Nur die Liebe heilt
Köchin, hatte aber keine Berufserfahrung. Ich habe jung geheiratet und meine Jungs großgezogen, die jetzt beide aufs College gehen. Mr Thorne war es egal, dass ich noch nie in diesem Beruf gearbeitet hatte. Er hat mich trotzdem angestellt.“
Wenn sie bloß nicht gefragt hätte! Sie wollte keine Lobhudeleien über Brodie hören. Ungeduldig zappelte Evie mit den Zehen. Auf einmal sollte er ein großzügiger Mensch sein und nicht der steife, unangenehme Mann, für den sie ihn immer gehalten hatte?
„Nun, wenn man jahrelang für eine Familie sorgt, hat man wohl mehr als genug Erfahrung. Falls dieser köstliche Duft aus der Küche irgendein Anhaltspunkt ist, dann bin ich davon überzeugt, dass Sie Ihre Arbeit hervorragend machen.“
Die Haushälterin schien sich ein wenig für Evie zu erwärmen, ihr Gesichtsausdruck war nicht mehr ganz so abweisend. „Ich bemühe mich. Wenn Sie jemals meine Hilfe mit Taryn brauchen, dann sagen Sie unbedingt Bescheid.“
„Vielen Dank. Ich komme bestimmt auf Ihr Angebot zurück.“
Brodie hatte Krankenschwestern engagiert, die sich um Taryns medizinische Bedürfnisse kümmerten, aber Evie wollte mit dem Mädchen sechs Stunden am Tag ein straffes körperliches Programm durchziehen. Jeden Tag zwischen zehn undsechzehn Uhr, bis Brodie jemanden gefunden hatte, der ihre Arbeit übernehmen konnte. Zudem würde ein Ergotherapeut, den sie von früher kannte, dreimal die Woche für zwei Stunden ins Haus kommen.
Für höchstens zwei Wochen – das würde sie schon irgendwie hinbekommen. Sie hatte in der vergangenen Nacht von ihrer Adoptivtochter geträumt, von Cassies süßem Lächeln, ihrem großen Herzen und ihrer liebevollen Art.
Sie hatten zusammen in der Hängematte hinter ihrem Bungalow in Topanga Canyon gelegen, sich Geschichten erzählt, alberne Liedchen gesungen und dem Rauschen des Baches zugehört. Cassie hatte glücklich gelacht – genau das Lachen, an das Evie sich erinnerte –, und dann war sie mit der schmerzhaften Erkenntnis aufgewacht, dass es ihre Tochter nicht mehr gab.
Es war fast zwei Jahre her, doch Evie trauerte nach wie vor um Cassie. Auch wenn sie ihren Frieden in Hope’s Crossing gefunden haben mochte, blieb der Schmerz. Allerdings war er nicht mehr so unerträglich wie zu Beginn, und vielleicht hatte sich ja inzwischen eine schützende Hülle um ihr Herz gebildet.
Jetzt musste sie nur verhindern, dass Taryn Thorne und ihr viel zu attraktiver Vater diese Hülle wieder sprengten.
Die Schweiz. Stoisch und distanziert, ohne eine Spur von emotionaler Verstrickung. Das würde sie schon schaffen, auch wenn ihre Freundschaft mit Katherine die ganze Sache erheblich erschwerte.
Ein silberner Kleinbus fuhr in die Auffahrt.
„Oh, sie ist da!“, stieß Mrs Olafson aus.
Lächelnd drückte Evie ihr die Hand, dann erhob sie sich.
Brodie schien einen Moment zu zögern, bevor er den Knopf für die Rampe drückte, und wieder spürte Evie dieses unwillkommene Mitgefühl in sich aufsteigen. Sie konnte sich gut an das panische Und-was-nun -Gefühl erinnern, als sie Cassie nach Merediths Beerdigung zu sich nach Hause geholt hatte.
Ehe sie darüber nachdenken konnte, war sie schon mit einem strahlenden Lächeln auf den frisch geebneten Asphaltweg getreten, auf dem man sich bequem mit einem Rollstuhl fortbewegen konnte. „Hi. Willkommen zu Hause! Wie war die Fahrt?“
Brodie blinzelte kurz, als ob er mit einer so freundlichen Begrüßung nicht gerechnet hätte. „Gut. Sie ist eine echte Kämpferin, aber bestimmt müde.“
Mrs Olafson war ihr gefolgt. „Mr Thorne, der Pflegedienst hat angerufen und gesagt, dass die Krankenschwester sich verspätet. Sie sollte in etwa einer Stunde hier sein.“
„Danke, Mrs O.“
Einen Moment lang stand er hilflos da, als wüsste er nicht, was er als Nächstes tun sollte. Am liebsten hätte Evie ihn in die Arme genommen und ihm ins Ohr geflüstert, dass alles gut werden würde. Doch sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie er auf so etwas reagiert hätte.
Sie beugte sich ins Innere des Busses und legte eine Hand auf die Lehne des Rollstuhls. „Hi, Taryn. Erinnerst du dich an mich? Evie Blanchard aus dem String Fever ?“
Taryn nickte, ihr Mund verzog sich zu einem halben Lächeln. „Hi.“
Was haben Sie hier zu suchen? Obwohl Taryn die Worte nicht aussprach, konnte Evie die Frage regelrecht hören. Wenn sie etwas von ihren Patienten gelernt hatte, dann war es, nonverbale Zeichen zu verstehen. Taryn war von ihrer Anwesenheit
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