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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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Vorgänger Hugo and Andrew.
    Alles war in Bewegung. Die Rosenstöcke wurden fast von ihren Rankgittern gerissen; rote Blütenblätter stoben durch die Luft. Weiter hinten bogen sich die neuen, gerade gepflanzten Palmen im Wind. Die Luft brodelte in einer absonderlichen Mischung aus warm und kalt, schwül und eisig. Anders als im Mittleren Westen, wo ein Tornado ohne Vorwarnung vom Himmel herunterwirbelt, kündigt sich ein Hurrikan mit vielerlei Vorzeichen an, und dann heißt es: die Beine in die Hand nehmen, und nichts wie weg!
    „Mama! Toy!“ rief sie laut. „Aufwachen! Wir müssen los!“
    „Ich bin schon wach!“ schallte es aus Lovies Zimmer.
    Cara spürte, wie ein Adrenalinschub durch ihren Körper jagte. Fieberhaft schleppte sie Schaukelstühle und kleine Tische von der Veranda ins Haus. „Toy!“ schrie sie erneut, von der Stille in deren Zimmer beunruhigt. Dann plötzlich fiel ihr ein, dass bei Toy möglicherweise die Wehen eingesetzt haben könnten. Sie rannte schnurstracks zu Toys Zimmertür und klopfte an. Keine Antwort. Als auch nach mehrmaligem Klopfen niemand öffnete, drückte sie die Tür einen Spalt weit auf und spähte in den Raum.
    Trotz des Halbdunkels konnte sie erkennen, dass das Bett unberührt war. Nun stieß sie die Tür vollends auf und schaltete das Licht an. Toys Zimmer war pikobello aufgeräumt. Die Umstandskleidung hing säuberlich aufgereiht im Schrank. Der Topasring, ein Geschenk von Lovie, lag in einem Schälchen auf der Kommode. Auf dem Bett aus Ahornholz erblickte Cara einen weißen Umschlag.
    Cara schlug das Herz bis zum Hals, als sie den Brief an sich nahm und das Kuvert aufriss.
    Liebe Miss Lovie, liebe Caretta
,
    ich bin Darryl gefolgt, um eine eigene Familie zu gründen. Bitte verzeihen Sie mir, dass ich mich so heimlich davonstehle. Es war nicht meine Absicht. Ich hätte gern Lebewohl gesagt, doch der Sturm ließ mir keine Zeit, denn Darryl wollte fort. Ich hatte Ihnen ja versprochen, Ihnen nicht zur Last zu fallen.
    Für alles, was Sie für mich getan haben, kann ich Ihnen nicht genug danken. Ich werde Sie nie vergessen und stets an das denken, was Sie mich gelehrt haben. Vor allem aber werde ich Sie immer lieben.
    Bitte machen Sie sich keine Sorgen um mich. Seien Sie mir nicht böse, und versuchen Sie, mein Handeln zu verstehen.
    Alles Liebe, Toy Sooner.
    P.S. Ich schicke Ihnen Fotos von meinem Baby.
    Wie vor den Kopf geschlagen starrte Cara auf das Schreiben.
Wie kann sie uns das antun? Ausgerechnet jetzt?
Ihr Herz hämmerte zum Zerspringen, als sie zu Lovies Zimmer hastete. Ihre Mutter war bereits angezogen und trug dieselben Sachen, die sie an dem Tag von Caras Ankunft angehabt hatte. Jetzt allerdings hingen Jeansrock und weiße Bluse schlaff an ihrer ausgemergelten Gestalt herunter.
    „Mama, Toy ist verschwunden!“
    Lovie schaute bestürzt auf. „Was sagst du da? Was soll das heißen – verschwunden? Musste sie ins Krankenhaus?“
    „Nein! Fort, mit diesem Darryl!“
    Lovie machte einen Schritt rückwärts, die mageren Arme Halt suchend ausgestreckt. Voller Furcht, ihre Mutter könne in ihrem geschwächten Zustand ohnmächtig werden, sprang Cara vor und stützte sie.
    „Ach, Toy, Toy“, jammerte Lovie. „Warum ist sie mit ihm fortgegangen, Cara? Warum nur?“
    „Weil sie jung ist und ihn zu lieben glaubt. Komm, setz dich und lies den Brief selbst. Ich überlege derweil, was wir tun können.“
    Sie begab sich zum Telefon im Korridor, um die Polizei zu informieren, doch die Leitung war tot. Cara hielt den Hörer fassungslos in der Hand, und ein weiterer furchtbarer Gedanke durchzuckte sie. Die Telefonleitungen unterbrochen, kein Handy im Haus – sie waren von der Außenwelt abgeschnitten!
    „Das Telefon geht nicht!“ rief sie und eilte in Lovies Zimmer zurück. „Ich kann die Polizei nicht benachrichtigen. Und selbst wenn ich’s könnte – was sollte ich denen sagen? Wir kennen nicht mal Darryls Nachnamen oder die Automarke! Wir wissen nichts über ihn, außer dass er ein Widerling ist!“
    „Sie hat sich entschieden“, erwiderte Lovie, traurig, doch gefasster schon, den Brief im Schoß. „Wir müssen sie ziehen lassen.“
    „Aber man muss doch etwas unternehmen!“
    „Sie weiß, wo sie uns findet.“
    Die Haustür flog auf, und herein stürmte Flo, mit einer hellgelben Öljacke bekleidet. „Gott sei Dank, ihr seid noch da! Ich will los, aber Miranda lässt mich nicht!“
    Lovie warf sich ihrer Freundin in die Arme, und die beiden umarmten sich

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