Nur dieser eine Sommer
Veränderung wäre genau das Richtige, allerdings nicht nur hinsichtlich Frisur und Garderobe. Unter dem aufdringlichen Make-up und der hellgelben Haartönung erkannte Cara ein unsicheres junges Mädchen, das nach Orientierung verlangte. Toy hatte ein gutes Herz und einen scharfen Verstand. Was sie jetzt noch brauchte, war jemand, der ihr half, sich weiterzuentwickeln. „Ja, ich bin sicher.“
Eine Kellnerin kam, um die Teller abzuräumen.
„Halt, das noch nicht!“ rief Toy, als die Kellnerin auch nach dem Nachtisch griff, nahm die Gabel und machte sich über den mit schmelzendem Vanilleeis verzierten Nusskuchen her.
Cara konnte beobachten, wie die Bedienung einen eindeutigen Blick auf Toys dicken Bauch warf. Sie war sicher nicht wesentlich älter als Toy, lebte aber, wie das enge Häkeltop, der flache Bauch und der Perlenschmuck verrieten, in einer ganz anderen Welt. Cara beugte sich über den Tisch und fragte Toy: „Nimm mir meine Neugier bitte nicht übel, aber hast du eigentlich die Highschool abgeschlossen?“
Toy schüttelte den Kopf. „Das ging nicht. Ich hätte es zwar geschafft, aber schwanger und so, da war’s mir viel zu unangenehm. Und Darryl fand das Quatsch. Er meinte, ich brauche keinen Schulabschluss. Ich selbst möchte ihn aber später nachholen.“
„Planst du das immer noch?“
Sie schaute auf. „Eigentlich schon!“
„Prima. Denn die Schule solltest du wirklich beenden. Was hältst du vom Programm des ‚General Educational Development‘? Die bieten doch Fernlehrgänge an, mit denen man sich auf die externe Abschlussprüfung der Highschool vorbereiten kann. Wenn du fleißig lernst, könntest du ganz bestimmt Ende des Sommers die Prüfung ablegen. Ich gebe dir Nachhilfe.“
„Warum sollten Sie das für mich tun?“
Cara legte die Hände auf den Tisch. „Weil ich Lust dazu habe. Wenn ich mit etwa achtzehn ein Kind bekommen hätte, wäre es jetzt ungefähr in deinem Alter. Der Gedanke hat mich selbst überrascht“, gab sie zu. „Es traf mich zunächst wie ein kleiner Schock, dass ich deine Mutter sein könnte, doch als der überwunden war, da fand ich es eigentlich nicht übel, ein Kind in deinem Alter zu haben. Eine Tochter wie dich.“
Toy ließ die Gabel sinken. „Dass Sie mich so einschätzen, hätte ich nicht gedacht.“
„Mag sein, dass wir zwei uns zu Beginn ein bisschen gerieben haben. Doch mittlerweile wissen wir beide wohl, was wir aneinander haben. Wir mögen uns und vertrauen uns. Oder etwa nicht?“
Toy nickte. „Ich hab’s daran gemerkt, wie Sie Ihrem Bruder den Kopf gewaschen haben.“
„Ich werde wahrscheinlich nie Kinder kriegen“, fuhr Cara fort und sprach den Gedanken zum ersten Mal offen aus. „Oder Enkel. Deshalb würde es mir viel bedeuten, wenn du dir von mir helfen lässt.“
Toy warf einen raschen Blick auf ihren Bauch und streichelte ihn. „Ist schon komisch! Aber als ich noch klein war, zog ich mir immer die Decke über den Kopf, wenn sich meine Eltern stritten. Dann wünschte ich mir, ich würde von ’ner anderen Familie adoptiert. Von einer richtig netten mit ’nem hübschen Haus, wo die Leute lächeln und miteinander reden und sich verabschieden, wenn einer geht.“ Ihre blauen Augen glänzten feucht vor Sehnsucht, als sie Cara anguckte. „Bei Ihnen in Primrose Cottage fühle ich mich so wohl! Fast wie in meinen Kinderträumen, als wäre ich von Ihnen und Miss Lovie adoptiert worden. Das stimmt natürlich nicht“, fügte sie eilig hinzu, als sei ihr die bloße Erwähnung bereits peinlich. „Ich bin ja nun erwachsen. Und zu allem Überfluss auch noch schwanger. Aber Sie sollen wissen, dass mir das, was Sie da vorhin sagten, viel bedeutet. Sehr, sehr viel!“
Als sie die ganze Tragweite der Bemerkung erkannte, verschlug es Cara für einen Moment die Sprache, ahnte sie doch, welche Überwindung es Toy gekostet haben musste, ihr das anzuvertrauen. Beide hatten ein Stück von sich preisgegeben. Von nun an war zwischen ihnen alles anders. Cara streckte den Arm aus und legte ihre Hand über Toys Hände – eine spontane, von Herzen kommende Geste. Doch als sie auf die Hände schaute, die nun miteinander verbunden waren, da fiel ihr auf, dass sie die vertraute Geste ihrer Mutter benutzt hatte.
An den südöstlichen Stränden der Vereinigten Staaten brüten bis zu 18000 Loggerhead-Schildkröten pro Saison, der Großteil davon an der Ostküste Floridas. Meeresschildkröten legen bei ihren Wanderungen zwischen den Jagdgebieten und den
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