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Nur dieser eine Sommer

Nur dieser eine Sommer

Titel: Nur dieser eine Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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Sie war da, und ich lebte in der Angst, sie könne erneut durchbrechen. Und sich vor allem gegen dich richten! Ich wusste ja, wie eigensinnig du warst, und vermutete, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis das Maß voll sein würde.“
    „Du hättest Anzeige gegen ihn erstatten sollen!“
    „Ach, mein liebes Mädchen, nein! Das verstehst du nicht. Ich glaubte, dass ich die Schläge verdient hatte.“
    „Das kann nicht dein Ernst sein!“
    „Vermutlich brach ich ihm nicht gerade das Herz, doch was ich gebrochen hatte, war mein Eheversprechen, mein Treuegelöbnis. Es war diese Erkenntnis, ihm Unrecht getan zu haben, die mich dazu zwang, alles so lange zu ertragen. Aus Scham und Schuldbewusstsein schwieg ich.“
    „Warum hast du ihn nicht verlassen?“ rief Cara.
    „Weil er, hätte ich die Scheidung denn eingereicht, nie und nimmer in sie eingewilligt und weil er mir dich und Palmer weggenommen hätte! Das gab er mir deutlich zu verstehen. Ich wäre von ihm bloßgestellt worden – als unfähige Mutter und als Hure. Dafür hielt er mich nämlich. Er erpresste mich, was ihm leicht fiel, da ich ihm jedes Wort glaubte. Stratton gehörte zur Prominenz und verfügte über gute Beziehungen, während Frauen damals nur wenige Fürsprecher fanden, besonders Frauen mit beschädigtem Ruf. Selbst meine Mutter riet mir, lieber den Mund zu halten und dadurch meine Ehre zu retten. Wenn ich mir dann auch noch vorstellte, dass ein Scheidungsantrag alle die, die mir lieb und teuer waren, in Mitleidenschaft ziehen würde, blieb mir keine Wahl. Ich musste an seiner Seite ausharren. Und, Cara“, ergänzte sie energisch, „eben weil ich nun sein wahres Wesen erkannt hatte, konnte ich doch niemals aus dieser Ehe ausbrechen, weil ich ihm sonst das Sorgerecht für meine Kinder hätte überlassen müssen!“
    Cara starrte ihre Mutter an, hielt Lovies Hand umklammert, während der Sturm draußen vor den Fenstern wütete. Das also waren die Antworten auf die vielen, vielen Fragen!
    „Nach Ablauf der vereinbarten sechs Monate“, erzählte Lovie weiter, „ging ich also nicht zum Strandhaus. Es war ein stürmischer Tag im März, trübe und kalt, genau zu meiner Stimmung passend. Oh, wie gut ich mich an alles erinnere! An jenem Tag schloss ich mich in meinem Zimmer ein. Ich befürchtete, ich könnte sonst doch noch meinen Gefühlen folgen und geradewegs in Russells Arme fliehen.
    Danach verlief mein Leben nur noch rein mechanisch. Du und Palmer, ihr wart für mich die einzige Freude, und ich habe versucht, die Wahrheit von euch fern zu halten und euch eine glückliche Kindheit zu ermöglichen. Kinder indes haben ein Gespür für diese Dinge. Glück lässt sich nicht durch noch so viele Kreppgirlanden und bunte Bänder herbeizaubern. In euren Augen stand die Wahrheit geschrieben, besonders in deinen. Doch du kanntest die Gründe für deine Situation nicht, und bis heute konnte ich sie dir nicht nennen.“
    Cara war den Tränen nahe. „Hätte ich es doch nur gewusst! All die Jahre habe ich dich für schwach gehalten! Warum hast du mir nie gesagt, dass Daddy so grausam zu dir war? Ach, warum ist nur alles so kompliziert und konfus?“
    „So ist es halt im Leben, vor allem wenn man alt wird, mein Schatz!“
    „So lange war ich dir böse! Nicht, weil ich dich zu wenig, sondern weil ich dich zu sehr liebte, konnte ich lange Jahre nicht herkommen!“
    „Dann sei nicht länger wütend auf mich! Der Krebs zerfrisst meinen Körper, doch dir würde der Zorn die Seele zerstören! Lass nicht zu, dass er dir dein Lebensglück verbaut! Es hat Jahre gedauert, doch ich habe hartnäckig auf mein Ziel hingearbeitet, dorthin zurückzukehren, wo ich Frieden finde. Nur hier, im Haus am Meer, fühle ich mich frei von Verzweiflung und Elend.“
    Ihr Blick schweifte durch das kleine, im gedämpften Licht so ärmlich wirkende und mit Vorräten voll gestopfte Zimmer. „Dies Häuschen war meine Zuflucht. Stratton wusste, was es mir bedeutete. Er wollte es mir wegnehmen, so wie er mir alles andere weggenommen hatte, doch es war auf meinen Namen eingetragen. Auch wenn er noch so tobte, ich gab es nicht her. Da er das Häuschen mied und ich andererseits nicht darauf verzichten mochte, trafen wir eine Art stiller Übereinkunft. Danach kam ich, zumindest den Sommer über, mit euch Kindern her, während er dann in der Stadt seine Ruhe hatte. Das war immerhin ein gesellschaftlich akzeptabler Kompromiss.“
    „Ich staune, dass er sich darauf eingelassen hat. Er musste

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