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Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)

Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition)

Titel: Nur die Nacht war Zeuge (Mord Azur) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lawrenz
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angemeldet“, sagte Ken Bernstein mit leicht ungehaltener Stimme, „ich komme aus New York, im Auftrag von Mr. Kaybody.“
    „Mr. Kaybody, ich verstehe, Mr. Kaybody war vor ein paar Tagen hier“, wusste Jean-Stephane zu berichten und lächelte unbeholfen.
     
    „Ist der dritte Gentleman, von dem Sie sprechen, von der hiesigen Polizei?“ fragte Ken Bernstein.
    „Nein, die Polizei war gestern hier“, Jean-Stephane lispelte vor Aufregen. „Wir vermuten, dass es sich um den Nachfolger von Piet Drachmann handelt.“
    „Der König ist tot, es lebe der König“, posaunte Ken Bernstein durch den Empfang. Jean Stephane weitete seine kindlichen Augen und starrte ängstlich in den linken Gang. Ein ankommendes Gespräch gab ihm eine dankbarere Aufgabe, als auf den makaberen Humor des kleinen Detektivs einzugehen.
     
    Durch die offene Tür im rechten Gang wurde plötzlich eine laute, überfreundliche Stimme vernehmbar. Anne-Sophie Marrais telefoniert offensichtlich mit einem Kunden. Anscheinend war sie wieder in Amt und Würden und gute Nerven schien sie auch zu haben, dachte Ken Bernstein. Er machte sich auf, um sie zu begrüßen.
    „Ein Irrenhaus“, sagte Anne-Sophie, nachdem sie den amerikanischen Detektiv herzlich begrüßt hatte.
    „Ich hoffe etwas Ruhe hier zu schaffen“, sagte Ken Bernstein mit verbindlichem Lächeln.“
    „Ein Detektiv und Ruhe“, sagte Anne-Sophie, die Detektive bis dato nur aus Fernsehfilmen kannte.
    Ken Bernstein setzte sich auf den angebotenen Stuhl.
    „Ich habe gerade Piet Drachmann gesehen.“
    „Gesehen“, sagte Anne-Sophie mit großen Augen.
    „In der Gerichtsmedizin“, erklärte Ken Bernstein und fuhr fort: “Ich weiß es wird für Sie schwer sein, über ihn zu sprechen, aber bitte versuchen Sie, so offen und ehrlich wie möglich zu sein.“
    Anne-Sophie Marrais seufzte. „Er war ein Arbeitstier, er lebte nur für die Firma, war Tag und Nacht in der Agentur, jeden Samstag und jeden Sonntag, früher nahm er sich wenigsten noch den Sonntag frei, hatte seine Sekretärin berichtet. Gut, das war seine Privatsache und anfänglich ging alles glatt, ich meine wir verstanden uns, sagen wir normal gut, wie das im Business so üblich ist. Doch er hatte einfach zu viele Schrullen.“
    „Beispielsweise?“
    „Er hatte die Manie, alles kontrollieren zu müssen. Jeden Brief, jede Rechnung. Die gesamte Post ging morgens in sein Büro, wurde von ihm überprüft und kam erst mittags in die einzelnen Abteilungen.
    „Monsieur Villepin hatte denselben Status, warum ließ er sich das gefallen, ich meine, dass seine Post kontrolliert wurde?“
    „Julien ist keine Kämpfernatur“, erwiderte Anne-Sophie mit ärgerlich hochgezogenen Augenbrauen und fuhr in ihrem Bericht über Piet Drachmann fort. „Er kontrollierte aber nicht nur die Post, er kontrollierte alles. Jedes Zimmer, jeden Fotokopierer, jeden Computer, jeden Drucker. Er kontollierte alle Apparate, ob sie ausgeschaltet waren. Entdeckte er ein Gerät am Feierabend, bei dem noch etwas aufleuchtete, gebärdete er sich hysterisch. Er sah das Abbrennen der Agentur voraus und es war der große Verdienst seiner wachsamen Augen, diesen Untergang verhindert zu haben.“
    „Kein bequemer Zeitgenosse.“ Ken Bernstein lächelte mitfühlend.
    „Weiß Gott nicht, aber deswegen bringt man keinen Menschen um“, Anne-Sophie klopfte mit ihrem Bleistift kraftvoll auf den Tisch.
    „Hätte es Selbstmord sein können?“ fragte Ken Bernstein in völlig sachlichem Ton. Er hatte es geschafft, die selbstbewusste Dame zu verwirren.
    „Selbstmord?“ wiederholte Anne-Sophie. „Alle sprechen von Mord. Er wäre betäubt und dann in den Pool gestoßen worden.“
    „Egal, war Piet Drachmann ein Mensch, der Selbstmord begehen hätte können und kannten Sie irgendeinen Grund, warum er es hätte tun können.?“
    „Er war eher der Typ, der andere in den Selbstmord trieb“, sagte Anne-Sophie und lachte kurz auf, dann zuckte sie mit den Schultern und schüttelte unschlüssig den Kopf. „Hier war die Hölle los, das werden Sie ja bereits wissen, aber es war Monsieur Drachmann, der das Feuer schürte, nicht wir.“
    „Und privat?“
    „Privatleben hatte er keins. Er hat nie ein privates Wort mit mir gesprochen, in all der Zeit, die wir zusammengearbeitet haben.
     
    „Die Amerikaner wollten sich von Ihnen trennen“, wechselte Ken Bernstein das Thema, „warum haben Sie nicht die Konsequenzen gezogen wie Bernard Cabernet? Wäre es auch für Ihre Karriere

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