Nur dieser eine Sommer
öffnete, befand sich Palmer bereits auf dem Weg zum Wagen. Rasch eilte sie ihrem Sohn nach. „Um sechs ist Dinner“, rief sie von der Veranda aus hinter ihm her.
„Wartet nicht auf mich! Ich kann nicht sagen, wann ich zurück bin!“
„Palmer!“
Am Fuß der Treppe machte er kehrt und guckte seine Mutter mit einem Gesichtsausdruck an, aus dem jegliche Spur von Freundlichkeit gewichen zu sein schien.
Lovie war, als wollte ihr schier das Herz zerspringen. „Du darfst doch nicht beim Dinner fehlen! Die Kinder wären sehr enttäuscht!“
„Daran sollten sie sich gewöhnen. Musste ich auch!“
Sie streckte die Hand nach ihm aus, doch er wandte Lovie ein letztes Mal den Rücken zu und ging davon. Seine Schritte ließen sie schmerzhaft zusammenzucken, während sie ihm machtlos hinterherschaute.
In der Hitze des Tages verhalten sich die jungen Schildkröten ruhig. Nachts jedoch schaufeln sie allesamt mit den Füßen Sand unter sich und pflügen sich miteinander durch Eierschalen und dichtere Schichten. Dadurch hebt sich der Boden der Grube allmählich, und das gesamte Nest gelangt immer weiter nach oben an die Oberfläche.
16. KAPITEL
D ieser Sommertag würde für Cara immer unvergesslich bleiben. Er kam ihr vor wie ein Tag aus dem Bilderbuch. Die Sonne stand hoch am wolkenlosen Himmel, das Wasser war erfrischend kühl, und die Brise hielt einem die Mücken vom Leib. Den ganzen herrlichen Tag verbrachte man am Strand, und alle freuten sich, als Brett mit einem langschwänzigen Drachen erschien, der lustige Loopings am Himmel vollführte. Die Flut lief gerade auf. Cara, Brett, Linnea und Cooper fassten sich bei den Händen und stürmten kreischend in die Brandung. Erbitterte Huckepack-Duelle wurden ausgefochten, Cara mit Linnea gegen Brett und Cooper, der hoch auf Bretts Schultern thronte und aus Leibeskräften schrie. Als die Kinder müde wurden, zogen sich Brett und Cara zu Toy und Julia unter die Sonnenschirme zurück und machten es sich auf den Strandtüchern bequem, wo der warme Wind ihnen die Haut trocken blies, während das Rauschen der Wellen die Kinder in den Schlaf lullte.
Als die Sonne allmählich unterging, da hatte es fast den Anschein, als hätten sämtliche Strandurlauber einen einstimmigen Beschluss gefasst: Mit einem Schlage stellte sich bei allen Heißhunger auf das Festtagsmahl und die Freude auf das Feuerwerk ein. Aufbruchsstimmung herrschte. Liegestühle wurden zusammengeklappt, Handtücher ausgeschüttelt. Toy und Julia machten sich schon zeitig auf den Rückweg, um Lovie beim Auftragen des Essens zur Hand zu gehen, während Brett und Cara noch mit den Kindern die Strandutensilien einsammelten. Cooper rannte in die Brandung zurück, um sich die Füße abzuspülen, die natürlich danach wieder genauso dreckig waren wie zuvor. Er quittierte das mit wütendem Gezeter und frustrierten Fußtritten, dass der Sand nur so stob. Cara befürchtete schon, sie könnten sich verspäten und die Kinder womöglich das Feuerwerk verpassen, weil sie vor lauter Müdigkeit vorher einschlafen würden. Sie schaute Brett fragend an, doch er lächelte nur und zwinkerte ihr zu. Sie beschloss, den Jungen einfach gewähren zu lassen.
Linnea wartete geduldig in ihrer Nähe. Sie hatte sich das Strandtuch um die schmalen Schultern geschlungen und klapperte laut mit den Zähnen, sodass Cara Mitleid mit ihr hatte. Linnea befand sich in jenem empfindlichen Mädchenalter, das der Phase vorausgeht, in der die Hormone anfangen verrückt zu spielen. Ihr hellblondes Haar bildete einen scharfen Kontrast zu ihrer geröteten Haut. Cara hatte bereits bemerkt, wie sehr ihrer Nichte daran gelegen war, einmal die kleinen Schildkröten zu sehen. Die Kleine hatte ihrer Tante bereits das Versprechen abgeluchst, sie dürfe Primrose Cottage einen längeren Besuch abstatten und bei der Betreuung der Schildkrötennester helfen. Cara freute sich auch schon auf diese Zweisamkeit mit ihrer Nichte, über die sie bei der Gelegenheit mehr zu erfahren hoffte.
„Ich hab solchen Hunger!“ verkündete Cooper schmollend und klammerte sich an Caras Bein. Sie blickte auf das gebräunte und nun beleidigt verzogene Gesichtchen hinunter.
„Tatsächlich?“ fragte sie und zog ihrerseits einen Schmollmund. Cooper nickte eifrig. Das Herz ging ihr vor Zuneigung über. Angesichts des feucht am Kopf anliegenden, nach hinten gestrichenen Haars, der tiefen Bräune und der dunklen Augen hätte man sie und Cooper ohne weiteres für Mutter und Kind halten
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