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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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Honig um den Mund zu schmieren, dann ist das Angebot echt.
    Sie griff nach ihrer Handtasche und erhob sich.
    „Wo willst du hin?“
    „Wir haben alles besprochen. Eine Fortsetzung der Unterredung erübrigt sich. Es war nett, dich getroffen zu haben, Richard. Bis bald! Wir sehen uns dann vielleicht in Chicago. Im Büro.“
    „Aber unser Essen …“
    „Wie ich höre, soll man hier erstklassig speisen. Lass es dir schmecken. Auf mich allerdings wartet noch eine Forelle, die ich unbedingt probieren muss. Ach, bevor ich’s vergesse: Ich hoffe, du kommst zu deiner Golfrunde, solange du noch hier bist. Du bist nämlich ein wenig blass um die Nase. Tschüs.“
    Sie klemmte sich ihre Handtasche unter den Arm und stolzierte aus dem Lokal, wohl wissend, dass Richard jede ihrer Bewegungen verfolgte.
    Cara befand sich in einer solchen Hochstimmung, dass sie das Gefühl hatte, Flügel zu haben. Mit heruntergelassenem Verdeck, das Autoradio auf volle Lautstärke gedreht und mit den Fingern den Takt der Musik aufs Lenkrad klopfend, brauste sie über die Verbindungsbrücke zur Isle of Palms. Ihr war, als sei alle Last der Welt von ihr abgefallen, und am liebsten hätte sie es laut in alle Welt hinausposaunt: „Ich bin wieder da!“ Nicht nur wieder im angestammten Job, sondern mit einer dicken Beförderung obendrein! Wenn man schon Richard herschickte, um sie zu holen, kam man in Chicago offenbar nicht ohne sie aus. Diesen Umstand musste sie jetzt bei den Vertragsverhandlungen ausnutzen. Erst dann wollte sie die ganze Geschichte als erledigt betrachten. Und während sich die Räder ihres Wagens drehten, wirbelten ihr die Namen all der ebenfalls entlassenen guten Mitarbeiter aus ihrem Team durch den Kopf, für deren Wiedereinstellung sie jetzt sorgen konnte. Ach, es war einfach herrlich, wieder Arbeit und Einkommen zu haben, eine Zukunft, auf der sich aufbauen ließ! Cara Rutledge ist wieder im Geschäft, dachte sie und brach in lautes Lachen aus, als sie den Scheitelpunkt der Brücke erreichte und den Ozean vor sich im Schein der Abendsonne schimmern sah. Sie hätte die Welt umarmen können.
    Im Haus am Strand war es still.
    „Hallo!“ rief sie, als sie eintrat, und legte ihre Handtasche auf den Tisch. Die Küche war blitzblank gewienert, kein Fischgeruch, wie Cara schnuppernd feststellte. „Wo seid ihr denn alle?“
    Toy tauchte aus ihrem Zimmer auf, bereits im Schlafanzug, obwohl es erst halb acht und noch sonnig war. Auf dem Flur knotete sie sich den Gürtel ihres Morgenmantels zu. „Oh, Cara, Sie sind es! Wie ist es gelaufen?“
    „Prima. Aber wieso herrscht hier so eine gespenstische Ruhe? Wo ist mein Bruder?“
    „Der ist kurz nach Ihnen abgefahren.“
    „Und Mama?“
    „Ich bin hier drinnen!“
    Cara und Toy begaben sich zu Lovie ins Schlafzimmer. Trotz der weit geöffneten Fenster und der frischen Brise, die vom Meer hereinwehte, roch es überall nach Krankheit und Medikamenten. Im Abfalleimer neben dem Bett lagen unzählige zerknüllte Papiertücher, eine Sauerstoffmaske bedeckte Lovies Mund und Nase, und der Fernseher lief. Cara zwang sich zu einem Lächeln.
    „Hallo, Mama“, grüßte sie, setzte sich auf die Bettkante und küsste ihre Mutter auf die Stirn. „Wie fühlst du dich?“
    Lovie zog sich die Maske vom Gesicht, woraufhin Toy die Sauerstoffzufuhr am Behälter abdrehte. „Ach, gut, gut! Die hier brauche ich nur, damit ich etwas besser Luft bekomme.“ Dabei benutzte sie die Maske immer häufiger, was sie jedoch nur ungern zugab. „Aber lass dich anschauen!“ Beim Anblick ihrer so schick zurechtgemachten Tochter leuchteten ihre Augen merklich auf. Cara freute sich über das Kompliment.
    „Hast du dich gut mit Palmer unterhalten? Lange ist er ja offensichtlich nicht geblieben!“
    „Ach, wir haben geplaudert, ein bisschen über dieses, ein bisschen über jenes. Er führt ja nicht gern tief schürfende Gespräche. Er musste früh los, und ehrlich gesagt, mir war’s ganz lieb. Lange Besuche stehe ich nicht mehr durch.“ Sie richtete sich etwas auf, verfiel in langes, heftiges Husten, ließ sich dann wieder sinken und strich die Decke über der Brust glatt. „Toy, sei bitte so nett und stell den Kasten ab, ja?“ bat sie und zeigte auf den Fernseher. Dann wandte sie sich wieder Cara zu, wobei sie durch die Nase einatmete wie ein Hund, der eine Fährte wittert. „Na, und dieser Richard? Was wollte er?“
    Cara lachte auf. Die Begeisterung von vorhin war noch nicht abgeklungen. „Du wirst es

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