Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)
Anne-Sophie, eine innere Unruhe hatte sie in letzter Zeit erfasst. Ihre Zukunft war ungewiss, ein Gefühl, das sie noch nie gekannt hatte.
„Wie kann ich dich trösten“, fragte Ted und ergriff Anne-Sophies Hand.
„Oh“, sagte Anne-Sophie und entzog nicht ihre Hand, „gehört das zu den offiziellen Aufgaben des Europa-Managers?“
„Eher zu den inoffiziellen“, lachte Ted. „Ich kann das Wochenende bleiben, wenn du willst.“
„Ich weiß nicht, ob es ein guter Zeitpunkt ist, in meinem Zustand, ich meine mit meinem Kopf voller Sorgen eine .....“ sie stockte ... „ich meine mehr als über eine freundschaftliche Verbindung mit dem Europa-Manager der Smith, Henderson hinauszugehen.“
„Im Prinzip hast du Recht, auch ich bin nicht in guter Verfassung, ich bin dabei mich scheiden zu lassen, so eine Scheidung schlaucht. Plötzlich hat man einen Berg von Problemen, die zu lösen sind, vor allem auch finanzielle. Ich glaube, die meisten Paare lassen sich schlussendlich nicht scheiden, weil sie diese Probleme nicht lösen können oder wollen.“
„Geld löst viele Probleme.“
Ted antwortete nicht. Anne-Sophie dachte an ihre Freundin Marlene, die eine Affäre mit einem Mann angefangen hatte, der in Scheidung lebte. Die Probleme des Mannes waren größer als die zarte Pflanze der Liebe, die noch am Wachsen war. Beide fühlten sich schuldig, die Ehe zerbrochen zu haben. Als der Mann endlich geschieden war, trennte er sich von ihr und heiratete ein Jahr später seine Sekretärin, die fünfzehn Jahre jünger war.
Anne-Sophie war älter als Ted, mindestens fünf Jahre schätzte sie. Aber noch wollte sie nicht die Hoffnung auf eine schöne, idealerweise nicht allzu kurze Affäre aufgeben. Anne-Sophie war eine Verfechterin der serialen Monogamie. Zusammensein solange man Spaß miteinander hatte, sich trennen, wenn Leid oder Streit überwiegen. „Und was passiert mit den Kindern?“ war jedes Mal, wenn Anne-Sophie darüber sprach, die Frage ihrer Mutter. „Genau das, was mit ihnen heute bei einer Scheidung auch passiert. Sie bleiben entweder bei der Mutter oder beim Vater.“
Ihre Vernunft riet ihr, bei Ted zu warten. Ein paar Wochen später, wenn alles mit den Amerikanern ausgestanden wäre, könnte sie eine Affäre genießen und vor allem sich mit Ted zeigen, unbeschwert zu den Orten gehen, wo es egal war, ob sie gesehen wurden oder nicht.
„Lass uns warten, bis hier alles vorbei ist, und dann gehen wir an die Bar vom Martinez und betrinken uns bis zur Bewusstlosigkeit, mal sehen, was dann passiert.“
„Das kann noch einen guten Monat dauern“, sagte Ted, nichtsahnend, dass die Ereignisse sich bald überstürzen würden.
Ted lag nachdenklich in seinem Bett im Hotel und konnte nicht einschlafen. Anne-Sophie lag in ihren Betten in ihrem Haus in der Altstadt von Cannes. Beide bedauerten, so vernünftig gewesen sein.
„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, tröstete sich Anne-Sophie und dachte an das Buch des jungen Schriftsteller, sein Name wollte ihr nicht einfallen, der über hunderte von Seiten, die Vorfreuden der Liebe pries, die im Prinzip schöner als die Liebe selber wären.
Sie war schon fast eingeschlafen, als es an ihrer Haustür klingelte. Erst zaghaft, dann etwas stürmischer. Anne-Sophie zog ihren Bademantel an und ging zur Tür. Sie hatte es geahnt, es war Ted. Ted wollte die Vorfreude verkürzen und gleich zur Freude übergehen. Es war zu spät, um nochmals Argumente zu finden, auf den richtigen Zeitpunkt zu warten. Ted war ein zärtlicher, feinfühliger Mann, Anne-Sophie hatte es geahnt, aber vor allem, er war ein Mann mit dem man sich unterhalten konnte. Über alles und Gott und die Welt.
„Warst du eigentlich mal verheiratet?“ fragte Ted dann plötzlich beim Sonntagsfrühstück.
„Nein“, antwortete Anne-Sophie und strich etwas Butter auf ihr Baguette.
„Hast du nie den richtigen Mann gefunden?“, hakte Ted nach.
„Doch“, sagte Anne-Sophie, „es hat ihn gegeben, den Mann fürs Leben. Aber es hat nicht sollen sein.“
„Und warum hat es nicht sollen sein?“
„Er wollte nicht heiraten, er wollte nie heiraten. Eine Ehefrau wäre ein Klotz am Bein, ja, er hat wortwörtlich gesagt, ein Klotz am Bein. Er war Musiker, aber keiner, der Konzerte gab und deshalb viel unterwegs war. Er schrieb Musik für Filme, auch Werbefilme, da habe ich ihn kennengelernt. Wir waren fünf Jahre lang leiert, es waren schöne Jahre und wir wären vielleicht noch heute
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