Nur dieser eine Sommer
ihren Oberkörper. „Mama, machst du dir eigentlich einen Begriff davon, wie du mich gerade vor den Kopf gestoßen hast?“
„Du hast mich vollkommen falsch verstanden! Ich habe nur gesagt, dass ich mich sehr freuen würde, wenn du einen Mann hättest, der sich um dich kümmert. Ist es so falsch, wenn man sich das für sein Kind wünscht?“
„Ich behaupte doch nicht, dass ich keine Beziehung zu einem Mann eingehen will! Selbst einer Ehe wäre ich nicht abgeneigt! Aber ich suche nicht nach jemandem, der mich versorgt! Ich heirate nicht um der Sicherheit willen!“
Lovie reagierte erstaunlicherweise weder empört noch beleidigt, sondern starrte ihre Tochter an, als habe sie eine Fremde vor sich. „Verzeih mir bitte“, flüsterte sie. „Ich wusste ja nicht … wir bekamen doch immer solch optimistische Briefe von dir, in denen stand, wie gut es dir geht! Das habe ich dann auch geglaubt. Du warst immer so patent und selbstständig, dass es leicht fiel, sich einzureden, es sei alles in Ordnung.“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Ich hatte ja keine Ahnung.“
Angesichts ihrer weinenden Mutter schämte sich Cara für ihren Wutausbruch. Wozu jetzt dieses Hickhack? fragte sie sich. Meine Mutter stirbt, das ist doch wohl schlimm genug! Was will ich jetzt, nach all diesen Jahren, eigentlich damit erreichen? Sie trat wieder an Lovies Bett und beschloss, das Thema nicht weiter zu verfolgen.
„Ach, egal, Mama! Es spielt sowieso keine Rolle mehr. Ich bin nicht gekommen, um mich mit dir zu streiten. Eigentlich hätte ich es dir gar nicht sagen sollen. Ich dachte nur, das mit dem Stellenangebot hättest du gern gewusst. Das war alles.“
Lovie wischte sich mit einem Papiertaschentuch über die Augen und putzte sich anschließend die Nase. „Nein, ich bin froh, dass wir darüber gesprochen haben. Ich wollte nur nicht … Ach, mir ging’s nur darum, dass eine Frau nach meiner Ansicht glücklicher wird, wenn sie verheiratet ist.“
„Jetzt sei bitte ehrlich! Bist du etwa glücklicher deswegen gewesen?“
Mit roten Augen sah Lovie sie an, öffnete den Mund, brachte dann aber kein Wort heraus.
„Heißt das, Sie brechen bald nach Chicago auf?“ erkundigte sich Toy.
Cara drehte sich zu dem jungen Mädchen um, das auf der Türschwelle stand und offensichtlich nicht recht wusste, ob es lieber gehen oder eintreten sollte.
„Bevor dein Baby nicht auf der Welt ist, breche ich nirgendwohin auf!“ verkündete Cara bewusst burschikos und zeigte auf Toys Bauch. Auf Toys Gesicht machte sich Erleichterung breit. „Doch danach werde ich wohl nach Chicago reisen müssen, um einige Gespräche zu führen. Wird sicher nicht länger als ein paar Tage dauern, eine Woche höchstens. In der Zeit kannst du doch die Stellung halten, wenn ich dir noch jemanden zur Unterstützung besorge, oder? Und Flo hat versprochen, auf Abruf bereitzustehen. Mir schwant allerdings, dass sie vor allem daran interessiert ist, das Kleine auf dem Arm zu halten. Ich werde nicht lange herumtrödeln und schnellstmöglich zurück sein.“
Dann setzte Cara sich wieder auf die Bettkante, nahm Lovies Hand und drückte sie. „Ich liebe dich und werde dich nicht im Stich lassen“, versicherte sie. „Das ist dir doch klar, nicht wahr?“
„Ja, natürlich!“ Lovie brachte ein klägliches Lächeln zu Stande.
Ein kurze Pause entstand, und Cara erkannte, dass das Thema nun erledigt war. Nie hatte sie den Rollentausch so deutlich gespürt wie in diesem Moment: die Verantwortung für diese zwei Menschenleben – für eines, das zu Ende ging, und für ein anderes, das demnächst neues Leben gebären würde – ruhte voll und ganz auf ihren Schultern.
„Und? Fühlst du dich wenigstens einigermaßen?“ fragte sie ihre Mutter.
Lovie antwortete mit einem kraftlosen Nicken.
„Habt ihr denn noch nicht zu Abend gegessen? Es riecht ja gar nicht nach Fisch!“
„Wir hatten einfach keine Lust, die Forellen auszunehmen“, erwiderte Toy entschuldigend. „Deshalb haben wir die Reste vom geschmorten Tunfisch von gestern verspeist. Dazu gab es noch etwas frische Erbsensuppe.“
„Es schmeckte ausgezeichnet, mein Mädchen“, sagte Lovie geistesabwesend.
„Möchten Sie noch etwas davon, Cara?“ erkundigte sich Toy.
Cara knurrte bereits der Magen. „Ich hab noch nichts gegessen und bin halb am Verhungern. Aber mach dir keine Mühe. Ich ziehe mir erst etwas Bequemeres an und schaue dann mal, was ich noch im Kühlschrank finde.“
„Du siehst sehr hübsch
Weitere Kostenlose Bücher