Nur dieser eine Sommer
liebevoll. „Was ist denn mit ihr? Ist sie wieder weggelaufen?“
„Das nicht, aber offenbar völlig verrückt geworden! Weint und zetert rum, wegen des letzten Nests vor dem Haus! Meint, wir dürften es nicht dem Hurrikan überlassen.“
„Es sind noch jede Menge Nester draußen“, wandte Cara ein. „Was erwartet sie denn?“
„Wir sollen es umbetten!“
„Was? Das ist nicht erlaubt! Es widerspricht den Bestimmungen des Umweltministeriums!“
„Nicht ganz“, warf Lovie ein und fügte erklärend hinzu: „Nach den Bestimmungen darf ein Nest bei Gefahr im Verzug von einer berechtigten Person umgebettet werden, wenn beispielsweise Vernichtung durch Überflutung droht.“
„Aber die Erlaubnis muss vorliegen“, gab Cara zu bedenken. „Und vom Strand dürfen sie erst recht nicht entfernt werden!“
„Okay, dann ruf im Ministerium an!“
„Geht nur mit dem Handy.“
„Na, da nehmen wir wohl meins“, meinte Flo.
Stumm und gespannt beobachteten sie, wie Flo versuchte, zur zuständigen Sachbearbeiterin im Umweltministerium durchzudringen. Ohne Erfolg. Nur der Anrufbeantworter sagte sein Sprüchlein auf.
„Die sind längst weg!“ Flo steckte ihr Mobiltelefon ein. „Alles zieht Leine. Wir sollten auch sehen, dass wir fortkommen! Die Straßen sind schon verstopft.“
Im Geiste ging Cara noch einmal sämtliche Möglichkeiten durch. „Glaubst du, das Nest ist sozusagen in Lebensgefahr?“
„Ohne Zweifel“, versicherte Flo. „Das vorm Haus mit Sicherheit. Die Flut wird den Abschnitt völlig überspülen, vielleicht sogar die gesamte Düne abtragen. Die anderen Gruben … na, die liegen weiter oben. Hoffen wir das Beste und lassen wir der Natur ihren Lauf!“
Lovie reckte entschlossen das Kinn. „Also gut! Aber das eine Nest nur! Und umgebettet wird es von mir! Ich bin verantwortlich.“ Man erkannte an ihren flammenden Augen, dass sie keinen Widerspruch duldete. „Ihr lasst die Finger davon!“
Während ihre Mutter mit dem Nest beschäftigt war, legte Cara letzte Hand an das Sichern des Hauses, ein Auge dabei stets auf dem Fernsehprogramm, wo im Minutentakt die neuesten Wetter- und Staumeldungen durchgegeben wurden. Das vordere Zimmer war zum Warenlager geworden. Überall standen Gartenmöbel und sonstiger Kram.
Auf einen kurzen Hupton hin hastete Cara auf die Veranda. Flo und Miranda warteten in ihrem gelben, proppenvoll gepackten Buick. Auf der Ablage vor dem Rückfenster hatte es sich eine getigerte Katze bequem gemacht.
„Ich wollte mich verabschieden und euch unsere Reiseroute mitteilen!“ rief Flo vom Fahrersitz. „Steht hier auf dem Zettel. Gib mir eure bitte auch.“
Cara ging zu ihrem Saab, kritzelte die Informationen – Hotel in Columbia, geplante Anfahrtsstrecke – auf ein Blatt und reichte es Flo. „Wir rufen an, sobald wir angekommen sind.“
„Und das Nest?“ erkundigte sich Miranda mit flehendem Blick, lehnte sich vom Beifahrersitz herüber und stützte sich auf Flos Arm.
„Machen wir schon, Miranda. Sei unbesorgt!“
„Fahrt ihr noch nicht ab?“
„Gleich. Ich warte noch auf Mutter.“
„Wie bitte?“ Flo war bestürzt. „Jetzt sag bloß nicht, sie treibt sich noch draußen am Strand herum!“
„Ich mache mich sofort auf die Socken und hole sie.“
„Tu das! Aber dalli! Der Wind wird stärker. Nicht mehr lange, dann schließen sie die Brücke!“ Ein letztes Mal schaute Flo sehnsüchtig zu ihrem Haus hinüber. „Ob ich es je wiedersehe?“
„Das Unwetter kann immer noch abdrehen und uns verschonen“, versuchte Cara sie zu beruhigen.
Flo schnalzte mit der Zunge und löste die Handbremse. „Gefällt mir gar nicht“, meinte sie, wobei ihre Stimme leicht bebte. „Überhaupt nicht!“
„Geht uns nicht anders. Also, gute Reise! Fahr vorsichtig, hörst du?“
Toy wartete auf dem Beifahrersitz, während Darryl den Ford Mustang für die Fahrt Richtung Westen belud. Sie hatten ein schlimme Nacht in Darryls leerem Apartment verbracht und auf Luftmatratzen geschlafen. Hier auf dem Festland war es dermaßen heiß und stickig, dass man kaum atmen, geschweige denn schlafen konnte. Lediglich ein quietschender, angerosteter Ventilator, der ständig surrend hin und her schwenkte, hatte die drückende Schwüle ein wenig erträglicher gemacht. Dass Darryl in der Nacht auch noch auf die Idee gekommen war, sich an sie heranzumachen, und das bei ihrem Zustand, so unmittelbar vor der Niederkunft, konnte Toy schlichtweg kaum fassen. Ein paar Wochen zuvor hätte sie
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