Nur dieser eine Sommer
können. So auffallend ähnelten sich Tante und Neffe.
„Ich bin ebenfalls fast am Verhungern“, meinte Brett zu dem Kleinen, strich ihm mit der Hand über den Schopf und legte sie dann Cara auf die Schulter. Cooper blinzelte zu dem großen Mann auf, als traue er ihm nicht recht.
Irgendwie fühlte Cara sich merkwürdig. Auf andere mussten sie wie eine typische amerikanische Familie an einem typischen amerikanischen Feiertag wirken. Ein süßes Gefühl der Zufriedenheit durchströmte sie.
Sie signalisierte ihren beiden Männern, dass sie fertig zum Aufbruch war. „Zu Hause warten ganze Futterberge auf euch. Wenn sich jetzt jeder etwas zum Tragen schnappt, sind wir in Nullkommanichts unter der heißen Dusche, in frischen Klamotten und am Tisch. Fertig, Linnea-Schätzchen? Cooper, du läufst an der Spitze!“
Als sie dann frisch gewaschen und umgezogen wieder erschienen, bogen sich die Tische schon unter der Last von Brathähnchen, Maiskolben, gedünsteten Krabben, eingelegten Gurken, allen möglichen Salaten, Keksen, vier Torten und zwei Kuchen. Lovie führte die Oberaufsicht über das Festmahl und kümmerte sich um jede noch so kleine Kleinigkeit. Sie trug ihr dünnes Haar aus dem Gesicht gekämmt. Dazu hatte sie roten Lippenstift aufgelegt, der so ideal mit ihrem gleichfarbigen Kleid harmonierte.
Cara fiel auf, wie sehr ihre Mutter im Schein der Festtagsbeleuchtung mehr und mehr der zauberhaften, lebenslustigen Gastgeberin aus früheren Tagen glich, und sie musste an die zahlreichen Gesellschaften und Partys denken, die ihre Eltern im Haus in Charleston gegeben hatten. Oft genug hatte sie ihre Mutter damals beobachtet. Schwarz gekleidete Kellner hatten Tabletts mit appetitlich duftenden Vorspeisen und Champagner bereitgehalten, während Lovie plaudernd von Gast zu Gast und von Zimmer zu Zimmer geschwebt war, jedermann begrüßte und willkommen hieß und zwischendurch auch noch durch die Küche wirbelte und das Personal beaufsichtigte. Diese Riesenveranstaltungen mussten eine enorme Belastung dargestellt haben. Dabei hatte Lovie stets den Eindruck erwecken können, als bewältige sie alles mühelos, obwohl es, wie Cara wohl wusste, zuweilen über ihre Kräfte gegangen war.
„So, das Büfett ist eröffnet!“ verkündete Lovie nun mit lauter Stimme.
Cara befreite Töpfe und Schüsseln von Deckeln und Folien und versah alles noch mit Servierlöffeln und -zangen. Toy und Linnea zogen sich mit ihren Tellern auf die Treppenstufen der hinteren Veranda zurück, während sich Florence, Lovie und Miranda auf der vorderen niederließen, wo Brett ein Weilchen mit ihnen plauderte, um sich dann an den Tisch neben Cara, Emmi und Julia zu setzen.
Es herrschte eine fröhliche, entspannte Stimmung, auch wenn allen auffiel, dass Palmer fehlte. Niemand verlor ein Wort darüber, obwohl Cara bemerkte, dass es Lovie tief bekümmerte. Irgendetwas musste während Palmers nachmittäglichem Kurzbesuch zwischen Mutter und Sohn vorgefallen sein. Sie hätte es zu gern erfahren. Bei ihrer Rückkehr vom Strand hatte sie Lovie auf der Veranda vorgefunden. Sie hatte teilnahmslos aufs Meer hinausgestarrt. Zwar war sie gleich lebendig geworden, als alle anrückten, und hatte besonderes Brimborium um die Kinder gemacht, doch Cara waren die rot geränderten Augen nicht entgangen. Offenbar hatte sie geweint, was Cara zutiefst beunruhigte.
Julia hingegen wirkte durch Palmers Abwesenheit kaum berührt. „Ach, der ist doch ständig auf Achse“, sagte sie nur leichthin, als Cara sie auf ihren Mann ansprach. Auch Linnea schien sich rein gar nichts daraus zu machen, dass der Vater nicht anwesend war, und Cooper fragte mit keiner Silbe nach ihm. Der Kleine hockte sich neben Brett und gestattete nur diesem riesengroßen Mann, ihm beim Abbrechen der Krabbenscheren zu helfen. Ganz offensichtlich suchte der Knirps nach einem männlichen Vorbild. Ob Palmer auch nur im mindesten ahnte, was er verpasste? Cara hätte es gern gewusst.
Emmi, Julia und Cara hatten die übrig gebliebenen Speisen eingepackt und wollten gerade Kaffee trinken, als Florence von der Veranda hereinkam.
„Hat jemand meine Mutter gesehen?“
„War sie denn nicht bei euch draußen?“ erkundigte sich Cara.
„Ich meinte, sie wäre vor kurzem ins Haus gegangen.“ Mit sorgenvoller Miene eilte Flo den schmalen Flur hinunter in Richtung der Schlafzimmer und rief nach ihrer Mutter.
Alle machten sich nun auf die Suche nach Miranda, doch schon nach kurzer Zeit stand fest: Im Haus war
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