang, die drei könnten Drillinge sein, stellte jedoch mit weiteren verstohlenen Blicken fest, dass zwei der Mädchen braune Augen hatten, während die
des dritten strahlend blau waren. Außerdem hatte eines der Mädchen ihre Fingernägel vollständig abgekaut, während die der anderen lang und sorgfältig manikürt waren. Zwei der Mädchen hatten darüber hinaus offensichtlich Implantate. Und eines von ihnen lächelte ein wenig schüchterner als die anderen beiden, womöglich weil ihre Zähne nicht ganz so blendend weiß waren. Sandy entschied, dass sie sie am sympathischsten fand.
Die blauäugige Frau betrat den Raum als Letzte, während die braunäugigen Mädchen mit ihren Haaren zu spielen begannen. »Was meinst du?«, fragte die eine die andere. »Hoch oder offen.«
»Ich mag es offen. Das ist aber ein schicker Farbton.«
Es dauerte einen Moment, bis Sandy begriff, dass die Frau ihren Lippenstift meinte. »Oh danke.«
»Wie heißt er?«
Sandy sah auf der Unterseite der pink-metallic-farbenen Röhre nach. »Passion Peach.«
»Tatsächlich? Gefällt mir. Genau wie Ihr Ring«, fügte sie hinzu und wies mit dem Kopf auf den Brillant-Memoirering an Sandys linker Hand.
Ian hatte ihn ihr zum zehnten Hochzeitstag geschenkt, um den schmaleren Ehering aus Gold zu ersetzen, der alles war, was sie sich zur Hochzeit hatten leisten können. »Danke«, sagte Sandy noch einmal und dachte, dass auch ein Bund fürs Leben mittlerweile offenbar sein Verfallsdatum hatte. Ich hoffe, wir können unsere Scheidung so gütlich wie möglich regeln , hörte sie Ian sagen. »Möchten Sie ihn haben?« Sie streifte den Ring vom Finger.
»Was?«
»Meinen Ring. Möchten Sie ihn haben?«
Das Mädchen lachte. »Wie meinen Sie das?«
»Mein Mann will die Scheidung, offenbar eine gütliche , deshalb werde ich ihn wohl nicht mehr brauchen.« Sandy streckte die Hand aus. »Wirklich, Sie können ihn haben.«
Das Mädchen guckte sie nervös an. »Nein, nein, das kann ich nicht annehmen.« Sie sah zu ihren Freundinnen, die ihrem Blick beide auswichen.
»Sie haben Recht«, sagte Sandy und streifte den Ring wieder über ihren Finger. »Tut mir leid, wenn ich verrücktes Zeug rede.«
»Oh nein, das ist überhaupt nicht verrückt«, log das Mädchen.
»Und es ist wirklich ein wunderschöner Ring«, sagte die andere. »Den könnten Sie bestimmt bei eBay verkaufen.«
»Stimmt. Ich hab gelesen, dass eins der Mädchen aus der Sendung The Bachelor ihren Verlobungsring bei eBay verkauft hat, nachdem das Schwein sie abserviert hat.«
»Wirklich?« Sandy hatte keine Ahnung, wovon die Frau redete, obwohl die Wörter Schwein und abserviert in ihren Ohren widerhallten, als sie die Toilette hastig verließ. Selbst als die Tür zugefallen war, konnte sie die Mädchen drinnen kichern hören.
»Was war denn das ?«, sagte eine der Frauen.
»Was sollte denn das?«, fragte Sandy selber laut und sah sich verlegen um. Aber niemand nahm sie oder die Tatsache zur Kenntnis, dass sie Selbstgespräche führte, oder wenn, war es ihnen egal. Der ganze Abend war eine einzige Katastrophe, sie und Rita waren offensichtlich versetzt worden, weshalb es an der Zeit war, ihre Verluste abzuschreiben und das Weite zu suchen. Sie würden ihren Green Apple Martini herunterkippen und gehen, entschied sie, als sie sich durch das
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