Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
Vom Netzwerk:
worden.
    Bei ihrer Rückkehr fand sie ihre Mutter schlafend vor. Toy saß in ihrem Zimmer und lernte. Alles wirkte friedlich. Heilfroh über die Ruhe, begab sie sich in die Küche, kochte sich eine Tasse Tee und setzte sich damit auf die windgeschützte Veranda. Um sich selbst ein wenig zu trösten, zündete sie noch eine Duftkerze an – eine seltene Wohltat. Dann ließ sie sich erschöpft in den Schaukelstuhl sinken, und plötzlich, sie wusste selbst nicht warum, flossen die Tränen.
    Kurz darauf hörte sie Schritte auf der Verandatreppe. Sie schreckte in ihrem Schaukelstuhl hoch, wischte sich über die Augen und spähte durch das gedämpfte Licht in die Richtung, aus der das Geräusch kam. „Hallo?“ rief sie. Eine Frauengestalt tauchte auf, und ihr weißes Haar schimmerte schwach im Kerzenlicht.
    „Ich war noch spazieren und habe bei euch Licht gesehen“, antwortete Flo. „Hoffentlich störe ich dich nicht?“
    „Nein! Setz dich doch!“
    Florence zog einen Stuhl heran und schob ihn neben Cara. „Und? Wie geht’s dir?“ „Danke, gut.“
    „Und Lovie?“
    „Sie schläft.“
    Flo musterte Cara scharf. „Was ist los?“
    „Nichts.“ Aber sie fügte dann doch hinzu: „Ach, alles Mist!“ Wieder begann sie zu schniefen und fuhr sich, weil ihr die Tränen peinlich waren, mit der Hand über die Augen. „Ich fühle mich unmöglich.“
    Flo reichte Cara eine Packung Papiertaschentücher. „Die habe ich immer dabei. Sie werden oft benötigt. Eine Angewohnheit aus meiner Zeit als Sozialarbeiterin.“
    „Ach, mach dir keine Sorgen. Ich bin einfach nur erledigt. Hab ’ne harte Woche hinter mir.“
    „Brauchst du Hilfe?“
    „Danke, wirklich nicht, ich komme schon zurecht.“
    „Das sieht man.“
    Cara schnäuzte sich und schüttelte dann den Kopf. „Ich weiß auch nicht, was heute Abend in mich gefahren ist. Entweder flenne ich, oder ich werde pampig.“
    „Oho“, meinte Flo gutmütig. „Bei wem bist du denn pampig geworden?“
    „Bei Brett.“
    „Möchtest du’s loswerden?“
    „Ich kapiere es ja selbst nicht. Wir sprachen über meine Mutter und über Toy, und plötzlich diskutierten wir über Mutterschaft und Ehe. Da bin ich durchgedreht. Ich konnte mit seine Vorstellungen irgendwie nicht umgehen. Mir wurde plötzlich alles zu viel. Ich wollte nichts wie weg!“
    „Und dann bist du abgehauen, was?“
    Cara nickte.
    „Ist doch kein Beinbruch!“
    „Du hättest sein Gesicht sehen sollen. Ich hab ihn gekränkt, Flo!“
    „Na, du wirkst nach meinem Dafürhalten auch nicht gerade glücklich. Willst du mit ihm Schluss machen?“
    „Keineswegs! Überhaupt nicht.“
    „Dann ruf ihn an! Verrate ihm, was mit dir los ist. Wenn du es ihm nicht erklärst, wird er nicht verstehen, was du hast.“
    „Solche Gespräche liegen mir nicht. Was soll ich denn sagen?“
    Flo lächelte. „Für den Anfang reicht ein Hallo!“
    Das Freizeichen ertönte mehrere Male, bevor er endlich abhob.
    „Hallo?“
    „Brett? Ich bin’s, Cara. Hab ich dich geweckt?“
    „Nein. Ich konnte sowieso nicht schlafen.“
    „Ich auch nicht.“ Im Geiste legte sie sich die Worte zurecht. „Ich habe noch mal über heute Abend nachgedacht. Ich wollte mich für meine verbalen Ausfälle entschuldigen. Offenbar war ich ziemlich durchgedreht.“ Zu ihrer Erleichterung hörte sie ihn verhalten lachen. „Du bist der Einzige, bei dem ich mich richtig gehen lassen und mir den Frust von der Seele reden kann“, fügte sie hinzu. „Da hast du mit mir das große Los gezogen, was?“
    „Freut mich, dass du das so siehst.“
    „Ich weiß jetzt zwar nicht, wie das gemeint ist, aber ich nehme es mal als Kompliment. Bei dir fühle ich mich geborgen, Brett. Und ich wollte mich bedanken.“
    „Gern geschehen.“
    Sie wartete, aber er schwieg. Als die Stille allmählich unerträglich wurde, fragte Cara vorsichtig: „Möchtest du nicht darüber sprechen?“ „Eigentlich nicht.“
    „Ach so.“ Es kam ihr so vor, als ließe er sie ein wenig auflaufen. Sie hatte gerade vor, sich zu verabschieden, da meldete er sich doch noch einmal zu Wort.
    „Hin und wieder sind wir alle mal mit den Nerven runter. Und wenn mir das passiert“, fuhr er fort, wobei seine Stimme einen einladenden Klang annahm, „dann gehe ich angeln.“
    Sobald die aus dem Nest geflüchteten Jungschildkröten am Meer ankommen und das Wasser spüren, geht der Krabbelgang instinktiv in kräftige Schwimmbewegungen über. Nun beginnt eine Phase, die als „Schwimm-Ekstase“

Weitere Kostenlose Bücher